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Personengesellschaft: Anfechtung Gesellschafterbeschluss – Schiedsfähigkeit?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ZPO idF vor BGBl I 2006/7: §§ 577 ff

ZPO: §§ 577

Vom OGH wurde noch nicht geklärt, ob durch gesellschaftsvertragliche Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems die Passivlegitimation einer Personengesellschaft (hier: KG) für Beschlussmängel zugewiesen werden kann. Dies wird in der Lit zum Teil in Anlehnung an die Rsp des BGH bejaht, zum Teil mit beachtlichen Argumenten in Zweifel gezogen oder abgelehnt. Diese Frage ist in diesem Verfahren über die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruchs nicht abschließend zu klären. Die Möglichkeit, einen Beschlussmängelstreit im Recht der Personengesellschaft dem schiedsgerichtlichen Verfahren zu unterwerfen, setzt nämlich jedenfalls voraus, dass der Schiedsspruch dann auch gegenüber allen betroffenen Gesellschaftern wirksam sein kann. Das ist jedenfalls nur dann der Fall, wenn die Gesellschafter der Schiedsvereinbarung zugestimmt haben und ihnen bereits darin entsprechende Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte eingeräumt werden; dazu zählt im Besonderen die Einbindung in die Konstituierung des Schiedsgerichts. Ist – wie im vorliegenden Fall – die Schiedsvereinbarung nicht entsprechend diesen Mindestanforderungen ausgestaltet, ist die objektive Schiedsfähigkeit des Anspruchs nicht gegeben.

OGH 3. 4. 2024, 18 OCg 3/22y

Hinweis:

Die mit dem SchiedsRÄG 2006 novellierten Bestimmungen der ZPO traten am 1. 7. 2006 in Kraft und sind auf Schiedsverfahren anzuwenden, die ab diesem Tag eingeleitet wurden (Art VII Abs 1 und 2 SchiedsRÄG 2006). Die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung, die – wie hiervor diesem Stichtag geschlossen wurde, richtet sich nach den bisherigen Bestimmungen (Art VII Abs 3 SchiedsRÄG 2006). Die bisher geltenden Formvorschriften sind daher weiterhin auf alle vor dem In-Kraft-Treten abgeschlossenen Schiedsvereinbarungen anzuwenden. Gleiches gilt auch für die Fragen der objektiven Schiedsfähigkeit (ErläutRV 1158 BlgNR 22. GP 31; 7 Ob 103/10p, RdW 2011/89).

Die Bekl bestritten die Anwendbarkeit des § 577 Abs 1 ZPO aF, weil sich nachfolgende Anteilserwerber der im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Schiedsklausel unterworfen hätten, die an sich vor In-Kraft-Treten des SchiedsRÄG 2006 abgeschlossene Schiedsvereinbarung also erneuert worden sei. Dieser Frage kommt freilich keine Bedeutung zu, wenn die Frage, ob die vorliegende Rechtsstreitigkeit einer Schiedsvereinbarung unterworfen werden kann, vor und nach dem SchiedsRÄG 2006 ohnehin gleich zu beurteilen ist.

Entscheidung

Die mangelnde Schiedsfähigkeit ist in einem Aufhebungsverfahren von Amts wegen wahrzunehmen (§ 611 Abs 3 ZPO), der dennoch ergangene Schiedsspruch ist gem § 611 Abs 2 Z 7 ZPO aufzuheben.

Die von der Aufhebungsklägerin aufgeworfenen Fragen zur Vergleichsfähigkeit iSd § 577 ZPO aF mussten damit nicht geklärt werden.

Gleiches gilt für die Frage, ob – losgelöst von der Frage der Schiedsfähigkeit und ausgehend davon, dass den Gesellschaftern im Schiedsverfahren jedenfalls schon durch die Gestaltung der Schiedsvereinbarung entsprechende Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte zu gewähren sind – dem Grunde nach (auch) andere Aufhebungstatbestände verwirklicht wären (etwa die fehlende Schiedsvereinbarung iSd § 611 Abs 2 Z 1 ZPO oder eine Kompetenzüberschreitung des Schiedsgerichts nach § 611 Abs 2 Z 3 ZPO) und, wenn ja, ob diese im vorliegenden Fall präkludiert wären. Auch diese Fragen sind für die Entscheidung nicht (mehr) relevant und daher nicht zu klären.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35451 vom 23.05.2024