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KStG 1988: § 1 Abs 2 Z 2 und § 2 Abs 1
Abstract
Eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist gem § 1 Abs 3 Z 2 KStG nur beschränkt steuerpflichtig. Ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) einer Körperschaft öffentlichen Rechts gem § 2 Abs 1 KStG ist hingegen nach § 1 Abs 2 Z 2 KStG unbeschränkt steuerpflichtig. Im vorliegenden Fall errichtete eine Marktgemeinde 13 Photovoltaikanlagen, um ihren Kanalbetrieb als Hoheitsbetrieb mit Strom zu versorgen. Mangels verfügbarer Elektrizitätsleitungen zur Versorgung des Kanalbetriebs durch den selbst erzeugten Strom, speiste sie den gesamten erzeugten Strom in das örtliche Netz ein und bezog sodann den Strom für den Kanalbetrieb aus diesem Netz. Fraglich war, ob dieser Betrieb der Photovoltaikanlagen als BgA einzuordnen ist.
BFG 2. 9. 2024, RV/5100822/2023
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf), eine Marktgemeinde, hat im Jahr 2012 Photovoltaikanlagen auf 13 unterschiedlichen öffentlichen Standorten errichtet und betreibt sie seitdem. Der gesamte erzeugte Strom wurde in das Ortsnetz eingespeist und an den Energieversorger verkauft. Den notwendigen Strom, den die Marktgemeinde benötigte, bezog sie vom Energieversorger. Den größten Stromanteil benötigte sie für ihren Kanalbetrieb. Der Grund für die Volleinspeisung lag nach Angaben der Bf darin, dass sie den selbst erzeugten Strom mangels verfügbarer Elektrizitätsleitungen nicht für den von ihr betriebenen Kanalbetrieb nutzen konnte. Nach Ansicht der Bf handle es sich bei dem Betrieb der Photovoltaikanlagen nicht um einen BgA, weil die Einnahmen dem Kanalbetrieb als Hoheitsbetrieb der Gemeinde zuzuordnen seien. Das Finanzamt hat hingegen für die Jahre 2018–2022 KöSt iHv 46.365 € festgesetzt, weil es sich bei den Photovoltaikanlagen um einen BgA handle.
Entscheidung des BFG
Im Rahmen der Beweiswürdigung hält das BFG zunächst fest, dass im Wege der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nach § 21 BAO keine Zuordnung der Einnahmenüberschüsse zum Kanalbetrieb als Hoheitsbetrieb vorgenommen werden kann. Es sind nach Ansicht des BFG die objektiv vorliegenden Umstände zu ermitteln und nicht die Motivation der Partei, die Photovoltaikanlagen allein aus Gründen der Stromversorgung des Kanalbetriebs in Betrieb genommen zu haben.
Daran anschließend führt das BFG die Voraussetzungen für das Vorliegen eines BgA gem § 2 Abs 1 KStG an: Die Einrichtung muss wirtschaftlich selbstständig sein, ausschließlich oder überwiegend einer nachhaltigen privatwirtschaftlichen Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht nachgehen, der Einnahmenerzielung oder der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dienen und nicht der Land- und Forstwirtschaft angehören. Unter diesen Begriff nach § 2 Abs 1 KStG fallen die von der Bf betriebenen Photovoltaikanlagen, so das BFG. Der Betrieb der Photovoltaikanlagen ist eine wirtschaftlich selbstständige Tätigkeit, weil er losgelöst von dem Kanalbetrieb ist und sämtlicher Strom in das Ortsnetz eingespeist wird. Auch die Nachhaltigkeit ist gegeben, weil seit 2012 der Strom der Photovoltaikanlagen in das örtliche Netz eingespeist wird. Durch die entgeltliche Weitergabe des Stroms an den Energieversorger ist auch von der Einnahmenerzielungsabsicht auszugehen. Dem vorgebrachten Argument der Bf, es handle sich um einen Selbstversorgungsbetrieb iSd § 2 Abs 3 KStG, folgt das BFG nicht, weil eine Volleinspeisung erfolgt. Somit dienen die Photovoltaikanlagen nicht der Selbstversorgung. Die Photovoltaikanlagen sind auch von wirtschaftlichem Gewicht, weil die jährlichen Einnahmen den Grenzwert von 2.900 € weit übersteigen. Auch die Ausnahme der Land- und Forstwirtschaft ist nicht einschlägig. Somit handelt es sich bei den Photovoltaikanlagen um einen BgA, der der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegt.
Zudem ist nach Ansicht des BFG ein gewinnmindernder Ansatz der Stromkosten für den Kanalbetrieb nicht bei den Einnahmen durch die Photovoltaikanlagen als BgA zu berücksichtigen: Die Einspeisung einerseits und die Kosten für den Bezug des Stroms für den Kanalbetrieb andererseits sind unabhängig voneinander zu betrachten (mVa EuGH 20. 6. 2013, C-219/12, Thomas Fuchs, Rn 31 f und VwGH 25. 7. 2013, 2013/15/0201, wobei diese Entscheidungen zum Vorsteuerabzug in der Umsatzsteuer iZm Photovoltaikanlagen ergangen sind). Mangels einschlägiger Rsp des VwGH zur Eigenschaft von Photovoltaikanlagen als BgA ließ das BFG die ordentliche Revision zu.
Conclusio
Nach Ansicht des BFG handelte es sich bei den vorliegenden 13 Photovoltaikanlagen um einen einheitlichen BgA, wofür eine einheitliche Gewinnermittlung vorzunehmen war. Nach der Rsp des VwGH ist eine solche Zusammenfassung mehrerer Einrichtungen zu einem einheitlichen Betrieb nur dann möglich, „wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse objektiv zwischen den verschiedenen Betätigungen eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung besteht“ (VwGH 28. 10. 1997, 93/14/0224). Die Photovoltaikanlagen waren von der Bf an 13 verschiedenen Standorten errichtet worden. Maßgeblich für diese Beurteilung ist, ob nach der Verkehrsauffassung ein einheitlicher Betrieb vorliegt (Sutter in Kofler/Lang/Rust/Schuch/Spies/Staringer, KStG3 [2022] § 2 Rz 29). Dazu bedarf es etwa eines engen wirtschaftlichen, technischen oder organisatorischen Zusammenhangs (VwGH 28. 10. 1997, 93/14/0224). Für das BFG lag eine nach dem Gesamtbild der Verhältnisse vorliegende Verflechtung offenbar vor, führte jedoch nicht näher aus, worin diese besteht. Sollte der erzeugte Strom der 13 Photovoltaikanlagen jedoch nicht etwa durch eine einheitliche organisatorische Abwicklung – etwa durch eine zentrale Verwaltungsstelle in der Marktgemeinde – erfolgen, könnte fraglich sein, ob es sich dabei tatsächlich um einen einheitlichen BgA handelt oder ob nicht mehrere BgA vorliegen (zur etwas anderen deutschen Rechtslage und Einordnung von mehreren Photovoltaikanlagen als einheitlichen BgA siehe FG Münster 21. 4. 2021, 13 K 3663/18).