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Portfolio-Beteiligungen: Keine Anrechnung von ausländischen Quellensteuern bei steuerfreien Beteiligungserträgen

Bearbeiter: Franz Wallig

KStG 1988: §§ 10 Abs 1, 13 Abs 2

OECD-MA: Art 23B

Abstract

Das BFG hatte im vorliegenden Fall zu prüfen, ob die Anrechnung von ausländischen Quellensteuern auf die Körperschaftsteuer einer Privatstiftung möglich ist. Die Quellensteuern wurden im Einklang mit den anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf im Inland steuerbefreite Beteiligungserträge erhoben. Da im Inland keine Körperschaftsteuer anfiel, war aus Sicht des BFG auch der Anrechnungshöchstbetrag mit € 0 anzusetzen. Dementsprechend ist eine Anrechnung der ausländischen Quellensteuern auf die Körperschaftsteuer der Privatstiftung nicht möglich.

BFG 15. 2. 2024, RV/7102886/2022

Sachverhalt

Die Bf, eine österreichische Privatstiftung, erzielte ua ausländische Beteiligungserträge, auf die in mehreren Fällen ausländische Quellensteuern einbehalten wurden. Die Bf beantragte die Anrechnung der im Ausland rechtmäßig nach den jeweils geltenden DBA eingehobenen Quellensteuern auf die Körperschaftsteuer. Da die ausländischen Beteiligungserträge jedoch gem § 13 Abs 2 iVm § 10 Abs 1 KStG steuerbefreit waren, lag der Anrechnungshöchstbetrag in Österreich bei € 0. Dementsprechend wurden die ausländischen Quellensteuern nicht auf die Körperschaftsteuer angerechnet. Die Bf erhob Beschwerde gegen den Bescheid des FA und beantragte die Anrechnung der ausländischen Quellensteuern auf die Körperschaftsteuer der Bf, in eventu die Anrechnung der ausländischen Quellensteuern auf die Kapitalertragsteuer, die im Zeitpunkt der Zuwendungen an die Begünstigten anfällt.

Entscheidung des BFG

Die Bf erzielte unstrittig Einkünfte gem § 10 Abs 1 KStG, die gem § 13 Abs 2 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind. Eine Befreiung vom Quellensteuerabzug nach der Mutter-Tochter-Richtlinie kam nicht zur Anwendung, weil Privatstiftungen gem Art 2 lit a iVm Anhang I Teil A lit t Mutter-Tochter-Richtlinie als eigentümerloses Gebilde bereits grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen und auch das notwendige Beteiligungsausmaß von 10 % nicht erreicht wurde. Im Anschluss prüfte das BFG die entsprechenden DBA, die großteils dem Quellensteuerstaat das Besteuerungsrecht einräumen und zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnungsmethode vorsehen. Daher wäre eine Anrechnung grundsätzlich bis zum Anrechnungshöchstbetrag möglich. In Österreich sind die Beteiligungserträge jedoch gem § 10 Abs 1 KStG steuerbefreit, wodurch sich ein Anrechnungshöchstbetrag von € 0 ergibt. Eine Anrechnung auf die Körperschaftsteuer der Privatstiftung ist daher aufgrund des Anrechnungshöchstbetrages von € 0 nicht möglich.

Unter Verweis auf VwGH 27. 6. 2023, Ra 2020/13/0043 sprach das BFG aus, dass eine ausländische Quellensteuer grundsätzlich auf die Zwischensteuer einer Privatstiftung (§ 13 Abs 3 KStG) angerechnet werden kann. Diesfalls liegt eine tatsächlichen Körperschaftbesteuerung auf Ebene der Privatstiftung vor und die Anrechnung erweist sich als systemgerecht. Entfällt die Zwischenbesteuerung aber etwa, weil getätigte Zuwendungen von der Zwischensteuer abgezogen werden können, ist die Anrechnung von ausländischen Quellensteuern aus Sicht des VwGH nicht möglich. Dasselbe muss daher umso mehr für grundsätzlich steuerbefreite Einkünfte einer Privatstiftung gelten.

Abschließend wies das BFG darauf hin, dass auch das Unionsrecht einer fehlenden Anrechnungsmöglichkeit nicht entgegensteht. In der Rs Amurta (EuGH 8. 11. 2007, C-379/05) erkannte der EuGH zwar, dass eine ungünstigere Behandlung von Dividenden, die an eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Empfängergesellschaft bezahlt werden, gegenüber reinen Inlandsdividenden einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit bedeuten kann. In diesen Fällen ist aber der Quellenstaat (und nicht der Ansässigkeitsstaat) dazu angehalten, die Doppelbesteuerung zu vermeiden. Darüber hinaus erkannte der EuGH in der Rs Société Générale (EuGH 25. 2. 2021, C-403/19), dass bei einer höheren Besteuerung von ausländischen Einkünften gegenüber inländischen Einkünften kein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit vorliegt (siehe dazu auch Bendlinger, Die Anrechnungsmethode im Lichte der Kapitalverkehrsfreiheit, SWK 2021, 708). Aus dem Unionsrecht kann daher nach Ansicht des BFG keine Pflicht des Ansässigkeitsstaats des Dividendenempfängers abgeleitet werden, ausländische Quellensteuern anzurechnen, wenn kein inländisches Steuersubstrat gegeben ist.

Mit der Frage, ob eine Anrechnung auf die im Rahmen der vorgenommenen Zuwendungen an die Begünstigten anfallende Kapitalertragsteuer möglich ist, beschäftigte sich das BFG nicht. Diese Frage könne lediglich im Einkommensteuerverfahren der betroffenen Begünstigten und nicht im Körperschaftsteuerverfahren der Bf geklärt werden. Darüber hinaus ist eine entsprechende Anrechnung gesetzlich nicht vorgesehen und daher wohl auch nicht zu gewähren.

Conclusio

Die Entscheidung des BFG ist im Einklang mit der hA zum Anrechnungshöchstbetrag bei Vermeidung der Doppelbesteuerung durch die Anrechnungsmethode. Sind die Einkünfte im Ansässigkeitsstaat von der Steuer befreit, besteht keine Möglichkeit, darauf entfallende ausländische Steuern anzurechnen (siehe bspw Englmair in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA2 [2019] Art 23B Rz 41 mwN). Auch eine Anrechnung auf die Zuwendungen an Begünstigte der Privatstiftung ist im Abkommensrecht nicht vorgesehen. Bereits in Rz 1 f des OECD-Musterkommentars zu Art 23A und 23B OECD-MA wird darauf hingewiesen, dass die Methodenartikel lediglich juristische Doppelbesteuerung, also die Besteuerung desselben Einkommens bei derselben Person durch mehr als einen Staat, vermeiden sollen. Hingegen wird die wirtschaftliche Doppelbesteuerung, also die Besteuerung desselben Einkommens bei verschiedenen Personen, nicht durch die Methodenartikel gelöst. Da die Quellensteuern auf Einkommen der Privatstiftung erhoben werden, die Zuwendungsbesteuerung aber das Einkommen der Begünstigten einer Privatstiftung betrifft, liegt hier ein Fall der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung vor, der durch die Anrechnungsmethode grundsätzlich nicht gelöst wird. Diese Auslegung wird auch vom BMF in der EAS 3350 vom 29. 9. 2014 vertreten. Will Österreich eine Anrechnung von Quellensteuern einer Privatstiftung auf die Zuwendungen an Begünstigte gewähren, müsste eine solche Möglichkeit daher gesetzlich verankert werden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35312 vom 15.04.2024