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Privatstiftung: „Besetzung“ des Beirats

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

PSG: § 9, § 10, § 14, § 23, § 25

Der Vorstand einer Privatstiftung darf nicht „zu einem bloßen Vollzugsorgan“ degradiert werden. Eine solche Degradierung ist stets unzulässig, auch wenn sie durch Nicht-Begünstigte erfolgt. Dagegen darf der Beirat (grundsätzlich) aufsichtsratsähnlich eingerichtet werde. Maßnahmen, die im Wesentlichen denen nach § 95 Abs 5 Z 1, 2, 4 bis 6 AktG entsprechen (vgl § 25 Abs 1 PSG), dürfen also an seine Zustimmung geknüpft werden, wobei dann nach gefestigter Rsp die Unvereinbarkeitsbestimmung des § 23 Abs 2 Satz 2 PSG analog anzuwenden ist. Anhörungsrechte sind im Allgemeinen nicht zu beanstanden und zulässig. In der Einräumung eines Anhörungsrechts eines anderen Organs oder einer anderen Stelle liegt nämlich regelmäßig keine unzulässige Übertragung der Kompetenz an dieses Organ.

Die (nach § 14 Abs 2 PSG zulässige) Einrichtung eines weiteren Organs – wie hier des Beirats – erfordert ua die grobe Umschreibung der Kompetenzen dieses Organs in der Stiftungsurkunde (vgl § 9 Abs 2 Z 4 PSG iVm § 10 Abs 2 PSG). Im vorliegenden Fall werden zwar in der Stiftungsurkunde 13 Zustimmungsvorbehalte aufgezählt, durch eine weitere Klausel („Wandlungsklausel“) bleibt aber letztlich unsicher und offen, ob dem Beirat in concreto Zustimmungs- oder bloße Anhörungsrechte zukommen; die „Wandlungsklausel“ lautet nämlich: „Wenn und solange das Zustimmungsrecht des Beirats im Hinblick auf dessen Besetzung gegen zwingende Bestimmungen des Privatstiftungsgesetzes und/oder deren Auslegung durch den OGH verstoßen sollte, ändert sich das Zustimmungsrecht des Beirates in ein Anhörungs- und Empfehlungsrecht“. Damit macht die Stiftungserklärung ihren Geltungsumfang teilweise „im Hinblick“ auf die (nicht näher beschriebene) „Besetzung“ des Beirats von der Rechtsauslegung der Anwender zur Frage des Bestehens von Verstößen gegen (ungenannt bleibende) zwingende Bestimmungen „und/oder deren Auslegung durch den OGH“ abhängig und umschreibt die Kompetenzen des zusätzlich eingerichteten Organs nicht klar; der Beirat ist daher nicht wirksam als Organ iSv § 9 Abs 2 Z 4 PSG „eingerichtet“. Da die zur Eintragung angemeldete Stiftungsurkunde den Beirat als Organ bezeichnet, obwohl er dies nicht (wirksam) ist, ist sie in sich widersprüchlich und nicht einzutragen. Andernfalls würde die (amtswegige) Prüfung der Zulässigkeit von Bestimmungen der Stiftungserklärung ist wesentliche Kernaufgabe des Firmenbuchgerichts und würde durch die vage, in ihrer Bedeutung „offene“ Formulierung der „Wandlungsklausel“ dem Firmenbuchgericht entzogen und in unzulässiger Weise auf den Rechtsanwender (va den Vorstand) verlagert.

OGH 18. 11. 2022, 6 Ob 174/22i

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 33655 vom 10.02.2023