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Privatstiftung: Tod des Begünstigten - Parteistellung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

AußStrG § 2

PSG: § 5, § 27, § 40

Antragslegitimation zur Abberufung von Organmitgliedern kommt (ua) den aktuell Begünstigten zu. Die Begünstigtenstellung ist grundsätzlich höchstpersönlich. Die Stellung als Begünstigter ist daher nicht vererblich und endet mit Ableben des Begünstigten. Stirbt der Begünstigte während des Verfahren endet somit die Parteistellung und entfällt auch die Rekurslegitimation. Die Verlassenschaft nach dem Begünstigten ist nicht antrags- und auch nicht rechtsmittellegitimiert; sie könnte nur ein amtswegiges Einschreiten des Gerichts anregen, wodurch sie aber ebenfalls nicht Rechtsmittellegitimation erlangen würde. Dass hier die Begünstigte während des Rekursverfahrens starb und Parteistellung und Rekurslegitimation erst während des Rekursverfahrens wegfielen, ändert daran nichts; die Rechtsmittellegitimation muss im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen .

Auf den verstorbenen Begünstigten ist die Rsp des OGH nicht übertragbar, mit der ehemaligen aktuellen Begünstigten Antrags- und Rekurslegitimation nach § 27 PSG eingeräumt wird, soweit Abberufungsgründe angeführt werden, die sich auf die Verletzung von Pflichten gegenüber dem Begünstigten beziehen. Bei Anwendung dieser Rsp käme es sonst zu einer - unzulässigen - Vererbung der Begünstigtenstellung.

OGH 27. 9. 2016, 6 Ob 145/16s

Ausgangslage

W***** war Begünstigte und Ehefrau des (verstorbenen) Stifters.

Nachdem das ErstG ihrem Antrag auf Abberufung der Antragsgegner als Mitglieder des Stiftungsvorstands abgewiesen hatte, erhob sie dagegen am 10. 12. 2015 Rekurs und das RekursG berief die Antragsgegner am 25. 5. 2016 mit sofortiger Wirkung ab. Bereits am 2. 3. 2016 war die Begünstigte allerdings verstorben, wovon das RekursG offensichtlich keine Kenntnis hatte.

Entscheidung

Amtswegige Abberufung

Auch wenn das RekursG im vorliegenden Fall daher zwar eine unzulässige Sachentscheidung getroffen hat (vgl RIS-Justiz RS0043969 [T6]), ist nach Ansicht des OGH in der vorliegenden Verfahrenskonstellation zu beachten, dass das Gericht ein Mitglied des Stiftungsvorstands nach § 27 Abs 2 PSG von Amts wegen abzuberufen hat, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Auch wenn sich diese Anordnung grundsätzlich an das erstinstanzliche Gericht wendet, ist der Grundsatz der Amtswegigkeit zur Vermeidung eines Kontrolldefizits auch im Rekursverfahren jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Antrag einer antragslegitimierten Partei in erster Instanz abgewiesen wurde und diese Partei dagegen ein Rechtsmittel erhoben hat.

Für diese Auffassung sprechen im Übrigen - so der OGH - auch verfahrensökonomische Gründe, hätte doch für den Fall der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung das ErstG aufgrund der vom RekursG vertretenen Ansicht nach pflichtgemäßem Ermessen unverzüglich und von Amts wegen eine Abberufung der Antragsgegner als Mitglieder des Stiftungsvorstands vorzunehmen; dagegen könnten diese wieder Rechtsmittel erheben.

Wichtige Gründe für die Abberufung

In weitere Folge befasste sich der OGH mit den Voraussetzungen für eine Abberufung der Antragsgegner:

Nach den Erwägungen des RekursG in tatsächlicher Hinsicht haben die Antragsgegner als Mitglieder des Stiftungsvorstands beträchtliche Vermögenswerte aus der Stiftung in die Gesellschaft ausgegliedert, die deren Verwertung besorgt.

Die Gesellschaft erzielt zwar namhafte Einnahmen, diese werden jedoch fast zur Gänze durch hohe und nicht näher nachvollziehbare Personalkosten aufgezehrt und kommen damit weder der Stiftung noch deren Begünstigten zugute. Die Einnahmen der Stiftung werden vielmehr der Erstantragsgegnerin ausbezahlt, die somit ein bedeutendes eigenwirtschaftliches Interesse hat. Das spricht nach Auffassung des erk Senats offenkundig gegen eine Vereinbarkeit mit der Stellung als Vorstandsmitglied.

Dass Zweit- und Drittantragsgegner dies offenbar dulden, ja sogar für angemessen halten und auch daran mitgewirkt haben, ist ihnen nach Ansicht des OGH als Pflichtverletzung anzulasten, die ebenfalls eine Abberufung rechtfertigt. Jedes Vorstandsmitglied haftet nämlich dafür, dass der Stiftungsvorstand für die Erfüllung des Stiftungszwecks sorgt und die Bestimmungen der Stiftungserklärung einhält. Organinterne Kontrolle bedeutet eine wechselseitige Überwachungspflicht (RIS-Justiz RS0115133, RS0115137).

Angesichts dieser Umstände und unter Berücksichtigung der Rsp, wonach es lediglich darauf ankommt, ob hinreichende Gründe vorliegen, die Eignung der Vorstände zur ordnungsgemäßen Besorgung der Angelegenheiten der Privatstiftung in Zweifel zu ziehen (§ 27 Abs 2 Z 2 PSG; RIS-Justiz RS0059403), hat das RekursG nach Ansicht des OGH zutreffend die Abberufung der Antragsgegner als Vorstandsmitglieder der Stiftung ausgesprochen

Die Frage einer analogen Anwendung des § 17 Abs 5 PSG musste hier zwar nicht abschließend beantwortet werden. Der OGH verweist aber darauf, dass Zweifel an der Eignung auch bei Interessenkonflikten gegeben sein können, die noch nicht den Grad der Unvereinbarkeit des § 15 PSG erreichen (RIS-Justiz RS0114598; 6 Ob 145/09f, RdW 2009/807); dazu könne im Einzelfall auch ein eigenwirtschaftliches Interesse der Vorstände an einer Tochtergesellschaft führen (vgl Arnold, PSG3 § 27 Rz 24a; Müller/Sauerer in Jahrbuch Stiftungsrecht 2009, 197 f). Die potentielle Gefahr (massiver) Interessenkollisionen als Abberufungsgrund gestünden auch jene Autoren zu, die sich gegen eine analoge Anwendung des § 17 Abs 5 PSG aussprechen. Dass dem Vorstand ein gewisses Ermessen iSd Business Judgement Rule zukommt (6 Ob 160/15w, RdW 2016/368), ändere daran nichts.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 22988 vom 23.01.2017