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RA: Serienschaden – Vermögensschadenhaftpflichtversicherung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 914 f

AVBV idF 1992: Art 3.1.c

Nach Art 3.1.c AVBV idF 1992 des Versicherungsvertrags zwischen der kl RA-Gesellschaft und ihrem Versicherer stellt die Versicherungssumme den Höchstbetrag der Versicherungsleistung „in jedem einzelnen Schadenfall“ dar, “und zwar mit der Maßgabe“, dass „bezüglich sämtlicher Folgen eines Verstoßes“ nur eine einmalige Leistung der Versicherungssumme in Frage kommt. „Dabei gilt mehrfaches auf gleichen oder gleichartigen Fehlerquellen beruhendes Tun oder Unterlassen als einheitlicher Verstoß, wenn die betreffenden Angelegenheiten miteinander im rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.“

Den Begriff „betreffende Angelegenheiten“ bezieht der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer aus dem angesprochenen Adressatenkreis – hier Rechtsanwälte – nicht abstrakt generell auf sein berufliches Tätigkeitsfeld, sondern auf die jeweiligen Mandatsverhältnisse.

Das weiters kumulativ geforderte Vorliegen eines rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs lässt sich nur kasuistisch erfassen und entzieht sich somit einer generalisierenden Betrachtung durch den OGH. Im vorliegenden Fall vertrat die Kl iZm einer Insolvenz – aufgrund selbstständig erteilter Mandate – eine Vielzahl von Geschädigten bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Bei der Anmeldung der Forderungen unterließ die Kl die Anführung von Zweit- und Drittanlegern laut Zertifikat, die somit keine Auszahlungen erhielten und Schadenersatzansprüche gegen die Kl erhoben.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass aufgrund der vorliegenden selbstständigen Mandatsverhältnisse – trotz gleichartiger Interessen der einzelnen Mandanten und der gleichen Vorgangsweise der Kl in mehreren Fällen – kein rechtlicher Zusammenhang gegeben ist, wird von der Kl selbst als richtig bezeichnet.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist hier gleichfalls zu verneinen: Mag der Versicherungsnehmer einer Rechtsanwalts-Vermögensschadenhaftpflichtversicherung auch bei einer Beauftragung mit einer Vielzahl gleichartiger Mandate nicht jeden einzelnen Fall mit gleichem juristischen und kanzleiinternen Aufwand aufarbeiten müssen, so schuldet er aufgrund der selbstständigen Mandatsverhältnisse jedem einzelnen Mandanten die pflichtgemäße Erfüllung des Bevollmächtigungsvertrags, sodass er auch dem jeweiligen Mandanten aus dem pflichtwidrig erledigten Mandat haftbar wird. Es fehlt an einem wirtschaftlichen Zusammenhang der selbstständig erteilten Mandate, wenn dem Versicherungsnehmer aus der – wenngleich von der gleichen Fehlerquelle beeinflussten – Erledigung der jeweiligen Bevollmächtigungsverträge ein Haftungsvorwurf gemacht wird, der zur Schädigung von selbstständigen Vermögensmassen der unterschiedlichen Rechtsinhaber führt. Bei Vorliegen mehrerer voneinander unabhängiger Mandatsverhältnissen und Schädigung unterschiedlicher Vermögensmassen reicht das standardisierte Vorgehen des versicherten Rechtsanwalts namens der einzelnen Mandanten für einen wirtschaftlichen Konnex ebensowenig aus, wie das Zusammenfassen deren Erklärungen in einem Schriftsatz.

OGH 24. 2. 2021, 7 Ob 17/21g

Sachverhalt

Beim vorliegenden Vermögenschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag war die Versicherungssumme von 1,5 Mio EUR so aufgeteilt, dass als Basisversicherungssumme zur Abdeckung des Selbstbehalts des Versicherungsvertrags der Rechtsanwaltskammer 72.673 EUR zur Verfügung standen, die restliche Versicherungssumme stand als Exzedentenversicherung frühestens nach 508.710 EUR zur Verfügung.

Die Kl vertritt die Ansicht, dass aufgrund der Serienschadenklausel in Art 3.1.c AVBV von einem einheitlichen Versicherungsfall auszugehen sei. Das schadenauslösende Ereignis sei das unvollständige Schreiben gewesen, mit dem die Ansprüche aller von der Kl vertretenen Anleger in einem geltend gemacht wurden. Auch der wirtschaftliche Zusammenhang sei gegeben.

Die Vorinstanzen wiesen die Kl ab.

Der OGH ließ die Revision zur Klarstellung der Rechtslage zu; sie war im Ergebnis aber nicht berechtigt. Die pro Versicherungsfall vereinbarte Versicherungssumme ist nicht erreicht und damit kommt die Exzedentenhaftpflichtversicherung der Bekl noch nicht zum Tragen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30709 vom 07.04.2021