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Abstract
Im vorliegenden Fall hatte sich das BFG mit Rückforderungsbescheiden gem § 241a BAO auseinanderzusetzen. Dazu hielt es fest, dass Rückforderungsbescheide rechtswidrig sind, wenn über die Rückerstattungsanträge zuvor nicht mittels Bescheids abgesprochen, sondern die KESt ohne Bescheide rückerstattet wurde. Diese Rechtswidrigkeit heilt nach Ansicht des BFG auch dann nicht, wenn nach der Erlassung der Rückforderungsbescheide die ursprünglichen Rückerstattungsanträge mittels Bescheids abgewiesen werden.
BFG 22. 2. 2024, RV/7101252/2022
Sachverhalt
Die in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Bf beantragte 2012 die Rückerstattung von KESt betreffend Dividenden österreichischer Aktiengesellschaften iHv € 480.000 sowie € 760.000 gemäß dem DBA-VAE. Das FA genehmigte die Rückerstattung und tätigte die Auszahlung der beantragten Beträge durch Banküberweisung. Entsprechend einer langjährigen Verwaltungsübung erließ das FA jedoch keine Bescheide. Zum Zeitpunkt des Rechtsmittels an das BFG waren die beiden Anträge nach wie vor noch nicht mittels Bescheide erledigt.
Auf Grundlage des § 241a BAO erließ das FA am 28. 11. 2019 zwei „Bescheide über die Rückforderung zu Unrecht erfolgter Erstattungen“. Darin führte es aus, dass die KESt-Rückerstattung im Jahr 2012 zu Unrecht erfolgte, weil die Bf nach der im Erk des VwGH vom 28. 6. 2022, Ro 2022/13/0002 geäußerten Ansicht nicht wirtschaftliche Eigentümerin der entsprechenden Anteile der ausschüttenden Gesellschaft war. Die Anteile wurden jeweils erst nach dem HV-Tag erworben. Gegen die beiden Bescheide erhob die Bf am 31. 7. 2020 Beschwerde. Gegen die abweisende Beschwerdevorentscheidung brachte die Bf am 30. 12. 2020 einen Vorlageantrag ein.
Während des laufenden Verfahrens vor dem BFG erließ das FA am 6. 2. 2024 Bescheide, mit denen die Anträge auf KESt-Rückerstattung gemäß DBA-VAE iVm § 240 Abs 3 BAO abgewiesen und die zu erstattende Kapitalertragsteuer iHv € 0 festgesetzt wurde.
Entscheidung des BFG
Eingangs hält das BFG fest, dass es in einem ähnlich gelagerten Fall aus dem Jahr 2012 entschieden hat, dass Rückforderungsbescheide gem § 241a BAO ersatzlos aufzuheben sind, wenn über den Rückerstattungsantrag davor ohne Bescheid entschieden wurde. Der VwGH hat diese Ansicht in seinem Erkenntnis vom 20. 9. 2023, Ro 2023/13/0012 bestätigt. Dazu führt er aus, dass über die Rückerstattung der einbehaltenen KESt unbestritten mittels Bescheids zu entscheiden ist. Liegt ein derartiger Bescheid vor, kann eine Rückforderung gem § 241a BAO nicht mehr erfolgen, weil die Rückerstattung nicht ohne Rechtsgrund erfolgte. Erst wenn die Rückerstattungsanträge zurückgenommen oder mit Bescheid abgewiesen worden sind, steht rechtswirksam fest, dass die von der Abgabenbehörde iZm diesem Antragsverfahren getätigten Auszahlungen ohne einen Rechtsgrund erfolgt sind (Gleiss/Hubmann, Erste Entscheidung des VwGH zur Rückforderung von KESt-Erstattungen gemäß § 241a BAO, AVR 2023, 239, Pkt. 3.2.2. und Pkt. 3.2.3).
Fraglich ist im vorliegenden Fall somit im nächsten Schritt, ob die Rechtswidrigkeit der Rückforderungsbescheide gem § 241a BAO durch eine nachträgliche Erlassung der Abweisungsbescheide betreffend die KESt-Rückerstattungsanträge geheilt werden kann. Das FA hat die nachträgliche Bescheiderlassung dem BFG als ein für das Beschwerdeverfahren bedeutsames Ereignis gem § 265 Abs 6 iVm § 270 BAO mitgeteilt. Das FA führt jedoch nicht aus, wie die inhaltliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide geheilt worden sein könnte. Der Ansicht des FA, wonach eine nachträgliche Heilung eintritt, folgte das BFG jedoch nicht. Die Rechtskraft eines Bescheides erfasst nämlich nicht einen Sachverhalt, der sich nach der Erlassung des Bescheides ereignet hat (VwGH 26. 6. 1994, 92/05/0063). Die Rechtmäßigkeit eines Bescheids richtet sich nach der dem Bescheid zugrundeliegenden Sach- und Rechtslage (VwGH 18. 12. 1984, 83/05/0212). Eine nachträgliche Heilung der Rückforderungsbescheide ist im vorliegenden Fall nicht möglich, weil deren Rechtmäßigkeit aufgrund der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung verwirklichten Sach- und Rechtslage zu beurteilen ist und es sich bei der förmlichen Erledigung der KESt-Rückerstattungsanträge mittels Abweisungsbescheide vom Februar 2024 um ein nachträgliches Sachverhaltsereignis handelt. Im Ergebnis hob das BFG die KESt-Rückforderungsbescheide somit auf. Das BFG ließ die Revision nicht zu. Gegen das Erkenntnis wurde Amtsrevision erhoben.
Conclusio
Das BFG folgt mit seinen Ausführungen überzeugend der hg Rsp (VwGH 20. 9. 2023, Ro 2023/13/0012). Demnach kann ein Rückforderungsbescheid erst dann erlassen werden, wenn zuvor entweder ein offener Rückerstattungsantrag rechtskräftig abgewiesen wurde oder wenn ein solcher Antrag rechtswirksam zurückgenommen worden ist. Mit anderen Worten also dann, wenn das zugrundeliegende Erstattungsverfahren erledigt wurde (siehe zur Reihenfolge im Detail Gleiss/Hubmann, AVR 2023, 239 [240 ff]).
Auch die Ausführungen hinsichtlich der nicht möglichen Heilung der Rückforderungsbescheide überzeugen im Wesentlichen. Die Rechtmäßigkeit von Bescheiden richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Bescheiderlassung verwirklichten Sachverhalt. Da die Abweisungsbescheide erst nach den Rückforderungsbescheiden erlassen wurden, können sich diese nicht mehr auf die Rechtmäßigkeit der rechtswidrig erlassenen Rückforderungsbescheide auswirken. Festzuhalten ist jedoch, dass auch ein anderes Ergebnis vorstellbar ist. Geht man davon aus, dass es sich bei der im Erstattungsverfahren zu klärenden Frage der Berechtigung zur Rückerstattung um eine Vorfrage iSd § 116 BAO für das Rückforderungsverfahren handelt, würde dem FA die Möglichkeit zukommen, im Rückforderungsverfahren eine Vorfragenbeurteilen über den Ausgang des Ermittlungsverfahrens vorzunehmen (siehe dazu im Detail Gleiss/Hubmann, AVR 2023, 239 [240 f]). Diesfalls wären die Rückforderungsbescheide rechtmäßig ergangen.