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Sachversicherung: Einbruchsdiebstahl im versicherungsrechtlichen Sinn

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: §§ 914 f

In Art I.1.D.1.1 ASBB 2014 (Allgemeine Bedingungen der A* Business Absicherung für Sach- und Betriebsunterbrechungsrisken) wird die versicherte Gefahr als Schaden beschrieben, der durch einen vollbrachten oder versuchten Einbruchsdiebstahl entsteht. Da der Rechtsbegriff des Einbruchsdiebstahls in der Rechtssprache eine bestimmte, unstrittige Bedeutung hat, wäre er grds iSd §§ 127, 129 Abs 1 StGB auszulegen. Allerdings enthält Art I.1.D.1.2 ASBB 2014 eine eigenständige Definition des Begriffs „Einbruchdiebstahl“, die nicht mit jener in §§ 127, 129 Abs 1 StGB übereinstimmt, sodass hier nicht ohne Weiteres auf den strafrechtlichen Begriffsinhalt abgestellt werden kann.

Art I.1.D.1.2 ASBB 2014 beschreibt abweichend von § 129 Abs 1 StGB in sechs Ziffern, welche Begehungsformen als Einbruchsdiebstahl iSd Versicherungsbedingungen zu qualifizieren sind, ohne dass ein Zueignungs– und Bereicherungsvorsatz des Täters ausdrücklich als Voraussetzung angeführt wäre. Demgegenüber wird etwa in Art I.1.F.1.2 ASBB 2014 der Begriff der „böswilligen Beschädigung“ als jede vorsätzliche Beschädigung oder Zerstörung von versicherten Sachen durch eine oder mehrere Personen definiert. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ist daher aus dem Wortlaut der Bedingungen nicht ersichtlich, dass neben den in Art I.1.D.1.2 ASBB 2014 angeführten Begehungsformen ein Handeln des Täters mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz für die Qualifikation als Einbruchsdiebstahl iSd ASBB 2014 erforderlich wäre. Vielmehr geht der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne einen Anhaltspunkt im Wortlaut der Bedingungen davon aus, dass bei Vorliegen einer der in Art I.1.D.1.2 ASBB 2014 genannten Begehungsformen ein Einbruchsdiebstahl iSd Bedingungen vorliegt. Dies umso mehr, als es sich regelmäßig der Kenntnis des Versicherungsnehmers entzieht, ob der Täter mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatzs gehandelt hat.

Zusammengefasst ist daher das Vorliegen des von §§ 127, 129 Abs 1 StGB geforderten Zueignungs- und Bereicherungsvorsatzes nicht Voraussetzung für die Annahme eines Einbruchsdiebstahls iSv Art I.1.D.1.2 ASBB 2014.

OGH 17. 4. 2024, 7 Ob 215/23b

Entscheidung

Im vorliegenden Fall steht fest, dass aufgrund eines Streits zwischen dem Kl und seiner Vermieterin über die Befristung des Mietverhältnisses Gehilfen der Vermieterin das Schloss zum Atelier des Kl aufgebrochen und die dort befindlichen Fahrnisse entfernt hatten. Erst rund vier Monate später erfuhr der Kl zufällig von einem Dritten, dass seine Gegenstände in einem Container auf dem Fabriksgelände eingelagert waren, in dem sich auch sein Bestandobjekt befand. Er erlangte dann seine Fahrnisse mit einigen Ausnahmen wieder zurück.

Der Kl hat damit das Vorliegen des Versicherungsfalls nachgewiesen. Ob die Gehilfen der Vermieterin die Sachen des Kl mit dem Vorsatz mitgenommen haben, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, ist – wie dargelegt – unerheblich.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35474 vom 31.05.2024