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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
ARB: Art 19
Die positive Deckungsumschreibung im vorliegenden Art 19.2.1 ARB (Schadenersatz-Rechtsschutz; Allgemeine Rechtsschutzbedingungen 2010 idF 2012) umfasst den Versicherungsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen erlittener Personen-, Sach- oder Vermögensschäden. Ansprüche aus culpa in contrahendo sind von dieser positiven Deckungsumschreibung umfasst: Ansprüche aus culpa in contrahendo werden – selbst iSv 7 Ob 193/14d, Rechtsnews 18945 – nicht aus einem Vertrag abgeleitet; das vorvertragliche Schuldverhältnis, dessen Verletzung als culpa in contrahendo bezeichnet wird, entsteht aufgrund des Gesetzes, also ex lege (§ 859 ABGB) schon mit der Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts, es steht den rechtsgeschäftlich begründeten Rechtsverhältnissen nahe.
Dass Schadenersatzansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten grundsätzlich der primären Risikoumschreibung des Schadenersatz-Rechtsschutzes unterstellt werden, ergibt sich auch bereits aus Art 19.3.1.3 ARB; wird doch dort – zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutzbausteinen – der Versicherungsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen reiner Vermögensschäden aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten aus dem Schadenersatz-Rechtsschutz ausdrücklich ausgenommen, was nicht erforderlich wäre, wäre er nicht grundsätzlich von diesem umfasst.
Hinweis:
So auch OGH 22. 4. 2025, 7 Ob 53/25g.
Entscheidung
2017 kauften die Kläger eine Eigentumswohnung zur Befriedigung ihres privaten Wohnbedürfnisses. Nachdem sich 2023 herausstellte, dass die Wohnung zu diesem Zweck nicht benutzt werden darf (sondern nur zur Aufrechterhaltung des dort angesiedelten Gewerbebetriebs), streben sie nun die schadenersatzrechtliche Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen einer Aufklärungspflichtverletzung des Verkäufers an.
Deckungsschutz für culpa in contrahendo
Der OGH hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass unter dem Begriff „Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privat-rechtlichen Inhalts erwachsen“, auch vertragliche Schadenersatzansprüche (solche aus positiver Vertragsverletzung oder auf Ersatz des Mangelfolgeschadens) zu verstehen sind, handelt es sich dabei doch – präziser ausgedrückt – um gesetzliche Schadenersatzverpflichtungen aus einem Vertragsverhältnis, die sich bei Leistungsstörungen (Störungen des Vertragsverhältnisses) ergeben (RS0117142; zur Rechtsschutzversicherung referierend 7 Ob 211/17f, Rechtsnews 25247; vgl auch Bauer in Garo/Kath/Kronsteiner ARB 2015 Erläuterungen zu den Musterbedingungen für die Rechtsschutzversicherung, F5-011).
Richtig ist, dass nach der E 7 Ob 193/14d, Rechtsnews 18945, alle Ansprüche, die aus einem Vertrag abgeleitet würden, vertraglicher Natur nach Art 19.3.1.3 ARB seien und damit nicht unter den Schadenersatz-Rechtsschutz fallen würden. Dieser Linie ist der OGH danach aber nicht mehr gefolgt (vgl etwa 7 Ob 131/15p, RdW 2016/60; zur Rechtsschutzversicherung referierend 7 Ob 211/17f, Rechtsnews 25247).
Eine nähere Auseinandersetzung kann im vorliegenden Fall unterbleiben. Dieser ist nämlich dadurch gekennzeichnet, dass die Kl Versicherungsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzverpflichtungen aus einem vorvertraglichen Verhältnis (culpa in contrahendo) begehren.
Mögliche Geschäftspartner treten schon mit der Kontaktaufnahme in ein beiderseitiges vorvertragliches Schuldverhältnis, das die Beteiligten insb verpflichtet, einander über die Beschaffenheit der in Aussicht genommenen Leistungsgegenstände aufzuklären und Umstände mitzuteilen, die einem gültigen Vertragsabschluss entgegenstehen. Eine Verletzung dieser Verpflichtung macht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1295 ABGB schadenersatzpflichtig (RS0014885). Das vorvertragliche Schuldverhältnis besteht unabhängig davon, ob es später zu einem Vertragsabschluss kommt. Wenn der in Aussicht genommene Vertrag nicht zustande kommt oder als nicht zustande gekommen gilt, handelt es sich um ein Schuldverhältnis ohne Hauptleistungspflichtteil, das va in Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten besteht (RS0049409). Funktionale Aufgabe der Haftung bei culpa in contrahendo – dieser gesteigerten außervertraglichen Verantwortung der Parteien – ist es, einen anderen vor Schädigungen durch rücksichtsloses, das heißt berechtigte Schutzinteressen vernachlässigendes Verhalten zu bewahren (RS0016410). Das vorvertragliche Schuldverhältnis, dessen Verletzung als culpa in contrahendo bezeichnet wird, entsteht aufgrund des Gesetzes, also ex lege (§ 859 ABGB) schon mit der Aufnahme eines geschäftlichen Kontakts, es steht den rechtsgeschäftlich begründeten Rechtsverhältnissen nahe (7 Ob 157/12g, RdW 2013/281).
Daraus folgt, dass Ansprüche aus culpa in contrahendo – selbst iSv 7 Ob 193/14d, Rechtsnews 18945, – nicht aus einem Vertrag abgeleitet werden. Damit greift aber auch die Begründung nicht, die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei – als Vertragsstreitigkeit – nicht von der positiven Deckungsumschreibung umfasst.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass die von den Kl beabsichtigte Rechtsverfolgung – die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten – unter die primäre Risikoumschreibung des Art 19.1.2 ARB fällt.
Deckungsabgrenzungsausschlüsse
Dem entsprechend gründet die Bekl ihre Leistungsfreiheit auch auf Art 19.3.1.3 und Art 19.3.1.4 ARB:
Danach umfasst der Versicherungsschutz zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutzbausteinen nicht die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten zwischen Vertragspartnern oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen (versicherbar gem Art 23) [Art 19.3.1.3 ARB], und nicht Fälle, welche beim Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken, Gebäuden oder Gebäudeteilen entstehen (versicherbar gem Art 24) [Art 19.3.1.4 ARB].
Die in den besonderen Bestimmungen beschriebenen Risiken (Rechtsschutzbausteine) werden in Form von Rechtsschutz-Kombinationen angeboten. Eine Voraussetzung für die problemfreie Nutzung dieses flexiblen Systems zur Produktgestaltung ist eine klare Abgrenzung der Deckung zwischen den einzelnen Rechtsschutzbausteinen. Diese Abgrenzung der Deckung geschieht primär im Wege der positiven Deckungsumschreibung. Dort, wo das zur Vermeidung ungewollter Deckungsüberschneidungen oder Unschärfen notwendig ist, erfolgt sie zusätzlich durch die sogenannten Deckungsabgrenzungsausschlüsse. Diese Deckungsabgrenzungsausschlüsse haben (im Gegensatz zu den Risikoausschlüssen ieS) nur die Aufgabe, bestimmte Risiken aus einem Baustein auszugliedern, um sie einem anderen zuzuordnen. Auf diese (eingeschränkte) Funktion weisen sowohl der jeweilige Einleitungssatz („Zur Abgrenzung von anderen Rechtsschutzbausteinen umfasst der Versicherungsschutz hier nicht ...“), als auch der Querverweis am Ende des jeweiligen Ausschlusses („in ... versicherbar“) deutlich hin. Der jeweilige Deckungsabgrenzungsausschluss greift daher auch nur dann, wenn das betroffene Risiko grds nach der positiven Deckungsumschreibung des anderen Bausteins versicherbar ist, dem die Deckung durch Querverweis zugewiesen wurde. Unbeachtlich ist dagegen, ob der zutreffende Rechtsschutzbaustein auch tatsächlich versichert ist oder nicht (vgl 7 Ob 91/22s, Rechtsnews 33038, 7 Ob 45/23b mzwN, Rechtsnews 34351).
Nach dem völlig klaren Wortlaut handelt es sich bei Art 19.3.1.3 und Art 19.3.1.4 ARB um derartige Deckungsabgrenzungsausschlüsse.
Der OGH hatte daher zu prüfen, ob die angestrebte Rechtsverfolgung nach der primären Risikoumschreibung nach Art 23 oder Art 24 ARB versicherbar ist. Dies wurde vom OGH verneint, sodass die Deckungsabgrenzungsausschlüsse des Art 19.3.1.3 und Art 19.3.1.4 ARB nicht zur Anwendung gelangen. Deckung besteht daher weiterhin nach Art 19.1.2 ARB.
Auskunftsobliegenheit
Die Bekl wandte im vorliegenden Fall darüber hinaus eine grob schuldhafte Obliegenheitsverletzung der Kl nach Art 8.1.1 ARB ein: Trotz ihrer Nachfrage hätten ihr die Kl nicht mitgeteilt, warum sie erst sechs Jahre nach dem Kauf Ansprüche geltend gemacht wollten, und nicht die gesamte Korrespondenz vorgelegt. Die Bekl behaupten also, Auskünfte verlangt zu haben, die etwa für den Einwand der Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung wegen Verjährung des Anspruchs relevant sein könnten.
Dazu hat das ErstG keine Feststellungen getroffen, sodass die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Rechtssache an das ErstG zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung unumgänglich war.