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Selbstanzeige nach dem Kapitalabfluss-Meldegesetz

Bearbeiter: Birgit Bleyer

Kapitalabfluss-Meldegesetz: § 10

FinStrG: § 29 Abs 6

Erfolgt eine Selbstanzeige wegen Finanzvergehen in Zusammenhang mit Vermögenswerten, deren Zufluss gem § 6 Kapitalabfluss-Meldegesetz meldepflichtig ist (hier: Nichtaufnahme von Kapitalerträgen aus der Schweiz in die Einkommensteuererklärungen 2006 bis 2012 und Übertragung des Kapitalvermögens auf eine österreichische Bank im Jahr 2012), so ist eine Abgabenerhöhung nach § 10 Kapitalabfluss-Meldegesetz auch dann vorzuschreiben, wenn – im Zeitpunkt der Erstattung der Selbstanzeige – eine finanzbehördliche Nachschau oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen weder angemeldet noch sonst bekannt gegeben war. Einer Selbstanzeige kann nämlich nach § 10 Abs 2 erster Satz Kapitalabfluss-Meldegesetz nur bei Entrichtung einer Abgabenerhöhung strafbefreiende Wirkung zukommen.

Mit der in § 10 Abs 1 Kapitalabfluss-Meldegesetz normierten Anordnung, wonach § 29 Abs 3 lit d FinStrG nicht anzuwenden sei, wird zum Ausdruck gebracht, dass eine Selbstanzeige iSd § 10 Abs 1 Kapitalabfluss-Meldegesetz selbst dann strafbefreiende Wirkung haben kann, wenn bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruchs eine Selbstanzeige erstattet wurde.

VwGH 5. 9. 2019, Ra 2017/16/0049

Sachverhalt

Mit Schriftsatz vom 4. 3. 2016 erstattete der Revisionswerber Selbstanzeige und legte offen, in den Jahren 2006 bis 2012 Kapitalerträge aus ausländischen Kapitalanlagen bezogen und nicht in seine Einkommensteuererklärungen aufgenommen zu haben.

Mit Bescheiden vom 12. 4. 2016 setzte das Finanzamt die entsprechenden Abgabennachforderungen für die Jahre 2006 bis 2012 fest. Da die Finanzvergehen mit Vermögenswerten im Zusammenhang standen, deren Zufluss gem § 6 Kapitalabfluss-Meldegesetz meldepflichtig war, schrieb das Finanzamt mit Bescheid vom 13. 10. 2016 dem Revisionswerber auch eine Abgabenerhöhung gem § 29 Abs 6 FinStrG iVm § 10 Kapitalabfluss-Meldegesetz iHv € 78.454,01 vor.

Nach Ansicht des BFG seien die Konten und Depots des Revisionswerbers in der Schweiz im Jahr 2012 und somit im meldepflichtigen Zeitraum (1. 7. 2011 bis 31. 12. 2012) geschlossen worden, sodass seine österreichische Bank verpflichtet gewesen wäre, die erfolgten Kapitalzuflüsse aus der Schweiz bis spätestens 31. 12. 2016 zu melden. Der Revisionswerber habe durch die Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen eine schuldhafte Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommensteuer der Jahre 2006 bis 2012 bewirkt. § 10 Abs 2 Kapitalabfluss-Meldegesetz enthalte für die von der Meldepflicht nach § 6 leg cit umfassten Kapitalzuflüsse eine eigenständige Selbstanzeigebestimmung und ordne an, dass für Selbstanzeigen strafbefreiende Wirkung nur insoweit eintrete, als auch eine Abgabenerhöhung entrichtet werde, wobei § 29 Abs 6 FinStrG sinngemäß gelte. Aufgrund der bloß „sinngemäßen“ Anwendung des § 29 Abs 6 FinStrG setze eine Abgabenerhöhung gem § 10 Abs 2 Kapitalabfluss-Meldegesetz aber nicht voraus, dass die Selbstanzeige anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung erstattet werde. Auch ein Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs 2 FinStrG liege nicht vor.

Die erhobene Revision wurde vom VwGH als unbegründet abgewiesen:

Abgabenerhöhung unabhängig von Anmeldung einer Prüfung

Im revisionsgegenständlichen Fall ist unstrittig, dass eine Selbstanzeige nach § 29 Abs 6 FinStrG iVm § 10 Abs 1 Kapitalabfluss-Meldegesetz erstattet wurde und im Zeitpunkt der Erstattung dieser Selbstanzeige eine finanzbehördliche Nachschau oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen weder angemeldet noch sonst bekannt gegeben war. Strittig ist lediglich, ob auch in diesem Fall nach § 10 Kapitalabfluss-Meldegesetz eine Abgabenerhöhung vorzuschreiben war.

Nach § 10 Abs 2 erster Satz Kapitalabfluss-Meldegesetz kommt einer Selbstanzeige iSd Abs 1 eine strafbefreiende Wirkung nur insoweit zu, als auch eine Abgabenerhöhung entrichtet wird. § 10 Abs 2 erster Satz Kapitalabfluss-Meldegesetz setzt somit für die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige iSd Abs 1 jedenfalls die Entrichtung einer Abgabenerhöhung voraus.

§ 10 Abs 2 zweiter Satz Kapitalabfluss-Meldegesetz, wonach § 29 Abs 6 FinStrG „sinngemäß“ gilt, kann aufgrund der expliziten Anordnung im ersten Satz daher nur so verstanden werden, dass § 29 Abs 6 FinStrG nur insoweit anzuwenden ist, als nicht bereits § 10 Kapitalabfluss-Meldegesetz eine eigenständige Regelung trifft. Damit gelten durch den Hinweis auf die „sinngemäße Anwendung“ insb die Regeln des § 29 Abs 6 FinStrG über die bescheidmäßige Vorschreibung und die Berechnung der Abgabenerhöhung auch für die iZm einer Selbstanzeige nach § 10 Abs 1 Kapitalabfluss-Meldegesetz vorzuschreibende Abgabenerhöhung.

Hätte der Gesetzgeber, wie vom Revisionswerber vorgebracht, die Vorschreibung einer Abgabenerhöhung vom Vorliegen sämtlicher in § 29 Abs 6 FinStrG normierter Voraussetzungen abhängig machen wollen, hätte es der gesonderten Anordnung des § 10 Abs 2 Kapitalabfluss-Meldegesetz nicht bedurft oder hätte diese nicht erfolgen dürfen.

Dem BFG ist daher zu folgen, wenn es die Ansicht vertritt, dass einer Selbstanzeige gem § 10 Abs 1 Kapitalabfluss-Meldegesetz nur bei Entrichtung einer Abgabenerhöhung strafbefreiende Wirkung zukommen kann, unabhängig davon, ob bereits eine finanzbehördliche Nachschau oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen angemeldet oder sonst bekannt gegeben war.

Auch aus der in § 10 Abs 1 Kapitalabfluss-Meldegesetz normierten Anordnung, wonach § 29 Abs 3 lit d FinStrG nicht anzuwenden sei, lässt sich - entgegen dem Vorbringen in der Replik - für die Ansicht des Revisionswerbers nichts gewinnen, wird damit doch lediglich zum Ausdruck gebracht, dass eine Selbstanzeige iSd § 10 Abs 1 Kapitalabfluss-Meldegesetz selbst dann strafbefreiende Wirkung haben kann, wenn bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruchs eine Selbstanzeige erstattet wurde.

Conclusio: Bei einer Selbstanzeige nach dem Kapitalabfluss-Meldegesetz wird eine Abgabenerhöhung auch dann vorgeschrieben, wenn (im Zeitpunkt der Erstattung dieser Selbstanzeige) eine finanzbehördliche Nachschau oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen weder angemeldet noch sonst bekannt gegeben war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 28105 vom 17.10.2019