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Selbstständige Tätigkeit bei international tätigen Sportlern

Bearbeiter: Franz Wallig

EStG 1988: §§ 2, 22, 25, 47

Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Ermittlung des Einkommens von Sportlern („Sportler-Verordnung“, BGBl II 2000/418)

Abstract

Im vorliegenden Fall hatte der VwGH sich mit der Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit iSd Sportler-VO von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit iSd § 2 Abs 3 Z 4 iVm § 25 EStG zu befassen. Dabei wird auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses gem § 47 Abs 2 EStG unter Berücksichtigung der Weisungsgebundenheit und die Einordnung des Sportlers in den Organismus des Arbeitgebers abgestellt. Der VwGH kam zum Ergebnis, dass die durch den Arbeitgeber vorgeschriebene Teilnahme des Sportlers an Wettkämpfen und Turnieren das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht ausschließt. Vielmehr muss ein über die ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbarten Pflichten hinausgehendes Weisungsrecht oder eine umfassendere Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers vorliegen.

VwGH 3. 9. 2024, Ra 2023/13/0164

Sachverhalt und Verfahrensgang

Der Revisionswerber (Rw) war ein in Österreich (Ö) unbeschränkt steuerpflichtiger Spitzensportler (Profi-Tischtennisspieler). Im März 2014 erstattete er Selbstanzeige für die Jahre 2004–2010, weil er zusätzlich zu den erklärten Einkünften noch weitere Einkünfte als Sportler in bar erhalten hatte. Er beantragte, diese zusätzlichen Einkünfte als selbstständige Einkünfte nach der „Sportler-Verordnung“ (BGBl II 2000/418) zu besteuern. Nach Ansicht des Finanzamtes handelte es sich bei den Einkünften aber um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit durch die Anstellung bei einem österreichischen Tischtennisverein. Die Merkmale eines echten Dienstverhältnisses (Weisungsrecht des Vereins hinsichtlich Spiel- und Trainingszeit, Spiel- und Trainingsort, Spiel- und Trainingsanweisungen, Kontrollunterworfenheit, Erbringung der persönlichen Arbeitsleistung) seien gegeben.

Im Rechtsmittelverfahren folgte das BFG im Wesentlichen den Ausführungen des Finanzamts. Ua brachte es vor, dass der Rw die Tätigkeit ohne Vereinszugehörigkeit nicht ausführen könnte und laut eigenen Angaben an fixe Trainings- und Turnierzeiten gebunden war. Damit werde ihm der Arbeitsort, die Arbeitszeit und die zu erbringende Leistung vorgeschrieben. Zudem habe der Rw ein eigenes Betreuungsteam, von dem er nur seinen Manager selbst entlohne. Der Rw müsse die Trikots des Vereins und des Nationalteams tragen und diese würden ihm bereitgestellt. Nur der Tischtennisschläger und die Schuhe würden ihm von einem Sponsor zur Verfügung gestellt. Zuletzt wurden auch alle Ausgaben, die beim Training, den Wettkämpfen oder bei Turnieren anfielen, nicht vom Rw selbst getragen. Insgesamt sei die Tätigkeit damit überwiegend nicht als selbstständig iSd Sportler-VO anzusehen.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH schließt sich der hA an, dass sich der Begriff der „selbständigen Tätigkeit“ iSd Sportler-VO nicht mit jenem der „selbständigen Arbeit“ iSd § 2 Abs 3 Z 2 iVm § 22 EStG deckt (vgl Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn [Hrsg], EStG20 § 2 Tz 5/5; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 99 Tz 2). Die Tätigkeit als Sportler führe idR nicht zu Einkünften aus selbstständiger Arbeit und es ist dem Verordnungsgeber nicht zusinnbar, eine unanwendbare Regelung zu schaffen. Zur Abgrenzung einer „selbständigen Tätigkeit“ iSd Sportler-VO von einer nichtselbstständigen Arbeit nach § 2 Abs 3 Z 4 iVm § 25 EStG ist insb das Vorliegen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs 2 EStG zu prüfen. Dabei kommt es insb auf die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers an. Nur wenn beide Kriterien keine klare Abgrenzung zulassen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien abzustellen (VwGH 27. 3. 2024, Ra 2021/13/0122 mwN). Die Sachverhaltsfrage, ob und inwieweit diese Kriterien erfüllt sind und ob die Merkmale der Selbstständigkeit oder Unselbstständigkeit überwiegen, ist durch das BFG zu prüfen (vgl VwGH 14. 12. 2022, Ra 2019/13/0068; 20. 1. 2016, 2012/13/0059, jeweils mwN).

Zu den Ausführungen des BFG bringt der VwGH vor, dass die ausschließliche persönliche Ausübung der Tätigkeit ohne Vertretungsrecht bei Spitzensportlern kein prägendes Unterscheidungskriterium ist (vgl VwGH 27. 3. 2024, Ra 2021/13/0122). Auch die Bindung an eine bestimmte Zeit, einen bestimmten Ort und eine vorgeschriebene Kleidung schließen die Selbstständigkeit einer Tätigkeit für sich nicht aus, weil die Tätigkeit schon ihrer Natur nach an eine bestimmte Zeit und an einen bestimmten Ort gebunden ist (vgl VwGH 24. 2. 1982, 81/13/0159; 25. 4. 2019, Ra 2018/13/0083). Zudem hatte der Rw das Recht, die Art von Werbeaufdrucken auf dem Trikot mitzubestimmen. Mit diesem Sachverhaltselement beschäftigte sich das BFG nicht. Zum Argument der einzuhaltenden Trainingszeiten führte der Rw aus, dass das Nationalteam als Verband und nicht der Verein die entsprechenden Vorgaben machte. Darüber hinaus würde der Verband auch sein Betreuungsteam entlohnen. Insgesamt hatte sich das BFG daher mit einer Reihe von relevanten Sachverhaltselementen nicht ausreichend auseinandergesetzt und das Erk war infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Conclusio

Die Sportler-VO sieht eine pauschalierte Ermittlung der Einkünfte für selbstständig tätige Sportler vor, die in Ö unbeschränkt steuerpflichtig sind und im Kalenderjahr überwiegend im Rahmen von Sportveranstaltungen im Ausland auftreten. Dabei wird das Besteuerungsrecht für 33 % der aus der Tätigkeit als Sportler (einschließlich Werbetätigkeit) erzielten Gewinne pauschal Ö zugerechnet. Eine Anrechnung von ausländischen Quellensteuern ist nicht möglich und die befreiten Gewinne sind bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen zu berücksichtigen (Progressionsvorbehalt).

Aus der Entscheidung können zudem wertvolle Schlüsse für die Abgrenzung der selbstständigen Tätigkeit iSd Sportler-VO zur nichtselbstständigen Arbeit iSd § 2 Abs 3 Z 4 iVm § 25 EStG gezogen werden. Insb hebt der VwGH hervor, dass die Verpflichtung zur Teilnahme an Wettkämpfen und Turnieren weder zu einer Weisungsgebundenheit noch zu einer Einordnung in den Organismus des Arbeitgebers führt. Daher wird wohl insb auf den Einfluss des Arbeitgebers auf die restliche Tätigkeit des Sportlers, wie etwa auf Trainingszeiten und -modalitäten, abgestellt werden müssen. Im Ergebnis legt der VwGH keinen strengen Maßstab an den Begriff der „selbständigen Tätigkeit“ iSd Sportler-VO.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36120 vom 26.11.2024