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Abstract
Der VwGH hatte sich im vorliegenden Fall mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Abfertigungszahlung auch dann durch § 67 Abs 6 EStG steuerbegünstigt ist, wenn diese fünf Jahre nach Beendigung des Dienstverhältnisses geleistet wurde. Nach Ansicht des VwGH ist die Steuerbegünstigung des § 67 Abs 6 EStG nicht von einem zeitlichen Naheverhältnis zwischen der Abfertigungszahlung und der Beendigung des Dienstverhältnisses abhängig. Für die Steuerbegünstigung ist nur auf den kausalen Zusammenhang abzustellen.
VwGH 26. 11. 2024, Ra 2023/15/0033
Sachverhalt und Verfahrensgang
Der Mitbeteiligte verlegte seinen Wohnsitz 2019 von Deutschland nach Österreich. In diesem Zeitraum bezog er Einkünfte aus einer deutschen Rente und einer österreichischen Pension. Zudem erhielt er eine Austrittsvergütung in Höhe von 68.349,80 € von seinem letzten Arbeitgeber in Deutschland. Die Austrittsvergütung wurde im Arbeitsvertrag vereinbart, welcher eine Auszahlung mit Erreichen des 63. Lebensjahres vorsah. Dazu bezahlte der Arbeitgeber während des aufrechten Dienstverhältnisses laufend Beträge in eine Rückdeckungsversicherung ein. Im Zuge eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht Berlin aus 2014 wurde eine Fortsetzung der Einzahlung in die Rückdeckungsversicherung nach Austritt aus dem Unternehmen bis zum 63. Lebensjahr sowie eine zusätzliche einmalige Abfindung iHv 69.300 € vereinbart, die noch im Jahr 2014 bezahlt wurde.
Die Einkünfte im Zusammenhang mit der Austrittsvergütung im Jahr 2019 wurden vom Finanzamt (FA) dem progressiven Steuertarif unterworfen. Der Mitbeteiligte beantragte hingegen die begünstigte Besteuerung als freiwillige Abfertigung gem § 67 Abs 6 EStG, das Werbungskostenpauschale und den Verkehrsabsetzbetrag. Das BFG folgte in seiner Entscheidung dem Antrag des Steuerpflichtigen und das FA erhob daraufhin eine (außerordentliche) Amtsrevision.
Entscheidung des VwGH
Nach der stRsp des VwGH erfasst die begünstigte Besteuerung des § 67 Abs 6 EStG nur solche Bezüge, deren unmittelbare Ursache die Beendigung des Dienstverhältnisses ist (vgl VwGH 15. 9. 2011, 2007/15/0231; 29. 10. 2003, 2000/13/0028, jeweils mwN). Der Mitbeteiligte hatte in seinem Arbeitsvertrag eine Austrittsvergütung vereinbart, die im Alter von 63 Jahren in voller Höhe oder bei früherem Ausscheiden aus dem Unternehmen zeitanteilig zu bezahlen war. Diese Vereinbarung einer Fortsetzung der Einzahlung des Arbeitgebers in die Rückdeckungsversicherung und Auszahlung mit Erreichung des 63. Lebensjahres führt entgegen der Ansicht des Finanzamtes nicht automatisch dazu, dass es sich statt einer Abfertigungszahlung um eine Vorsorgevereinbarung handelt. Darüber hinaus fordert das Gesetz auch keine zeitnahe Auszahlung der freiwilligen Abfertigung nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Das Gesetz verlangt einen ursächlichen Zusammenhang mit der Auflösung des Dienstverhältnisses, aber nicht die sofortige Auszahlung (vgl Kirchmayr/Schaunig in Doralt et al, EStG19 § 67 Rz 71). Damit die Abfertigungszahlung begünstigt besteuert werden kann, muss diese nur in kausalem Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses stehen. Ist diese hingegen an die Erreichung des 63. Lebensjahres geknüpft und wird bei Beendigung des Dienstverhältnisses lediglich frühzeitig ausbezahlt, liegt keine begünstigte Abfertigungszahlung vor. Diese Sachverhaltselemente wurden vom BFG nicht erhoben.
Das BFG hat sich zudem nicht mit der zusätzlichen Abfertigung im Jahr 2014 beschäftigt. Sofern diese mit einer Abfertigung iSd § 67 Abs 3 oder Abs 6 EStG vergleichbar ist, kürzt diese den nach § 67 Abs 6 Z 2 EStG begünstigten Teil einer späteren Abfertigungszahlung. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen für das Werbungskostenpauschale und den Verkehrsabsetzbetrag nicht vor, weil der Mitbeteiligte einen Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag nach § 33 Abs 6 EStG hat und keine Einkünfte aus einem bestehenden Dienstverhältnis vorliegen.
Conclusio
Nach der stRsp des VwGH muss zwischen einer nach § 67 Abs 6 EStG begünstigten Abfertigungszahlung und der Beendigung des Dienstverhältnisses ein kausaler Zusammenhang bestehen (vgl VwGH 15. 9. 2011, 2007/15/0231; 29. 10. 2003, 2000/13/0028, jeweils mwN). Unklar war bisher hingegen, ob auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung des Dienstverhältnisses und der Zahlung der Abfertigung bestehen muss. Jedenfalls unproblematisch war die Auszahlung der Abfertigung noch während des aufrechten Dienstverhältnisses (vgl VwGH 21. 2. 1996, 92/14/0056). Bei Zahlungen nach Beendigung des Dienstverhältnisses sieht die Verwaltungspraxis vor, dass diese innerhalb von 12 Monaten geleistet werden müssen, damit eine Steuerbegünstigung möglich ist (vgl LStR 2002 Rz 1087). Die Verwaltungspraxis wurde in der Literatur kritisiert, weil diese vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt ist (vgl Kirchmayr/Schaunig in Doralt et al, EStG19 § 67 Rz 71; Ebner in Kanduth-Kristen et al, Jakom EStG17 § 67 Rz 19). Diese Ansicht wurde nun vom VwGH bestätigt und es ist kein zeitliches Naheverhältnis zwischen einer Abfertigungszahlung und der Beendigung des Dienstverhältnisses notwendig.
Das FA brachte in der Revisionsschrift noch vor, dass für die Begünstigung des § 67 Abs 6 EStG auf „die laufenden Bezüge der letzten zwölf Monate“ abgestellt wird und im Jahr 2019 keine laufenden Bezüge aus einem Dienstverhältnis vorlagen. Der VwGH beschäftigte sich mit diesem Argument nicht, weil die Entscheidung des BFG bereits aus den anderen genannten Gründen aufgehoben wurde. Nach hA bezieht sich die Formulierung „laufende Bezüge der letzten zwölf Monate“ auf die laufenden Bezüge, die in den letzten 12 Monaten vor Beendigung des Dienstverhältnisses bezogen wurden (Kirchmayr/Schaunig in Doralt et al, EStG19 § 67 Rz 79 mwN). Verneint man die Notwendigkeit eines zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Abfertigungszahlung und der Beendigung des Dienstverhältnisses, ist das Abstellen auf die laufenden Bezüge der letzten 12 Monate des Dienstverhältnisses durchaus überzeugend. Sonst würde die Höhe der Steuerbegünstigung vom Auszahlungszeitpunkt durch den Arbeitgeber abhängen, den der Arbeitnehmer nur eingeschränkt beeinflussen kann.