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Übernahmekommission: Abweisung eines Ablehnungsantrags

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ÜbG: § 30a

Gem § 30a Abs 1 ÜbG können zwar Bescheide der Übernahmekommission mit Rekurs an den OGH angefochten werden, verfahrensleitende Bescheide sind aber nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Sache anfechtbar. Welche Bescheide der Übernahmekommission als „verfahrensleitend“ zu qualifizieren sind, ist dabei im Gesetz nicht näher definiert. Aus den Mat zu § 30a ÜbG (ErläutRV 2357 BlgNR 24. GP 15) folgt jedoch, dass sich der Gesetzgeber an § 45 Satz 2 AußStrG orientiert hat: Auch danach sind verfahrensleitende Beschlüsse nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Sache anfechtbar, soweit nicht ihre selbstständige Anfechtung angeordnet ist.

Der Bescheid, mit dem der Antrag auf Ablehnung eines Senatsmitglieds der Übernahmekommission als befangen abgewiesen wurde, führt weder zu einer unmittelbaren Veränderung der verfahrensrechtlichen Rechtsstellung der Verfahrensparteien selbst noch berüht er deren Rechtsstellung im Hinblick auf das Meritum, weshalb er als bloß verfahrensleitend anzusehen ist. Daraus folgt, dass der Bescheid nicht selbstständig anfechtbar ist, sondern erst mit Rekurs gegen die Entscheidung der Übernahmekommission in der Hauptsache.

OGH 18. 2. 2021, 6 Ob 256/20w

Entscheidung

Abweisung in Bescheidform

Dieses Ergebnis entspricht auch der gesetzgeberischen Intention, die aus den Mat zur Befangenheitsregelung des § 28 Abs 9 ÜbG hervorleuchtet (ErläutRV 621 BlgNR 21. GP 81), wird doch dort klargestellt, dass – unabhängig davon, dass über die Befangenheit von Senatsmitgliedern durch den Senat zu entscheiden ist – „die Befangenheit von Mitgliedern nur mit Rechtsmittel gegen die endgültige Entscheidung geltend gemacht werden kann“.

Die Entscheidung über den Antrag war auch nicht als bloße Verfahrensanordnung iSd § 63 Abs 2 AVG zu fassen, sondern in Form eines Bescheids:

-Jedenfalls seit Einführung des § 30a Abs 1 Satz 2 ÜbG ist im Verfahren vor der Übernahmekommission der (bloß) verfahrensleitende Bescheid als eigenständige Kategorie anerkannt.
-§ 28 Abs 9 ÜbG sieht ausdrücklich vor, dass über die Befangenheit eines Mitglieds durch den Senat und nicht bloß durch den Vorsitzenden zu entscheiden ist.
-Dafür, dass der Gesetzgeber nicht eine Entscheidung über die Befangenheit in Form einer bloßen Verfahrensanordnung iSd § 63 Abs 2 AVG vor Augen hatte, spricht auch schon der bereits in der Stammfassung enthaltene § 28 Abs 3 ÜbG, wonach dem Senatsvorsitzenden im Rahmen von Senatsverfahren grundsätzlich verfahrensleitende Verfügungen vorbehalten sind.
-Dass schon bei Schaffung der Befangenheitsregelung des § 28 Abs 9 ÜbG eine Entscheidung in Bescheidform intendiert war, ergibt sich letztlich auch aus den Mat, die ausdrücklich auf die Modellregelung des § 31 VwGG verweisen (ErläutRV 621 BlgNR 21. GP 81). Bereits in der damals geltenden Fassung des § 31 VwGG (vgl BGBl 1985/10) war aber vorgesehen, dass die Entscheidung über einen Ablehnungsantrag in Form eines (Senats-)Beschlusses zu fassen ist.

Damit verfängt aber auch nicht der Verweis auf § 146 Abs 5 ÄrzteG 1998 und die dazu ergangene E des VwGH Ra 2018/09/0147: Nach dieser Bestimmung ist der Vorsitzende des Disziplinarrats alleine zur Entscheidung über die Befangenheit eines Mitglieds berufen; abgesehen davon kennt das Diziplinarregime des ÄrzteG 1998 keine dem verfahrensleitenden Bescheid des § 30a Abs 1 Satz 2 ÜbG vergleichbare Kategorie.

Rekurs jedenfalls unzulässig

Selbst wenn sich die Übernahmekommission zu Unrecht der Entscheidungsform des Bescheids bedient hätte, folgt daraus nicht die Zulässigkeit eines Rekurses gegen diesen Bescheid: Wird eine Verfahrensanordnung in die äußere Form eines Bescheides gekleidet, erhält sie dadurch nicht Bescheidqualität (VwGH 2000/17/0052; 2003/12/0173; 2011/12/0038; Hengstschläger/Leeb, AVG § 63 Rz 57). Die Verfügung der Behörde wäre folglich unabhängig von der verfehlten Bezeichnung als Verfahrensanordnung iSd § 63 Abs 2 AVG zu werten; eine solche kann aber nicht gesondert angefochten werden.

Die Zulässigkeit des Rekurses ergibt sich schließlich auch nicht aus den Erwägungen der Übernahmekommission im Vorlagebericht: Zwar mag es der Umfang der Ausgangsverfahren, die nach § 39 Abs 2 AVG zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden, im Einzelfall opportun erscheinen lassen, die Frage der Befangenheit des abgelehnten Senatsmitglieds bereits in einem frühen Verfahrensstadium abschließend zu klären. Einer dafür erforderlichen teleologischen Reduktion des § 30a Abs 1 Satz 2 ÜbG steht aber der klar zum Ausdruck gebrachte gesetzgeberische Wille entgegen, gerade auch die Entscheidung über die Befangenheit eines Senatsmitglieds im Interesse der Verfahrenskonzentration einer gesonderten Anfechtung vor der Entscheidung über die Hauptsache zu entziehen.

Auch § 30a Abs 2 ÜbG (sinngemäße Anwendung des AußStrG auf den Rekurs und das Rechtsmittelverfahren vor dem OGH „mit der Maßgabe“, dass der „Rekurs jedenfalls zulässig“ ist) lässt sich nicht dahin verstehen, dass dies auch für Rekurse gegen bloß verfahrensleitende Beschlüsse zu gelten hätte.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30764 vom 19.04.2021