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Übertragung eines Grundstücks gegen Rente

Bearbeiter: Franz Wallig

EStG 1988: § 4 Abs 4, § 16 Abs 1 Z 1, § 18 Abs 1 Z 1, § 20 Abs 1 Z 4, § 29 Z 1

EheG: § 55a, § 83, § 94

Abstract

Wird Vermögen im Rahmen einer Scheidungsvereinbarung unter den Ehegatten aufgeteilt, liegt idR eine steuerneutrale Naturalteilung vor. Im konkreten Fall wurde eine Liegenschaftshälfte zum gutachterlich festgestellten Wert per Leibrente an den Ehegatten übertragen. Da aus Sicht des VwGH ein Austausch von Leistung und adäquater Gegenleistung im Vordergrund stand, war die Rente steuerlich als Gegenleistungsrente anzuerkennen.

VwGH 28. 6. 2023, Ra 2022/13/0103

Sachverhalt

Die Mitbeteiligte erwarb gemeinsam mit ihrem Ehemann R im Jahr 1999 während aufrechter Ehe eine Liegenschaft jeweils zur Hälfte. Anlässlich der Ehescheidung in 2008 wurde eine Vereinbarung gem § 55a Abs 2 EheG geschlossen, in der ua die Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft von R an die Mitbeteiligte gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente auf Lebenszeit festgelegt wurde. Der Wert des Hälfteanteils wurde per Gutachten ermittelt und auf dieser Grundlage wurde die Höhe der Leibrente versicherungsmathematisch berechnet. Die Liegenschaft wurde in der Folge von der Mitbeteiligten im Ausmaß von rd 20 % privat genutzt, zu rd 30 % an eine fremde Gesellschaft vermietet und zu rd 50 % für den Betrieb der Mitbeteiligten verwendet. Im Jänner 2018 überstiegen die laufenden Rentenzahlungen erstmals den kapitalisierten Rentenbarwert, weshalb die ab diesem Zeitpunkt geleisteten Beträge von der Mitbeteiligten als Sonderausgaben gem § 18 Abs 1 Z 1 EStG für den privaten Teil der Liegenschaft, als Werbungskosten gem § 16 Abs 1 Z 1 EStG für den vermieteten Teil der Liegenschaft und als Betriebsausgaben gem § 4 Abs 4 EStG für den betrieblich genutzten Teil der Liegenschaft angesetzt wurden. Die Rente wurde von der Mitbeteiligten daher als Gegenleistungsrente iSd § 29 Z 1 EStG und nicht als gem § 20 Abs 1 Z 4 EStG nicht abzugsfähige Unterhaltsrente eingestuft. Das Finanzamt sah dies jedoch anders. Da die Übertragung gegen Rente im Rahmen des Scheidungsvergleichs erfolgte, handle es sich um eine steuerfreie Naturalteilung des Liegenschaftsanteils. Die Leibrente sei als Ausgleichszahlung einzustufen, die bei Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens der Steuerneutralität der Naturalteilung nicht im Wege steht. Das BFG schloss sich der Meinung der Mitbeteiligten an, wogegen das Finanzamt Revision beim VwGH erhob.

Entscheidung des VwGH

Nach stRsp des VwGH liegt bei Übertragung eines Wirtschaftsgutes gegen Rente dann eine Gegenleistungsrente iSd § 29 Z 1 EStG vor, wenn die Höhe der Gegenleistung als angemessen angesehen werden kann. Nur bei einer nicht angemessenen Gegenleistung kann von einer freiwilligen Zuwendung bzw einer Unterhaltsrente ausgegangen werden. Bei Scheidungsvereinbarungen iSd § 55a EheG ist im Einzelfall zu beurteilen, ob Zahlungen ausschließlich oder überwiegend im Zusammenhang mit der Nahebeziehung zum Ehegatten stehen oder der Austausch von Leistung und adäquater Gegenleistung im Vordergrund steht.

Die Aufteilung des Ehevermögens ist gem § 83 Abs 1 EheG nach Billigkeit vorzunehmen. Dabei ist besonders auf den Beitrag der jeweiligen Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen. Nach § 83 Abs 2 EheG sind als Beitrag auch die Leistung des Unterhalts, die Mitwirkung im Erwerb, soweit sie nicht anders abgegolten worden ist, die Führung des gemeinsamen Haushalts, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand zu werten. Soweit durch die reale Aufteilung von Gebrauchsvermögen und Ersparnissen ein billiger Ausgleich zwischen den Ehegatten nicht erreicht werden kann, ist nach § 94 Abs 1 EheG eine Ausgleichszahlung aufzuerlegen. Nach Ansicht des VwGH orientiert sich die Bemessung einer Ausgleichszahlung daher nicht an einer Adäquanz von Leistung und Gegenleistung im engeren Sinn, sondern es handelt sich vielmehr um der familiären Sphäre zuzuordnende Leistungen. Erfolgt die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den Grundsätzen des § 83 EheG, so liegt daher (unabhängig von einer eventuellen Ausgleichszahlung) auch keine Veräußerung und Anschaffung vor.

Im vorliegenden Fall entsprach der Barwert der Kaufpreisrente exakt dem durch Gutachten ermittelten Wert des Hälfteanteils der Liegenschaft. Dass für die Höhe der Rentenzahlungen auch weitere Kriterien iSd § 83 EheG herangezogen worden wären, behauptet keine der Verfahrensparteien. Darüber hinaus sollten die Rentenzahlungen auch keine anderen Ansprüche (zB Unterhaltsansprüche) abgelten. Daher schloss sich der VwGH der Meinung des BFG an, dass die Rentenzahlung keine nach den Kriterien des § 83 EheG bemessene Ausgleichszahlung, sondern eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten bemessene Gegenleistung für die Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft sei und aufgrund der angemessenen Höhe auch nicht von einer freiwilligen Zuwendung oder Unterhaltsrente iSd § 20 Abs 1 Z 4 EStG ausgegangen werden kann.

Conclusio

Die Entscheidung des VwGH im vorliegenden Fall kommt unter Anbetracht des konkreten Sachverhalts nicht überraschend. Dennoch wurden einige Aspekte im Verfahren nicht angesprochen, die erwähnenswert sind. Die Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft gegen Rente kommt im Ergebnis einer Aufteilung der Liegenschaft zu gleichen Teilen auf die beiden Ehegatten gleich. Auch wenn der Billigkeitsgrundsatz keine rein rechnerische Aufteilung vorsieht, ist die Aufteilung im Verhältnis 1:1 doch als Regelfall anzusehen (siehe bspw Schoditsch in Schoditsch, EheG [2023] § 83 Rz 26 mwN). Natürlich wird von diesem Regelfall häufig abgewichen, eine Aufteilung im Verhältnis 1:1 ist aber jedenfalls nicht ungewöhnlich. Auch der Trennungsgrundsatz nach § 84 EheG wird vom VwGH nur in einem Nebensatz erwähnt. Demnach sollen die Ehegatten möglichst wenig gemeinsame Berührungspunkte haben, wodurch ua die Aufrechterhaltung von Miteigentum tunlichst zu vermeiden ist (siehe Schoditsch in Schoditsch, EheG [2023] § 84 Rz 1 mwN). In einer Gesamtbetrachtung hätte der VwGH daher auch zu dem Ergebnis kommen können, dass eine Aufteilung nach den Prinzipien der §§ 81 ff EheG erfolgt ist und eine steuerneutrale Naturalteilung vorlag. Stattdessen stand aus Sicht des VwGH der Austausch von Leistung und adäquater Gegenleistung im Vordergrund, wodurch die Rente als steuerwirksame Gegenleistungsrente anzuerkennen war.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34541 vom 26.09.2023