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Umsatzsteuerbefreite Verwaltung von Sondervermögen (Teil 2)

Bearbeiter: Rainer Borns

UStG: § 6 Abs 1 Z 8 lit i

Abstract

Das BFG befasste den EuGH im April 2020 mit einer Frage zum Umfang der Umsatzsteuerbefreiung gem § 6 Abs 1 Z 8 lit i UStG. Im Juni 2021 hat der Gerichtshof die vorliegende Frage beantwortet und dem BFG aufgetragen zu prüfen, ob das Zurverfügungstellen einer Software, die die korrekte Berechnung von Risiko- und Performance-Kennzahlen sicherstellt, eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweist.

BFG 10. 2. 2022, RV/5100456/2015

Sachverhalt

Der beschwerdeführenden DBKAG wird von der SC GmbH, einer deutschen Gesellschaft, durch die vertragliche und entgeltliche Lizenzeinräumung ein unbefristetes Nutzungsrecht an einer Software eingeräumt. Diese Software ist speziell auf die individuelle EDV-Umgebung und die Anforderungen der Bf angepasst und ermöglicht eine vollautomatisierte Berechnung der Risiko- und Performance-Kennzahlen, welche gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Software wurde von der Bf ausschließlich für Zwecke der steuerfreien Verwaltung von begünstigtem Vermögen verwendet. Aufgrund des in § 19 UStG normierten Reverse-Charge-Systems ist die Bf Steuerschuldnerin. Diese führte keine Umsatzsteuer ab, weil es sich bei den Dienstleistungen – ihrer Meinung nach – um ausgelagerte steuerfrei Verwaltungsleistungen iSd § 6 Abs 1 Z 8 lit i UStG handelt. Das FA ist seinerseits der Ansicht, dass die SC GmbH bloß eine technische Hilfsleistung erbringt, die nicht wesentlich oder spezifisch für die Verwaltung von Sondervermögen ist. Daher qualifiziert das FA die Lizenzeinräumung als steuerpflichtige Leistung.

Entscheidung des EuGH

Der Gerichtshof ordnet in vergangenen Entscheidungen die Einräumung eines Nutzungsrechts an einer Software nicht unter die Befreiungsbestimmung ein (EuGH 4. 5. 2006, Abbey National, C-169/04, Rn 71 unter Verweis auf EuGH 5. 6. 1997, SDC, C-2/95). Allerdings darf diese Rechtsprechung nicht dahin verstanden werden, dass keine Dienstleistung, die über ein Datenverarbeitungssystem erbracht wird, in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fällt. Es kommt einzig und allein darauf an, ob eine Dienstleistung wie die Einräumung eines Nutzungsrechts an einer Software ausschließlich für Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen und nicht anderer Fonds erbracht wird. Daher ist es Sache des vorlegenden Gerichtes zu prüfen, ob eine enge Verbindung zwischen Einräumung des Nutzungsrechts an einer Software und der Verwaltung von Sondervermögen vorliegt und ob diese Dienstleistung ausschließlich für Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht wird.

Entscheidung des BFG

Das BFG hält nicht die abstrakte, sondern die konkrete Nutzung der Software für entscheidend, solange die restlichen vom EuGH verlangten Voraussetzungen gegeben sind. Sobald die Software eine für die Verwaltung von Sondervermögen spezifische und wesentliche Leistung erbringt und tatsächlich für die Verwaltung von Sondervermögen eingesetzt wird, ist die Umsatzsteuerbefreiung anwendbar. Das BFG begründet das Abstellen auf den konkreten Nutzen damit, dass beinahe jede Leistung – bei abstrakter Beurteilung – für die Verwaltung eines nicht begünstigten Vermögens verwendet werden könnte. Im konkreten Fall ist die Software auf die Verwaltung von Sondervermögen individualisiert worden. Folglich hätte die eingeräumte Lizenz von keinem anderen Lizenznehmer genutzt werden können. Die geforderte enge Verbindung ist aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung der fraglichen Leistungen zu bejahen. Das BFG kommt zum Ergebnis, dass die Steuerbefreiung nach § 6 Abs 1 Z 8 lit i UStG anwendbar ist. Aufgrund mangelnder höchstrichterlicher Rechtsprechung wurde die ordentliche Revision zugelassen. Jedoch ist die Frist – soweit ersichtlich – ohne Erhebung des Rechtsmittels verstrichen.

Conclusio

Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung kommt dieser Entscheidung eine große praktische Bedeutung zu. Das BFG erkennt diese Praxisrelevanz und verneint vollkommen überzeugend ein Abstellen auf eine abstrakte Anwendungsmöglichkeit der Software. Demnach muss bei derartigen Dienstleistungen, neben den vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen, eine konkrete Nutzung der Software für die Verwaltung von Sondervermögen überprüft werden.

Im Zusammenhang mit der Entscheidung des EuGH gilt es hervorzuheben, dass die Rz 772a UStR 2000, welche die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs 1 Z 8 lit i UStG behandelt, ergänzt wurde. Demnach kann die Einräumung eines Nutzungsrechts an einer Software der Verwaltung von Sondervermögen dienen, solange die vom EuGH geforderte Voraussetzung – eine enge Verbindung mit der Tätigkeit der Verwaltungsgesellschaft – erfüllt ist.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32543 vom 17.05.2022