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Umsatzsteuerliche Behandlung von Aufsichtsratsvergütungen - Anfragebeantwortung des BMF

Bearbeiter: Birgit Bleyer

Anfragebeantwortung des BMF vom 2. 4. 2024

Anfrage der KSW vom 27. 2. 2024

1) Ist bei der Tätigkeit als Aufsichtsrat die Leistungserbringung durch eine andere Person als die als Aufsichtsrat bestellte natürliche Person umsatzsteuerlich anzuerkennen?

2) Bejahendenfalls, welche umsatzsteuerlichen Konsequenzen ergeben sich aus einer derartigen Leistungserbringung?

Beantwortung durch das BMF

Unternehmer/Steuerpflichtiger – Allgemeines

Entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben des Art 9 Abs 1 der RL 2006/112/EG (MWSt-RL) und unter Bedachtnahme auf die diesbezügliche Judikatur des EuGH (siehe zB EuGH 13. 6. 2019, C-420/18, IO, ÖStZB 2021/4, EuGH 21. 12. 2023, C-288/22, TP) ist nach § 2 Abs 1 UStG 1994 jede selbstständige Ausübung einer nachhaltigen Tätigkeit zu Erzielung von Einnahmen als unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit eines Unternehmers (Steuerpflichtigen) anzusehen. Diese Beurteilung hat grundsätzlich im Einzelfall zu erfolgen und gilt auch in Verhältnissen von Personen als Aufsichtsräte zu Gesellschaften.

Ausnahme von der Besteuerung

Gemäß der Protokollerklärung zu Art 4 der RL 77/388/EWG (6. MWSt-Richtlinie) steht es den Mitgliedstaaten frei, Personen, die ehrenamtliche Tätigkeiten ausüben, sowie die Geschäftsführer, Verwalter, Aufsichtsratsmitglieder und Abwickler von Gesellschaften in ihrer Beziehung zu den Gesellschaften und ihrer Eigenschaft als Organe derselben nicht der Mehrwertsteuer zu unterwerfen. Durch die Formulierung „nicht der Mehrwertsteuer unterwerfen“ wurde den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, die genannten Personen entweder als Nichtunternehmer/Nichtsteuerpflichtige (Leistungen nicht steuerbar) oder als steuerbefreite Unternehmer/Steuerpflichtige (Leistungen steuerbar aber steuerfrei) zu behandeln.

Vergütungen an Aufsichtsratsmitglieder

Vor dem Hintergrund der dargelegten Protokollerklärungen ist es somit möglich, die Leistungen der genannten Personen von der Umsatzsteuer zu befreien; dies unter der Voraussetzung, dass sie Unternehmer sind (vgl Rz 185 UStR 2000, wonach unter Verweis auf EuGH 13. 6. 2019, C-420/18, IO, ÖStZB 2021/4, die Tätigkeit als Mitglied eines Aufsichtsrats einer Stiftung keine Unternehmereigenschaft vermittelt). Die Steuerbefreiung nach § 6 Abs 1 Z 9 lit b UStG 1994 ist Ausfluss der Protokollerklärung zu Art 4 der 6. MWSt-RL und steht im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben.

Da es sich bei der Befreiung nach § 6 Abs 1 Z 9 lit b UStG 1994 neben einer sachlichen auch um eine persönliche Steuerbefreiung handelt, ist Voraussetzung für die Anwendung, dass die Vergütung direkt an das Aufsichtsratsmitglied gezahlt wird.

Nur natürliche Personen können Mitglieder von Aufsichtsräten sein. Die Leistung wird daher von der natürlichen Person erbracht.

Entsendet dementsprechend eine Konzernmutter ihre Vorstände oder Mitarbeiter in Aufsichtsräte der Tochtergesellschaft und wird das dafür zustehende Entgelt durch die Konzernmutter – und nicht durch die als Aufsichtsrat bestellte natürliche Person – an die Tochtergesellschaft verrechnet, handelt es sich um einen steuerpflichtigen Vorgang.

Während die Direktzahlung an das Aufsichtsratsmitglied Anwendungsvoraussetzung für die Steuerbefreiung ist, ist nicht entscheidend, von wem die Vergütungen getragen werden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35277 vom 04.04.2024