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Komplementärin der KG ist eine GmbH. Gesellschafterinnen der KG (und der GmbH) streben die Führung des Betriebs in Form einer AG an, und zwar über den Weg Gründung einer AG durch einen Rechtsvertreter als Alleinaktionär, Erwerb aller Aktien durch die KG, Einbringung des gesamten Betriebs der KG in die AG sowie Auflösung der KG mit (Vorweg-)Genehmigung der Auseinandersetzung durch Sachauskehr. Dementsprechende Beschlüsse (samt entsprechender Gesellschaftsvertragsänderungen) wurden sowohl in der GmbH als auch in der KG (bloß) mehrheitlich gefasst. Einstimmigkeit konnte in der Gesellschafterversammlung der KG bei keinem der Beschlüsse erreicht werden.
Vom Firmenbuchgericht zu beurteilen sind hier nun enstprechende Eintragungsgesuche. Der Gesellschaftsvertrag der KG enthält eine Mehrheitsklausel. Für die Klärung der Frage, ob mit dieser Klausel wirksam eine Abweichung von der grds erforderlichen Einstimmigkeit vereinbart wurde (vgl § 161 Abs 2 iVm § 119 UGB [zu dessen Geltung vgl § 906 Abs 27 UGB]), bedarf es an erster Stelle der Auslegung des Gesellschaftsvertrag. In der Rsp des OGH wurde bereits herausgearbeitet, dass ein wirksamer Mehrheitsbeschluss voraussetzt, dass die Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergibt, dass der Beschlussgegenstand von der Mehrheitsklausel umfasst ist, dass aber selbst bei Bejahung dieser Frage einer Mehrheitsklausel (inhaltliche) Schranken ihrer Wirksamkeit auferlegt sein können.
Gerade angesichts der exemplarischen Auflistung von typischen Agenden der Gesellschafterversammlung jeder (Publikums-)KG (Genehmigung des Jahresabschlusses, Wahl des Abschlussprüfers, Gewinnverteilung und Beschluss über die Abtretung von Geschäftsanteilen unter Lebenden), musste ein Gesellschafter der KG hier bei Unterwerfung unter die Mehrheitsklausel gerade nicht damit rechnen, dass er sich mit dieser Klausel in Bezug auf ungewöhnliche „gravierende“ Gesellschaftsvertragsänderungen der Mehrheit unterwirft. Mit den vorliegenden Beschlüssen geht eine einschneidende Änderung der KG als Ganzes und der Rechte ihrer Gesellschafter einher. Wiewohl der Gesetzgeber eine formwechselnde (identitätswahrende) Umwandlung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften nicht ermöglicht hat, wird ein Kommanditist mit dieser grundlegenden Strukturänderung faktisch (vorerst) zum mittelbaren Aktionär, wobei die Sachauskehr absehbar ist, mit der die Gesellschafter der KG (direkt) zu Aktionären werden. Die Gesellschafter in der Komplementär-GmbH (die zu einem Teil auch Kommanditisten sind) hatten weiters bisher Weisungsrecht gegenüber dem Geschäftsführer und damit die Lenkung des operativen Betriebs weitgehend in der Hand. Ihr Weisungsrecht kann sich zukünftig bloß noch auf Maßnahmen im Rahmen der Beteiligungen beziehen; auf Geschäftsführungsmaßnahmen des operativen Betriebs, der nunmehr einer AG obliegen soll, käme ihnen dagegen kein direkter Einfluss mehr zu, obläge doch dessen Geschäftsführung dann dem Vorstand der AG, der vom Aufsichtsrat bestellt und kontrolliert wird. Das AktG selbst billigt den Gesellschaftern dagegen kein Recht auf Mitwirkung an Geschäftsführungsmaßnahmen oder der Feststellung des Jahresabschlusses zu.
Die Vorwegnahme der Zustimmung zur Sachauskehr lässt auf den Gesamtplan schließen, die Gesellschafter der KG zu Aktionären zu machen, womit faktisch die rechtsformwechselnde Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft vollzogen wäre, die im Gesetz nicht eingeräumt ist. Es begegnet keine Bedenken, dass die Vorinstanzen in diesem Vorgang, der nicht in Einzelschritte zu zerlegen ist und der mit einer faktischen „Entrechtung“ der Gesellschafter der KG einhergeht, angesichts des konkreten Gesellschaftstyps, der Stellung der Gesellschafter in dieser Gesellschaft und unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Beschlüsse auf die konkret Betroffenen eine in den „Kernbereich“ eingreifende fundamentale Umstrukturierung sahen.
Entscheidung
Umwandlung nicht ohne Zustimmung aller
Die rechtsformwechselnde Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft ist im Gesetz nicht eingeräumt. Die Umwandlung von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft kann durch einen Umwandlungsbeschluss nach § 5 UmwG erfolgen („Umwandlung unter gleichzeitiger Errichtung einer eingetragenen Personengesellschaft“), jene in die (hier verfolgte) umgekehrte Richtung von einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft durch Abtretung aller Gesellschaftsanteile an einen Gesellschafter, der in Form einer Kapitalgesellschaft organisiert ist und auf den das gesamte Vermögen gem § 142 UGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge („Anwachsung“) übergeht (RS0113657; 2 Ob 54/00f, RdW 2000/179s).
Allein bei der Umwandlung von einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und in der besonderen Konstellation des Vorhandenseins eines Hauptgesellschafters, der über (mindestens) neun Zehntel des Grundkapitals (Stammkapitals) verfügt, bedarf es dazu (bloß) eines Mehrheitsbeschlusses dieser neun Zehntel; ansonsten ist die Zustimmung aller Gesellschafter der Kapitalgesellschaft notwendig (§ 5 Abs 2 UmwG).
Ebenso bedarf es bei der zuvor beschriebenen „Anwachsung“ der Übertragung durch jeden einzelnen Gesellschafter und damit der Zustimmung aller Gesellschafter der Personengesellschaft. Diese Wertung des Gesetzgebers kann auch für die vorliegende Umstrukturierung nicht ohne Bedeutung sein, die mit Blick auf das Ergebnis gleich gelagert ist.
Selbst wenn der letzte Schritt (Auflösung der KG samt Sachauskehr) nicht erfolgen sollte, bliebe es dabei, dass schon durch die Umsetzung der beantragten Eintragungen die Gesellschafter der KG faktisch zu „mittelbaren Aktionären“ geworden sind, beschränkte sich die Gesamtheit ihrer formal (noch) aufrecht erhaltenen Mitbestimmungs-, Kontroll- und Einsichtsrechte doch künftig – wie bereits erwähnt – nur mehr auf die Beteiligungen der (nun zur bloßen Holding umgestalteten) KG.
Dass die Vorinstanzen in diesem Vorgang, der nicht in Einzelschritte zu zerlegen ist und der mit einer faktischen „Entrechtung“ der Gesellschafter der KG einhergeht, angesichts des konkreten Gesellschaftstyps, der Stellung der Gesellschafter in dieser Gesellschaft und unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Beschlüsse auf die konkret Betroffenen eine in den „Kernbereich“ eingreifende fundamentale Umstrukturierung sahen, begegnet keinen Bedenken. Der vom Revisionsrekurs ins Treffen geführten „Unmöglichkeit“, eine Einstimmigkeit zu erreichen, kann durch Klage auf Zustimmung der nicht zustimmenden Gesellschafter begegnet werden (bei treuwidriger Verweigerung etwa bei einer unumgänglichen Maßnahme zur Führung des Betriebs – was hier jedoch nicht ersichtlich ist; vgl Appl in Straube/Ratka/Rauer, UGB I4 [2017] § 119 Rz 31).
Das behauptete Abweichen von bisher (jeweils zu Streitverfahren) ergangener Rsp zur Auslegung (4 Ob 2147/96t; 2 Ob 281/05t; 4 Ob 229/07s, RdW 2008/596) liegt nicht vor.
AG – keine schutzwürdige Dritte
Der AG war (durch die Kenntnis ihres Vorstands) bekannt, dass das Handeln des Vertreters der KG bei Abschluss des Vertrags als Teil des „Gesamtplans“ nicht von einer einstimmigen Beschlussfassung gedeckt war. „Die KG und die AG“ nahmen das Risiko ihres Handelns bewusst in Kauf. Es war damit für die AG als Dritte erkennbar, dass dem Vertreter der KG für den Abschluss des Einbringungsvertrags die Vollmacht fehlte. Angesichts dieses erkennbaren „Vollmachtsmissbrauchs“ (vgl RS0019576 [T1]; zur verbreiteten, aber missverständlichen Formulierung „Vollmachtsmissbrauch“ siehe 6 Ob 35/19v [ErwGr 4. insb 4.2.], RdW 2019/463) ist die AG als Dritte nicht schutzwürdig (RS0019576 ; siehe auch RS0051485 e contrario; vgl im Übrigen auch die Erwägungen von Sonnberger in wbl 2019, 181 ff [196]).
Gegen die Verweigerung der weiters begehrten Eintragungen (Änderungen im Aufsichtsrat der AG, Adressänderung der AG auf jene der KG, Eintragung der Kommanditisten-AG als Komplementärin) bringt der Revisionsrekurs gar keine Argumente vor und stellt sich nicht gegen den vom RekursG angenommenen inneren Zusammenhang.