News

Unlautere Spitzenstellungswerbung in Job-Annoncen auf Social Media

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UWG: § 1, § 2

Bezeichnet sich ein Unternehmen auf Social-Media-Plattformen in Job-Annoncen als Österreichs größtes privat geführtes Unternehmen im Bereich Gebäudeautomation bzw -technik, kann dies grundsätzlich als irreführende Geschäftspraktik iS einer unlauteren Spitzenstellungswerbung angesehen werden.

Diese Aussagen enthalten zumindest im Kern konkrete und nachprüfbare Tatsachenbehauptungen und lassen eine nach Umfang und Dauer erhebliche wirtschaftliche Sonderstellung des werbenden Unternehmens erwarten, welche diesem einen beachtlichen und dauerhaften Vorsprung vor seinen Mitbewerbern sichert.

Dass diese Aussagen in Job-Annoncen auf Social-Media-Plattformen getätigt wurden, vermag nichts daran zu ändern, dass dies „im geschäftlichen Verkehr“ geschah: Einerseits sind die Postings sowohl in Facebook als auch in LinkedIn grundsätzlich nicht darauf beschränkt, nur von konkreten Stelleninteressenten gelesen zu werden, oder nur für solche konkreten Personen bestimmt oder an diese gerichtet, sondern grundsätzlich allgemein für beliebige Plattformteilnehmer offen zugänglich gewesen. Andererseits sind (nicht nur, aber besonders auch in Zeiten des Fachkräftemangels) Handlungen, Unterlassungen, Verhaltensweisen oder Erklärungen, kommerzielle Mitteilungen einschließlich Werbung und Marketing im Wettbewerb um möglichst qualifizierte Mitarbeiter als Geschäftspraktiken anzusehen, die hinreichend eng mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung der Leistungen und Produkte eines Unternehmens zusammenhängen (§ 1 Abs 4 Z 2 UWG).

Gerade die Einleitung der Annoncen mit der Selbstvorstellung des Unternehmens mit einer Spitzenstellung kann dazu führen, dass sich auch ein angemessen aufmerksamer und kritischer Leser, der sich für eine Anstellung bei dem Unternehmen interessiert, ebenso wie ein potenzieller Konsument der Produkte des Unternehmens dadurch veranlasst sieht, sich mit dessen Angeboten zu befassen, ihnen letztlich auch näherzutreten, was somit für die geschäftliche Entscheidung des Adressaten iSd § 2 Abs 1 Satz 1 UWG relevant sein kann.

OGH 25. 4. 2023, 4 Ob 223/22f

Entscheidung

Die Kl hat ihr Begehren auf Unterlassung, das Unternehmen der Bekl als „Österreichs größtes privat geführtes Unternehmen im Bereich Gebäudeautomation“ (und/oder „... Gebäudetechnik“) zu bewerben, mit der Bedingung verknüpft, „wenn dies gar nicht der Fall ist“.

Prüfkalkül ist hier damit die Frage, ob der Bekl die von ihr behauptete Rolle tatsächlich zukommt (zur Behauptungs- und Beweislast des Werbenden vgl RS0116971 [T4, T10]; 4 Ob 33/13a, Rechtsnews 15138).

Aufgrund ihrer abweichenden Rechtsansicht haben die Tatsacheninstanzen keine Feststellungen zur Richtigkeit der behaupteten Spitzenstellung nach den dargelegten Parametern getroffen. Die Aussage des ErstG im Rahmen seiner Feststellungen, es könne nicht festgestellt werden, ob irgendein anderes österreichisches Unternehmen im Bereich Gebäudetechnik bzw Gebäudeautomation einen höheren Jahresumsatz als die Bekl erziele, sollte – wie aus der Beweiswürdigung eindeutig hervorgeht – nur zum Ausdruck bringen, dass es Beweisanträgen zu diesem Thema mangels rechtlicher Relevanz nicht entsprach. Es liegen damit rechtliche Feststellungsmängel vor, welche die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen unvermeidlich machen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34130 vom 09.06.2023