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Abstract
Der VwGH hatte zu entscheiden, ob eine Aufforderung zur Empfängerbenennung gem § 162 Abs 1 BAO erfolgen muss, bevor zweifelhafte Ausgaben gem § 162 Abs 2 BAO nicht anerkannt werden. Da die Rechtsfolge der Nichtanerkennung erst erfolgen kann, wenn der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert oder wenn die Feststellung getroffen wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Aufwendungen sind, ist eine Aufforderung zur Empfängerbenennung zwingend erforderlich. Die Feststellung, dass ein Rechnungsaussteller nicht der Empfänger der abgesetzten Beträge ist, kann dieses Erfordernis nicht ersetzen, auch wenn die Beweiswürdigung frei von Mängeln ist.
VwGH 16. 11. 2021, Ra 2020/15/0019
Sachverhalt
Bei der revisionswerbenden Partei, einer im Baugewerbe tätigen GmbH, wurde für die Jahre 2006 bis 2008 sowie 2010 eine Außenprüfung gem § 147 BAO iVm § 99 Abs 2 FinStrG durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass es sich bei mehreren Fakturen von acht Subunternehmern der Revisionswerberin um Scheinrechnungen handle. Die acht Subunternehmen stellten wahrscheinlich Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen aus, die in der Folge von der Revisionswerberin bezahlt wurden und im Anschluss abzüglich einer Provision an die Gesellschafter der Revisionswerberin zurückflossen (Kickback-Zahlungen). Für diese Scheinrechnungen wurde eine Anerkennung als Betriebsausgabe nicht anerkannt. Diese Feststellungen wurden in freier Beweiswürdigung getroffen.
Aufgrund der Feststellungen in der Außenprüfung wurden die ursprünglichen Körperschaftsteuerbescheide aufgehoben und durch das Finanzamt neue Sachbescheide erlassen. Gegen diese Bescheide erhob die Revisionswerberin Beschwerde, die vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen wurde. Dagegen richtete sich ein Vorlageantrag an das BFG. Das Gericht folgte der Beschwerde nicht und führte aus, dass die Empfängerbenennung der freien Beweiswürdigung der Abgabenbehörde unterliege. Unterstützend führte das BFG aus, dass das Landesgericht für Strafsachen Wien in der Zwischenzeit entschieden hatte, dass sich die rechnungsausstellenden Firmen als Anmeldevehikel zum Zweck der (Schein-)Anmeldung der Dienstnehmer und als Rechnungsverkäufer betätigt hatten (vgl. BFG 12. 9. 2018, RV/2100604/2016; LG für Strafsachen Wien 11. 4. 2016, 122 Hv 3/15b). Zu einem wirksamen Auskunftsersuchen gem § 162 BAO kam es allem Anschein nach weder durch das Finanzamt noch durch das BFG. Gegen das Erkenntnis des BFG richtet sich die außerordentliche Revision an den VwGH.
Entscheidung des VwGH
Gem 162 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde, wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Verweigert der Abgabepflichtige diese Angaben, sind die beantragten Absetzungen gem § 162 Abs 2 BAO nicht anzuerkennen.
Laut VwGH setzt eine auf § 162 Abs 2 BAO gestützte Nichtanerkennung von Aufwendungen zwingend eine an den jeweiligen Abgabenschuldner gerichtete Aufforderung zur Benennung der Empfänger voraus. Die Rechtsfolge der Nichtanerkennung kann erst dann eintreten, wenn der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde verlangten Angaben verweigert oder wenn die Feststellung getroffen wird, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Aufwendungen sind. Dieses Erfordernis kann laut VwGH durch eine Feststellung, die in freier Beweiswürdigung getroffen wurde, nicht ersetzt werden, selbst wenn sich die Beweiswürdigung als frei von Mängeln erweist.
Da es weder im vorgelagerten Verfahren noch im Verfahren vor dem BFG zu einer Aufforderung zur Empfängerbenennung gem § 162 BAO kam, war das Erkenntnis des BFG mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Es wurde daher vom VwGH aufgehoben.
Conclusio
Das Erkenntnis des VwGH ist überzeugend und reiht sich in die stRsp ein. Demnach setzt die Nichtanerkennung von Aufwendungen gem § 162 Abs 2 BAO zwingend eine an den jeweiligen Abgabenschuldner gerichtete Aufforderung zur Benennung der Empfänger voraus (s VwGH 9. 6. 2020, Ra 2020/13/0001). Dies entspricht auch dem Gesetzeswortlaut, wonach eine Nichtanerkennung nur möglich ist, wenn die von der Abgabenbehörde gem Abs 1 verlangten Angaben verweigert werden. Unklar ist, warum die Nichtanerkennung der Aufwendungen aufgrund von § 162 und nicht schon auf Basis der Versagung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs 4 EStG erfolgt ist. Zwar geht aus dem Sachverhalt nicht hervor, aus welchem Grund die Zahlungen geflossen sind; allerdings werden Scheinrechnungen regelmäßig gestellt, um die Geldmittel anschließend wieder an die Gesellschafter zurückfließen zu lassen. Diesfalls würde es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen handeln, die nach § 8 Abs 1 KStG selbstredend nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Im fortgesetzten Verfahren wird das BFG wohl ein Auskunftsersuchen stellen müssen oder gegebenenfalls eine genaue Sachverhaltsermittlung vornehmen, um den Betriebsausgabenabzug gem § 4 Abs 4 EStG untersagen zu können.