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Unterversicherung – Pflichtverletzung der Versicherungsmaklerin?

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1295, § 1299 ABGB

VersVG: § 56

Der Kl wandte sich im Jahr 2016 an die Bekl, weil er aufgrund eines anstehenden Wohnungswechsels seine bisherige Haushaltsversicherung auf die neue Wohnung „umschreiben“ wollte. Ein Mitarbeiter der Bekl sagte ihm, dass dies nicht möglich sei, sondern eine Anpassung an die geänderte Wohnungsgröße erfolgen müsse. In diesem Gespräch gab der Kl an, dass aufgrund der äußerst einfach eingerichteten Wohnung eine Versicherungssumme von 20.000 € wie bisher auch unter Berücksichtigung der größeren Fläche der neuen Wohnung ausreichend und ihm eine günstige Prämie wichtig sei. Er erwähnte nicht, dass er in der Wohnung besondere Wertgegenstände aufbewahrte.

Nach einem Wohnungseinbruch stellte sich heraus, dass eine Unterversicherung (§ 56 VersVG) vorlag. Der Kl macht nun einen Schadenersatzanspruch gegen die bekl Versicherungsmaklerin geltend. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, wonach eine Pflichtverletzung die Bekl zu verneinen ist, bedarf keiner Korrektur, gab es doch angesichts der festgestellten Umstände für die Bekl keinerlei Hinweise, dass die Informationen des Kl unrichtig oder unvollständig gewesen wären oder dass es den Interessen des Kl zuwiderlaufen würde, dass im neuen Vertrag nur ein eingeschränkter Verzicht des Versicherers auf den Einwand der Unterversicherung enthalten war. Unbedenklich ist ebenfalls, dass die Vorinstanzen auch im Hinblick darauf zu keiner abweichenden Beurteilung kamen, dass im ursprünglichen Versicherungsvertrag ein gänzlicher Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung vereinbart war und der Kl diesen Vertrag bloß „umschreiben“ wollte: Die Bekl hatte dem Kl nämlich auch ein Angebot mit einem (vollständigen) Unterversicherungsverzicht gemacht und die (effektive) Versicherungssumme des vom Kl gewählten Angebots – das einen Hinweis auf den eingeschränkten Unterversicherungsverzicht enthielt – betrug auch rund das Dreifache dessen, was der Kl gegenüber der Bekl als ausreichend angegeben hatte. Keine Bedenken hegt der OGH auch dagegen, dass es der Bekl bei den vorliegenden Umständen nicht zum Vorwurf gemacht wurde, dass der Kl die Variante mit dem eingeschränkten Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung wegen der günstigeren Prämie auswählte.

OGH 29. 6. 2022, 7 Ob 74/22s

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32921 vom 16.08.2022