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Unzulässige Vermietung eines anonymen Schließfachs

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 878, § 879

FM-GwG: § 6, § 7

Seit 10. 1. 2020 sind bestehende anonyme Schließfächer ebenso wie anonyme Sparbücher zu behandeln. Der Verpflichtete hat bis zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten jegliche Art der Nutzung zu unterbinden und darf dem Kunden vor dem genannten Zeitpunkt keinen Zugang zu seinem anonymen Schließfach gewähren. Lediglich die weitere (gesperrte) Verwahrung ist vor der Erfüllung der Sorgfaltspflichten durch den Verpflichteten zulässig. Eine Beendigungspflicht besteht also insoweit nicht.

Der Mietvertrag im Anlassfall hat insoweit einen unerlaubten Inhalt, als die Parteien vereinbart haben, dass die Vermietung des Schließfachs anonym erfolgt, dh unter Verzicht auf die Einhaltung der Identifizierungspflicht nach dem BWG (bzw nunmehr FM-GwG). Damit liegt eine Teilnichtigkeit vor.

Das Geschäft als solches (Vermietung eines Schließfachs zur Verwahrung von Wertgegenständen) ist indessen nicht verpönt. Das kommt auch deutlich in den Vorschriften des nunmehrigen FM-GwG zum Ausdruck: Da § 7 FM-GwG eine Pflicht zur Nachholung der Anwendung der Sorgfaltspflichten statuiert und bis dahin die Geschäftsbeziehung „einfriert“, geht das Gesetz selbst grundsätzlich von der Gültigkeit der Verträge aus, die unter Verletzung der Sorgfaltspflichten abgeschlossen worden waren. Eine Gesamtnichtigkeit eines solchen Mietvertrags sehen weder die gesetzlichen Bestimmungen vor, noch verlangt der Schutzzweck der Verbotsnorm eine solche. Dieser erfordert aber auch nicht zwingend die Restgültigkeit des Vertrags. Vielmehr verhält sich der Verbotszweck hier „neutral“ zu der Frage, ob der Mietvertrag über das Schließfach teilweise – eben ohne Beibehaltung der Anonymität – aufrecht bleibt. Daher ist auf den hypothetischen Parteiwillen abzustellen, dh darauf, ob die Parteien redlicher und vernünftiger Weise auch den restlichen Vertrag geschlossen oder aber den Vertragsabschluss unterlassen hätten. Nur sofern sich aus dem hypothetischen Parteiwillen kein eindeutiges Ergebnis ableiten lässt, kann entsprechend § 878 Satz 2 ABGB im Zweifel von der Restgültigkeit des Vertrags ausgegangen werden.

Eine zusätzliche Heranziehung irrtumsrechtlicher Normen und damit ein Rückgriff auf den Parteiwillen könnte den Verbotszweck unterlaufen. Der vorliegende Sachverhalt ist daher ausschließlich nach § 879 ABGB iVm § 878 Satz 2 ABGB analog zu beurteilen.

OGH 23. 2. 2021, 8 Ob 104/20g

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30951 vom 31.05.2021