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Verbandsklage: AGB einer Fluglinie

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

KSchG: § 6, § 28, § 29

Der Flugschein ist eine Urkunde, die den Inhalt und das Zustandekommen des Vertragsabschlusses dokumentieren soll. Als bloße Beweisurkunde verbrieft sie aber nicht etwa den Leistungsanspruch der Person, die im Besitz des Flugscheins ist. Dem Verbraucher darf daher nicht der Beförderungsanspruch genommen werden, ohne ihm Gelegenheit zu geben, seine Berechtigung auf andere Weise nachzuweisen, etwa durch Vorlage einer Bestätigung des Reisebüros, das den Flugschein ausgestellt hat.

Allgemein ist jedenfalls bei Verbraucherverträgen davon auszugehen, dass der Erbringer einer Beförderungsleistung verpflichtet ist, jede Vertragswidrigkeit zu beheben und jeden Hinderungsgrund zu beseitigen, außer dies ist für ihn aus Gründen unmöglich, die nicht von ihm zu vertreten sind (vgl dazu den verallgemeinerungsfähigen Grundsatz in § 11 Abs 3 PauschalreiseG). Diese Unmöglichkeit hat der Leistungserbringer zu behaupten und zu beweisen. Dies gilt umso mehr, wenn für den Reisenden die maßgeblichen Hinderungsgründe für den Leistungsausfall nicht durchschaubar sind, wie dies bei einem Flugausfall typisch ist, und für ihn daher ein Beweisnotstand vorliegt, sodass auch die Voraussetzungen für die Anwendung des Grundsatzes der Nähe zum Beweis gegeben wären. Eine Klausel der ABB, die vom Verbraucher verlangt, der Bekl den Umstand höherer Gewalt umgehend mitzuteilen und nachzuweisen, verstößt somit (auch) gegen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG.

OGH 20. 4. 2021, 4 Ob 63/21z

Entscheidung

Die unzulässigen Klauseln der nahezu 77 Seiten langen Entscheidung betrafen ua:

-Ersatzausstellung eines Flugscheins bei erheblicher Beschädigung oder Verlust
-Erstattungsfähigkeit eines Flugscheins
-zweijährige Ausschlussfrist betr die Geltendmachung sämtlicher Schäden bei internationalen Beförderungen
-Tarifberechnung
-Verwaltungskosten iZm der ausnahmsweisen Erstattung des Flugpreises bei Buchung zu ermäßigten Konditionen
-Ersatzflugschein
-Datenverarbeitungen und Datenweitergabe
-Beförderung behinderter Menschen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität
-Flugzeitänderungen
-Erstattung im Fall einer Flugannullierung, einer Flugplanänderung, des Nichtanfliegens des Bestimmungsorts oder eines Zwischenlandeorts sowie bei Nichterreichen eines gebuchten Anschlussfluges
-Erstattung für einen verlorenen Flugschein
-Pflicht des Passagiers zur Erstattung von Aufwendungen (Strafen oder Geldbußen) und Auslagen iZm der Nichteinhaltung von Ein- oder Durchreisevorschriften
-Haftung der Bekl für mittelbare Schäden und Folgeschäden.

Die Klauseln waren ua intransparent oder verstießen gegen Datenschutzrecht.

Nur eine geringe Zahl von Klauseln erwies sich als zulässig, diese betrafen ua die Einhaltung der Meldeschlusszeiten (Beendigung der Check-in-Formalitäten).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 31083 vom 23.06.2021