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Verbandsklage: AGB eines Kreditinstituts

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 879, § 1369, § 1426

KSchG: § 6, § 28, § 29

1. Das Kreditbearbeitungsentgelt gehört nicht zum Hauptgegenstand des Kreditvertrags und unterliegt der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB. Gleiches gilt mangels sachlichen Unterschieds auch für jene Bearbeitungsentgelte, die die Bank im Fall der Bereitstellung eines Rahmenkredits, einer Zwischenfinanzierung sowie der Vertragsänderung „Zwischenfinanzierung“ beansprucht (auch wenn in der Klausel 1.4 nur von „Entgelt“ die Rede ist, handelt es sich dabei unstrittig um ein Bearbeitungsentgelt). Die E 6 Ob 13/16d, RdW 2016/302, und 10 Ob 31/16f, RdW 2017/186, werden (insb) aufgrund der Entwicklung der Rsp insoweit nicht mehr aufrechterhalten.

2. Die Kosten für die Ausstellung von Löschungsquittungen hat nach dem Gesetz der Gläubiger zu tragen. Die vorliegende Klausel weicht insoweit vom dispositiven Recht ab. Lässt sich die Bank eine Hypothek einräumen, stellt die Ausstellung einer Löschungsquittung nach der vollständigen Erfüllung der Verbindlichkeiten durch den Kreditnehmer eine Aufwendung dar, die mit der Erfüllung der Hauptleistung üblicherweise verbunden ist und deren Kosten nach dem Gesetz die Bank zu tragen hat. Diesem Entgelt entsprechen keine konkreten Aufwendungen oder Leistungen, die über das übliche, mit jeder hypothekarisch gesicherten Kreditvertragsbegründung entstehende Maß hinausgehen. Die Einräumung einer Hypothek dient auch allein dem Sicherungsinteresse der Bank; der Kreditnehmer erlangt dadurch keinen wirtschaftlichen Vorteil, der über die Kreditgewährung hinausgeht. Unter diesen Umständen besteht daher keine sachliche Rechtfertigung für ein Abweichen vom dispositiven Recht, sodass die Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB verstößt.

OGH 19. 2. 2025, 7 Ob 169/24i

Entscheidung

Kreditbearbeitungsentgelte

Ob formularmäßig vereinbarte Kreditbearbeitungsentgelte allein deshalb missbräuchlich sind, weil damit keine nur aufgrund von Besonderheiten im Einzelfall erforderlichen Mehrleistungen des Kreditinstituts abgegolten werden, also die verrechneten Leistungen keinen konkreten Aufwendungen oder Leistungen entsprechen, die über das übliche, mit der Vertragsbegründung entstehende Maß hinausgehen (vgl dazu I. Vonkilch, ÖJA 2024, 179 [201 f]), muss hier nicht geklärt werden:

Es entspricht der stRsp des OGH zu § 879 Abs 3 ABGB, dass Entgelte, welche die konkreten Kosten grob überschreiten, unzulässig sind. Der E 6 Ob 13/16d, RdW 2016/302, ist dabei insoweit zuzustimmen, als die Höhe einer Einmalgebühr nicht mit dem tatsächlichen Aufwand des Kreditgebers exakt korrelieren muss, weil dies jede Pauschalierung unmöglich machen würde. Eine Pauschalierung von Kreditbearbeitungsentgelten ist daher nach nationalem Recht zulässig, allerdings dürfen damit die konkreten Kosten nicht grob überschritten werden (RS0123253).

Mit dem Kreditbearbeitungsentgelt bezahlt der Kreditnehmer ein Entgelt für die Tätigkeit und den Aufwand bei der Bearbeitung und Bereitstellung des Kredits. Die Leistungen, die nach den Feststellungen mit dem Kreditbearbeitungsentgelt abgegolten werden sollen, sind gewöhnliche im Zuge der Vertragsanbahnung und des Vertragsabschlusses anfallende Leistungen (zB Beratungsgespräch, Risikobeurteilung; Angebotserstellung; Einholung, Sichtung, Vorbereitung, Aufbereitung, Verarbeitung und Kontrolle von Unterlagen; Erfüllung von Informationspflichten; Vertragserstellung; Liegenschaftsbewertung, Kreditentscheidung, allfällige Korrespondenz mit dem Treuhänder; Unterzeichnung; Auszahlung; Sicherheiteneffektuierung; Archivierung) und verursachen bei Hypothekarkrediten einen Aufwand von rund 19 Stunden, bei Konsumkrediten von weniger als 3 Stunden.

Bei einer allein an der Höhe der Kreditvaluta bemessenen, prozentmäßigen Pauschalierung von 1,5 % (ohne Obergrenze) besteht bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung eine grobe Kostenüberschreitung. Selbst bei der nach den Feststellungen durchschnittlichen Summe eines Hypothekarkredits von 220.000 € beträgt das Kreditbearbeitungsentgelt schon 3.300 €, bei – angesichts der Wohnungspreise in guten Lagen – nicht unüblichen 440.000 € beträgt es schon 6.600 €, obwohl nicht nachvollziehbar ist, warum sich bei einer bloßen Verdoppelung der Kreditsumme auch der Aufwand um das Doppelte erhöhen soll. Welche „erhöhten Schwierigkeiten“ und welches „größere Haftungsrisiko“ bei der Vergabe eines Kredits über 440.000 € im Vergleich zu einem Kredit über 220.000 € vorliegen sollen, die eine Verdoppelung des Entgelts auch nur annähernd rechtfertigen sollen, kann die Revision nicht schlüssig darlegen und ist auch nicht ersichtlich.

Der von der Revision vorgenommene Vergleich mit dem RATG oder dem GGG verfängt schon deshalb nicht, weil es sich hierbei um gesetzliche Gebührenordnungen handelt. Im Übrigen regelt das RATG die Hauptleistung des Rechtsanwalts und ist der Tarif – anders als das Kreditbearbeitungsentgelt – degressiv gestaltet (vgl etwa TP 2 oder TP 3A RATG).

Was die Bekl als „windfall-profit“ für den Kreditnehmer bezeichnet, ist die nach stRsp des EuGH vom Unionsgesetzgeber angestrebte Konsequenz, die der Wegfall einer missbräuchlichen Klausel für den Unternehmer hat. Die Klausel muss unangewendet bleiben, um dem von der Klausel-RL geforderten Abschreckungseffekt zu dienen (vgl etwa EuGH C-705/21, MJ/AxFina, Rechtsnews 33980; C-125/18, Guasch, RdW 2020/428).

Die Klausel 1.1 ist daher zusammengefasst gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und somit unzulässig. Die E 6 Ob 13/16d, RdW 2016/302, und 10 Ob 31/16f, RdW 2017/186, werden (insb) aufgrund der Entwicklung der Rsp insoweit nicht mehr aufrechterhalten.

Gleiches gilt auch für jene Bearbeitungsentgelte, die die Bekl im Fall der Bereitstellung eines Rahmenkredits, einer Zwischenfinanzierung sowie der Vertragsänderung „Zwischenfinanzierung“ beansprucht. Bei diesen Bearbeitungsentgelten ist überdies zu berücksichtigen, dass eine sachliche Rechtfertigung für die in diesen Fällen zusätzlich vorgesehene laufzeitabhängige Höhe des Entgelts überhaupt nicht ersichtlich ist.

Kosten pro Mahnung bei verschuldetem Zahlungsverzug

Eine Klausel verstößt gegen § 1333 Abs 2 ABGB, wenn sie keine Einschränkung auf notwendige und zweckmäßige Aufwendungen enthält (vgl RS0110991 [T5]; RS0121945) und nicht auf das angemessene Verhältnis zwischen Kosten und betriebener Forderung Bedacht nimmt (RS0129621).

Auf Grundlage dieser Rsp ist hier eine Klausel als gröblich benachteiligend gem § 879 Abs 3 ABGB anzusehen, nach der bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung selbst bei der Betreibung von Minimalbeträgen Mahnspesen von 20 € anfallen und die damit – entgegen § 1333 Abs 2 ABGB – keine Einschränkung auf angemessene Kosten im Verhältnis zur betriebenen Forderung vorsieht (vgl RS0129621 [T15]; anders als etwa Klausel 6 in 4 Ob 181/24g).

Soweit im Kreditanbot davon abweichend festgehalten ist, dass die Mahnspesen in einem angemessenen Verhältnis zur eingemahnten Forderung stehen müssen, ist dies schon deshalb unbeachtlich, weil für den Kreditnehmer nicht ersichtlich ist, dass damit die Regelung im Preisblatt eingeschränkt werden soll.

Kontoführungsentgelte pro Abschluss

Dem BerufungsG ist zuzustimmen, dass die Formulierung „Kontoführungsentgelte pro Abschluss“ intransparent ist, weil für den Kreditnehmer unklar bleibt, ob diese Entgelte nur einmal (also bei Abschluss des jeweiligen Vertrags), oder aber einmal pro Monat, pro Quartal oder pro Jahr anfallen. Auch wenn man die Formulierung im Kreditanbot berücksichtigt, liegt keine transparente Klauselgestaltung vor, weil für den Kreditnehmer nicht ersichtlich ist, dass die Klausel im Kreditanbot das Preisblatt konkretisiert bzw abändert.

Die Klausel verstößt daher gegen § 6 Abs 3 KSchG.

Keine Beschränkung der zeitlichen Urteilswirkungen

Führt die Judikatur des EuGH – wie hier – zu einer Änderung der Rsp des OGH, ist die Anwendung der vom EuGH aus Gründen der Rechtssicherheit entwickelten Kriterien zur Beschränkung der zeitlichen Wirkungen eines Urteils aus Sicht des erk Senats angemessen (so etwa auch Pfeifer/Riss, wbl 2024, 309 [315]).

Aber selbst unter der Heranziehung der Judikatur des EuGH wäre für die Bekl nichts gewonnen: Bis zur E 6 Ob 13/16d, RdW 2016/302, bestand mangels höchstgerichtlicher Klärung der hier strittigen Fragen ohnehin kein Vertrauensschutz der Bekl. Es ist daher schon unklar, warum der Zeitraum vor dieser E von einer Rückwirkung ausgenommen sein soll.

Im Übrigen stellt der EuGH bezüglich der zweiten Voraussetzung (Gefahr schwerwiegender Störungen) hohe Anforderungen an die Behauptungs- und Beweislast der Partei (vgl EuGH C-449/21, Towercast; C-209/12, Endress, Rechtsnews 16452; A. Vonkilch, ÖJZ 2024, 662 [664]). Die Bekl hätte konkret auf ihr Unternehmen bezogen die ohne diese (zeitliche) Begrenzung drohenden Rückforderungsansprüche der Kunden aufzeigen und darlegen müssen, dass das Schlagendwerden dieser Rückforderungsansprüche für sie entweder existenzbedrohend ist oder aber zumindest merkliche negative Folgen für die künftige Versorgung der Verbraucher mit den entsprechenden Bankdienstleistungen hat (vgl A. Vonkilch, ÖJZ 2024, 662 [664]). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Bekl nicht einmal ansatzweise. Eine zeitliche Beschränkung der Urteilswirkungen kommt somit hier schon deshalb nicht in Frage.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36590 vom 03.04.2025