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Verbandsklage: AGB eines Luftfahrtunternehmens

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

KSchG: § 6, § 28, § 29

Im vorliegenden Verbandsprozess betr die AGB eines Luftfahrtunternehmens erachtete der OGH ua die Klausel als intransparent, wonach „[b]ei Widersprüchen zwischen den vorliegenden Beförderungsbedingungen und unseren Regelungen [...] die Beförderungsbedingungen Vorrang [haben].“ Mit „Regelungen“ der Bekl werden nach Art 1 der ABB die Regelungen im Dokument „Regelungen von R* zu bestimmten Themen“ bezeichnet, die von Zeit zu Zeit gültig sind. Die in der Klausel enthaltene Vorrangregelung ändert nichts an der Intransparenz, zwingt sie den Verbraucher doch dazu, im Einzelfall zu beurteilen, ob die „Regelungen“ der Bekl (im Dokument „Regelungen von R* zu bestimmten Themen“) mit den Beförderungsbedingungen im Widerspruch zueinander stehen oder nicht.

OGH 18. 3. 2022, 6 Ob 127/21a

Entscheidung

Weiters erwies sich hier eine Klausel als unzulässig, wonach sich die Flugzeiten, die auf der Bestätigung/Reiseroute oder anderswo verzeichnet sind, zwischen dem Buchungsdatum und dem Reisedatum ändern können (iSd § 6 Abs 2 Z 3 KSchG unzulässiges einseitiges Leistungsänderungsrecht bzw intransparent).

Eine Haftungsklausel betr Personenschäden (Tod oder Verletzung von Fluggästen) beurteilte der OGH als zumindest intransparent, weil wesentliche Informationen weggelassen wurden und ihr Fehlen geeignet ist, beim Adressaten eine unrichtige Vorstellung von seinen Rechten zu erwecken und ihn von der Verfolgung berechtigter Ansprüche abzuhalten. Ob die Klausel auch zum Nachteil des Verbrauchers von Art 21 Abs 2 MÜ abweicht, musste nicht mehr beantwortet werden.

Nach dem Wortlaut einer weiteren Klausel sollte die Begrenzung der Haftung für Verspätungsschäden lediglich in Fällen grober Fahrlässigkeit nicht gelten. Der durchschnittliche Verbraucher bezieht den Begriff „grobe Fahrlässigkeit“ im vorliegenden Zusammenhang nicht in eindeutiger Weise auch auf vorsätzliches Verhalten. Eine entsprechende Verdeutlichung in der Klausel wäre der Bekl leicht möglich und zumutbar. Die Klausel ist daher geeignet, den Verbraucher bei vorsätzlicher Schadensverursachung von der Geltendmachung eines Verspätungsschadens über den Höchstbeträgen abzuhalten. Das ErstG hat in dieser Klausel ohne Rechtsirrtum einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG gesehen.

Im Übrigen berücksichtigt die Klausel auch Art 22 Abs 2 MÜ nicht, wonach der Luftfrachtführer bei Wertdeklaration des Gepäcks durch den Verbraucher und Entrichtung des verlangten Zuschlags jedenfalls bis zur Höhe des angegeben Betrags Ersatz zu leisten hat, sofern er nicht nachweist, dass dieser höher ist als das tatsächliche Interesse des Reisenden an der Ablieferung am Bestimmungsort. Auch dies ist geeignet, den Verbraucher von der Geltendmachung eines den Höchstbetrag übersteigenden Verspätungsschadens abzuhalten.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32518 vom 11.05.2022