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Verbandsklage: AGB – Streaming von Sportveranstaltungen

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

KSchG: § 6, § 9, § 28, § 29

VGG: § 3, § 27

Ob § 27 VGG (Änderung der digitalen Leistung) die Bestimmung des § 6 Abs 2 Z 3 KSchG bei der Regelung der Zulässigkeit einer einseitigen Vertragsänderung verdrängt, konnte hier offen bleiben: Die inkriminierte Klausel „Höhere Gewalt“ (in den AGB der bekl Anbieterin von Onlinediensten zur Übertragung von Sportveranstaltungen) verleiht der Bekl klar erkennbar kein „Leistungsänderungsrecht“ und die Klausel betr „gelegentliche Veränderungen“ der Streaminginhalte ist jedenfalls intransparent: Neben § 27 VGG findet nämlich jedenfalls § 6 Abs 3 KSchG Anwendung, zumal das VGG keine dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG entsprechende Bestimmung enthält (§ 27 Abs 1 Z 3 VGG betrifft nur die Information über die Leistungsänderung, nicht die Vereinbarung des Änderungsrechts selbst). Im Vertrag muss die Leistungsänderung damit nicht nur vorgesehen sein (§ 27 Abs 1 Z 1 VGG), sondern die betreffende Vertragsbestimmung muss, wenn sie in AGB enthalten ist, auch klar und verständlich abgefasst sein (e contr § 6 Abs 3 KSchG).

Zu der bisherigen Regelung in § 9 KSchG, dass Gewährleistungsrechte des Verbrauchers vor Kenntnis des Mangels nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden können (Halbs 1), ordnet HalbS 2 des § 9 KSchG idF BGBl I 2021/175 seit dem 1. 1. 2022 an, dass „beim Kauf von Waren sowie bei der Bereitstellung digitaler Leistungen [...] das Verbrauchergewährleistungsgesetz zu beachten [ist]“. Letzteres stellt nach den ErläutRV (949 BlgNR 27. GP 48) einen Gesetzesverweis dar. Die Mat merken dazu an, dass § 3 VGG den Charakter der Bestimmungen des VGG als zugunsten des Verbrauchers relativ zwingendes Recht zum Ausdruck bringe. Zumal § 3 VGG Vereinbarungen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den Bestimmungen des VGG abweichen, für unwirksam erklärt, „es sei denn, die Vereinbarung wird erst geschlossen, nachdem der Verbraucher den Unternehmer vom Mangel verständigt hat“ (wohingegen § 9 KSchG vertragliche Vereinbarungen zulasten des Verbrauchers ab „Kenntnis“ des Mangels erlaubt), und damit eine § 9 HalbS 1 KSchG zwar ähnliche, aber von ihm im Detail abweichende Bestimmung enthält, ergibt sich aus den Mat klar, dass aufgrund des Gesetzesverweises des § 9 KSchG fortan für die Frage des Gewährleistungsausschlusses sowohl beim Kauf von Waren als auch – hier interessierend – bei der Bereitstellung digitaler Leistungen allein das VGG gilt.

OGH 28. 3. 2025, 8 Ob 145/24t

Sachverhalt

Die Bekl ist eine der führenden Anbieterinnen von Onlinediensten zur Übertragung von Sportveranstaltungen. Sie bietet ihre Leistungen ua Verbrauchern im gesamten österreichischen Bundesgebiet an. Ihr Streaming-Angebot besteht ausschließlich aus Sportinhalten. Mit ihm können die Kunden der Bekl – nach Abschluss eines entsprechenden Abonnements – auf internetfähigen Geräten für eine Vielzahl unterschiedlicher Sportarten Live-Sport-Übertragungen, zeitversetzt aufgezeichnete Sportereignisse und Rückschauen auf Sportereignisse sowie Sportdokumentationen ansehen. Die Bekl verwendet im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Nutzungsbedingungen, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt.

Der Kl, ein gem § 29 KSchG klageberechtigter Verband, begehrt va, der Bekl gem § 28 KSchG die Verwendung von und die Berufung auf 15 Klauseln ihrer AGB und die Verwendung von und die Berufung auf sinngleiche Klauseln zu untersagen. Die 15 Klauseln verstießen gegen gesetzliche Gebote bzw Verbote und/oder die guten Sitten. Die faktischen Modalitäten der Vergabe von Lizenzen seien für ihre Beurteilung irrelevant.

Das ErstG gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Das BerufungsG bestätigte das Ersturteil. Abgesehen von 2 Klauseln bestätigte der OGH die Urteile der Vorinstanzen. Die unzulässigen Klauseln wurden ua als intransparent, gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB sowie gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG verstoßend beurteilt.

Hinsichtlich der Salvatorischen Klausel sah der OGH keine Intransparenz iSd § 6 Abs 3 KSchG.

Da die Parteien betr die Klausel zur höheren Gewalt die Anwendbarkeit des VGG im Verfahren übersehen haben – und damit auch zum einen dessen §§ 3, 4 iVm §§ 18 ff (Gewährleistung), zum anderen dessen § 27 (Leistungsänderung; mag diesbezüglich auch schon im Ansatz nicht ersichtlich sein, dass eine Leistungsänderungsmöglichkeit vorliegt), war zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung in Bezug auf diese Klausel mit Urteilsaufhebung vorzugehen.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36924 vom 09.07.2025