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*Ergebnis einer Umfrage unter 225 Steuerberater:innen und Rechtsanwält:innen (Mai 2024) durchgeführt von IPSOS im Auftrag von LexisNexis Österreich.
UWG: § 1, § 1a, § 2, § 14, Anhang
Mit dem inkriminierten Schreiben teilte die bekl Fitnessstudio-Betreiberin ihren Kunden mit, dass sie „durch diverse Indexanpassungen, Erhöhungen der Energiekosten und weitere wirtschaftliche Faktoren“ „gezwungen“ sei, die Preise für ihre Mitgliedschaften zu erhöhen; wolle ein Kunde diese Preisanpassung nicht akzeptieren, stehe ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht zum Jahresende zu, ansonsten gelte die Preisanpassung als akzeptiert. Nach dem Vertrag ist der Mitgliedsbeitrag nur auf Basis des VPI wertgesichert; zur einseitigen Erhöhung darüber hinaus ist die Bekl nicht berechtigt. Mit diesem Erhöhungsschreiben sollte nun der Mitgliedsbeitrag im Wege einer Zustimmungsfiktion erhöht und ein bestimmter Vertragspunkt geändert werden. Das Schreiben wurde von der bekl Fitnessstudio-Betreiberin vorformuliert und allen ihren Mitgliedern zur Kenntnis gebracht. Bei der Passage, die die Zustimmung zur einseitigen Erhöhung des Entgelts an ein Nichthandeln der Kunden knüpft, handelt es sich um eine Klausel, die einer AGB-Kontrolle nach § 28a KSchG zugänglich ist.
Das auf § 28a KSchG gestützte Unterlassungsgebot ist auch gerechtfertigt: § 6 Abs 1 Z 2 KSchG erachtet Vertragsbestimmungen als unzulässig, nach denen ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung gilt, es sei denn, der Verbraucher wird bei Beginn der hiefür vorgesehenen Frist auf die Bedeutung seines Verhaltens besonders hingewiesen und hat zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eine angemessene Frist. Hier wird mit dem Erhöhungsschreiben nur auf eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit und auf die Folgen eines Nichthandelns hingewiesen, nicht jedoch auf eine einfache Widerrufsmöglichkeit. Nach dem Inhalt des Erhöhungsschreibens hatten die Verbraucher lediglich die Wahl, die Änderung zu akzeptieren oder den Vertrag zu kündigen. § 6 Abs 1 Z 2 KSchG will aber gerade verhindern, dass Verbraucher durch Nichtabgabe einer Erklärung ohne vorherigen Hinweis an Vertragsänderungen gebunden werden.
Darüber hinaus haben die Vorinstanzen das Unterlassungsgebot zutreffend auch auf das UWG gestützt, weil eine aggressive Geschäftspraktik nach § 1a Abs 1 UWG vorliegt, die auch von der Kl (Bundesarbeitskammer) geltend gemacht werden kann (§ 14 UWG). Das Erhöhungsschreiben erweckte den irreführenden Eindruck, dass die Kunden nur die Wahl hatten, die außerordentliche (und ohne vertraglicher Grundlage vorgenommene) Entgelterhöhung stillschweigend zu akzeptieren oder den Vertrag zu kündigen. Nicht angeführt wurde die naheliegende Variante, dass der Vertrag im Rahmen des bisher Vereinbarten bestehen bleibt, zumal jegliche Erhöhung über die Wertsicherung hinaus von einer Zustimmung der Kunden abhängt. Die Fähigkeit der Verbraucher eine informierte Entscheidung (über den Bestand und Inhalt des weiteren Vertragsverhältnisses) zu treffen, wurde dadurch wesentlich eingeschränkt. Damit lag durch diese Irreführung im Anlassfall eine unzulässige Beeinflussung vor.
Entscheidung
Kein Verstoß gegen Z 30 des Anhangs UWG
Die Kl machte hier ua auch einen Verstoß gegen Z 30 der „schwarzen Liste“ (Anhang zum UWG) geltend, weil die Bekl im Erhöhungsschreiben mehrfach auf ihre prekäre Lage hingewiesen habe.
Der Anhang definiert mit Z 30 eine Geschäftspraktik bei einem ausdrücklichen Hinweis gegenüber dem Verbraucher als aggressiv, „dass Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sind, falls der Verbraucher das Produkt oder die Dienstleistung nicht erwirbt“. Bei verständiger Würdigung ist aus dem Erhöhungsschreiben gerade nicht abzuleiten, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt der Bekl gefährdet sein soll. Umso weniger findet sich ein (für Z 30 erforderlicher) Hinweis, dass mit der Nichtzahlung des Erhöhungsbetrags eine solche Gefährdung verbunden sein soll.
Einen Verstoß gegen Z 30 des Anhangs UWG hat das BerufungsG daher zutreffend verneint.
Einziehung der erhöhten Mitgliedsbeträge
Kein Verstoß gegen ZaDiG
Die Vorinstanzen haben einen Verstoß gegen das ZaDiG bejaht, weil für den erhöhten Betrag keine Zustimmung der Mitglieder vorgelegen und die Einziehung daher insoweit nicht autorisiert gewesen sei. Der Senat schließt sich dieser Rechtsansicht nicht an:
Die Autorisierung eines vom Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgangs (bspw bei der Lastschrift) setzt nicht voraus, dass der Zahler einen genauen Betrag angeben muss, was sich ua aus § 70 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 ergibt (arg „bei der Autorisierung der genaue Betrag nicht angegeben wurde“). Zur Bestimmtheit der Autorisierungserklärung gehört die Bestimmung des Zahlungsempfängers; nicht notwendig sind hingegen die Festlegung von Zahlungszeitpunkt und Zahlungsbetrag. Beim SEPA-Lastschriftverfahren erteilt der Zahler dem Zahlungsempfänger ein Mandat, auf dessen Grundlage dieser berechtigt ist, beim Zahlungsdienstleister des Zahlers (Zahlstelle) eine Zahlung an ihn zu bewirken, wobei genauer Zeitpunkt oder Höhe des Betrages bei Erteilung des Mandats idR noch nicht feststehen.
Vorliegend wurde die Bekl gem der Mitgliedsvereinbarung und den AGB zur Einziehung der „zu entrichtenden Zahlungen“ via Lastschrift (§ 4 Z 22 ZaDiG) ermächtigt, ohne dass dabei eine genaue Höhe genannt oder festgestellt wurde. Damit lag eine Zustimmung für die Einziehung der Mitgliedsbeiträge vor (vgl auch § 58 Abs 1 und 2 ZaDiG) und auch bezüglich der konkreten Höhe kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder Gebot iSd § 28a KSchG – dies auch mit Blick auf den möglichen Rechtsbehelf nach § 70 ZaDiG.
Auch ein Verstoß gegen das UWG ist nicht erkennbar.
Kein Verstoß gegen UWG
Entgegen den Ausführungen des BerufungsG kann in der Vorgangsweise der Bekl noch keine aggressive Geschäftspraktik iSd § 1a UWG gesehen werden, weil mit Blick auf die Einzugsermächtigung (ohne konkreten Betrag) und wegen des Erstattungsanspruchs gem § 70 ZaDiG (dazu zB Graf in ÖBA 2020, 235) bzw auch weiterer Ansprüche aus Vertrag und unzulässiger Bereicherung die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit der Verbraucher jedenfalls nicht wesentlich in unlauterer Weise beeinträchtigt wurde, dass diese veranlasst wurden, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die sie sonst nicht getroffen hätten.
Der Senat kann daher im automatischen Einzug eines mangels wirksamer Änderung überhöhten Betrags noch keine unlautere Beeinträchtigungshandlung nach § 1a UWG erblicken.
Die Kl machte iZm der Einziehung der erhöhten Mitgliedsbeiträge unter Bezugsnahme auf einen behaupteten Vertragsbruch auch einen Verstoß gegen die Generalklausel des § 1 UWG geltend. Ein Vertragsbruch verstößt aber nur dann gegen § 1 UWG, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass die Vertragserfüllung aus sittlich verwerflichen Gründen unterblieben ist (RS0078872). So erschöpft sich die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung va dort nicht im vertraglichen Unrecht, wo sich ein Unternehmer über sie hinwegsetzt, um die Vertragstreue seiner Mitbewerber zum eigenen Vorteil im Wettbewerb für sich auszunützen (RS0078872 [T8]). Im Anlassfall stellt weder das Vorbringen noch das Klagebegehren besondere Umstände dar, wonach die die von der Kl beanstandete Lauterkeitsrechtsverletzung durch die Bekl bereits aufgrund eines Vertragsbruchs zu bejahen wäre.
Beseitigungsanspruch nach § 15 UWG?
In Anwendung des § 15 UWG wurde die Bekl von den Vorinstanzen schuldig erkannt, „alle Verbraucher, die zwischen [...] eine Mitgliedschaftsvereinbarung mit der Bekl abgeschlossen haben und denen ohne deren ausdrücklicher und freiwilliger Zustimmung ein im Vergleich zum Vertragsabschlusszeitpunkt erhöhter Mitgliedsbeitrag von ihrem Konto [...] eingezogen wurde, [...] über das gegenständliche Urteil zu informieren und [...] darauf hinzuweisen, dass Verbrauchern die vollständige Rückzahlung von zu Unrecht eingezogenen Beträgen zusteht.“ Weiters wurde die Bekl iZm § 15 UWG auch verpflichtet, „in ihren Fitnessstudios über das Urteil […] zu informieren und […] darauf hinzuweisen, dass Verbrauchern die vollständige Rückzahlung von zu Unrecht eingezogenen Beträgen zusteht.“
Die im Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen zur Berechtigung eines derartigen auf § 15 UWG gestützten Folgenbeseitigungsanspruchs müssen schon aus den folgenden Erwägungen nicht geklärt werden, sodass auch das angeregte Vorabentscheidungsersuchen nicht erforderlich ist:
Da ein Verstoß gegen § 1a UWG verneint wurde, muss schon deshalb ein lauterkeitsrechtlicher Beseitigungsanspruch in der Gestalt der Information an die Kunden über die Einziehung und den damit verbundenen Rückforderungsanspruch scheitern.
Darüber hinaus ist das Begehren unbestimmt und eignet sich nicht zur Exekutionsführung, sodass der entsprechende Beseitigungsanspruch auch aus diesem Grund zu verneinen ist. Dem angestrebten Titel liegt kein bestimmtes Begehren zugrunde: Es ergibt sich kein wie immer gearteter Hinweis darauf, wer konkret unter die im Urteilsspruch genannten „Verbraucher“ fällt. Im Anlassfall steht nicht fest, bei welchen konkreten Kunden höhere als ursprünglich vereinbarte Mitgliedsbeiträge von deren Konten eingezogen wurden, ohne dass diese Verbraucher dem „ausdrücklich und freiwillig“ zugestimmt hätten. Damit bleibt gerade unklar, wann die mit dem Urteil angestrebte Beseitigung eintritt.
Das BerufungsG hat in diesem Zusammenhang nur knapp darauf hingewiesen, dass diese Frage „allenfalls im Exekutionsverfahren geklärt werden muss“. Dabei wird freilich übersehen, dass es eben zu keiner Verlagerung des Rechtsstreits über den Inhalt des Anspruchs in das Exekutionsverfahren (oder auch in ein nachfolgendes Oppositionsverfahren) kommen darf (3 Ob 194/09i, RdW 2010/446). Es ist eben gerade nicht Aufgabe des Exekutionsverfahrens oder eines nachfolgenden Oppositionsprozesses die titulierte Verpflichtung über den Wortlaut des Exekutionstitels hinaus auszuweiten (RS0125606).
Wenn die Kl in der Revisionsbeantwortung den Standpunkt vertritt, dass die relevante Gruppe der Verbraucher von der Bekl „ganz klar zu bestimmen ist“ übersieht sie, dass die bloße Bestimmbarkeit anhand von Kriterien, die außerhalb des Exekutionstitels ermittelt werden müssten, nicht ausreicht.
Auch dem (ebenfalls auf § 15 UWG gestützten) Urteil über die Informations- und Hinweispflicht in den Fitnessstudios liegt kein bestimmtes Begehren zugrunde, weil zum einen offen bleibt, welche „Verbraucher“ gemeint sind (siehe dazu oben) und zum anderen auch die Passage „von zu Unrecht eingezogenen Beträgen“ den konkreten Umfang der Informationspflicht wegen des unbestimmten Begriffs offen lässt.
Eine Umdeutung in einen weiteren Antrag auf Urteilsveröffentlichung durch Aushang verbietet sich schon im Hinblick auf das ausdrücklich gegenteilige Vorbringen.
Urteilsveröffentlichung
Bei erfolgreicher Geltendmachung eines Unterlassungsbegehrens nach § 28a KSchG besteht ein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung (vgl § 30 Abs 1 KSchG iVm § 25 UWG; 3 Ob 199/23w, Rz 65 ff, Rechtsnews 35470). Zudem ist der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung wegen einer Verbandsklage nach dem KSchG ident mit jenem nach dem UWG, weil § 30 KSchG auf § 25 UWG verweist (zum Gleichklang vgl etwa 4 Ob 80/23b, Rz 71, RdW 2024/195; RS0121963 [T3]).
Die Vorinstanzen haben das Urteilsveröffentlichungsbegehren dem Grund nach und auch vom Umfang her zu Recht bejaht, um Verbraucher darüber aufzuklären, dass das vorliegende Verhalten zur Erhöhung der Mitgliedsbeiträge unzulässig ist. Der Umstand, dass der zweite Teil des Unterlassungsbegehrens und das Beseitigungsbegehren abzuweisen ist, ändert nichts am Anspruch auf Veröffentlichung des stattgebenden Teils des Urteils.