Dieser Inhalt ist frei verfügbar. Mit einem Abonnement der RdW erhalten Sie die Zeitschrift in Print und vollen digitalen Zugriff im Web, am Smartphone und Tablet. Mehr erfahren…
Testen Sie
ALLE 13 Zeitschriftenportale
30 Tage lang kostenlos.
Der Zugriff endet nach 30 Tagen automatisch.
Nach der Rsp des OGH ist „Verwender“ von AGB oder Formblättern grundsätzlich (nur) derjenige, der Partei des Vertrags ist. Damit ist der Vertrag gemeint, der unter Zugrundelegung der AGB oder Vertragsformblätter geschlossen wurde oder werden soll. Demgegenüber reicht das bloße „Verfassen“ oder „Auflegen“ von AGB oder Vertragsformblättern für die Passivlegitimation (als „Verwender“) nicht aus.
Diese Judikatur wurde in der Vergangenheit zwar bereits auf jene Personen ausgedehnt, die ein erhebliches Eigeninteresse an der Verwendung der AGB oder Formblätter durch einen Dritten hatten.
Ein bloßes Provisionsinteresse am Vertragsabschluss eines Dritten (dessen Vertrag die AGB oder Formblätter zugrunde gelegt wurden [werden sollen]) reicht hingegen nicht aus, um die grundsätzlich auf den (potentiellen) Vertragspartner des Verbrauchers beschränkte Passivlegitimation als „Verwender“ iSd § 28 Abs 1 KSchG auf den am Vertragsabschluss bloß wirtschaftlich interessierten Vermittler auszudehnen.
OGH 16. 12. 2019, 1 Ob 193/19t
Entscheidung
Die Bekl vermittelt als Immobilienmaklerin Kauf- und Mietobjekte. Beabsichtigt ein Interessent, ein Mietangebot an einen Vermieter oder ein Kaufangebot an einen Verkäufer zu richten, überlässt sie ihm dazu ein vorformuliertes Formular. Möchte der Interessent dieses Formblatt nicht verwenden, kann er sein Miet- bzw Kaufangebot auch selbst formulieren.
Die Bekl bot den Miet- und Kaufinteressenten die von ihr erstellten Angebotsformblätter bloß zum „fakultativen“ Gebrauch an. Die Konsumenten konnten demnach frei bestimmen, ob sie diese verwenden oder ihr Miet- bzw Kaufangebot selbst formulieren wollten. Damit lag es alleine an ihnen, zu entscheiden, ob der Miet- oder Kaufvertrag auf Basis des von der Bekl vorformulierten Angebots und der darin enthaltenen (beanstandeten) Klauseln zustande kommt. Von einer „zumindest drohenden Verwendung“ der Formblätter (vgl RS0065718) kann in diesem Fall nicht gesprochen werden, sodass das BerufungsG die Bekl zu Recht nicht als deren „Verwenderin“ qualifizierte, liegt es hier doch gerade nicht am Unternehmer (weder an der Bekl noch am potentiellen Verkäufer bzw Vermieter; vgl zu diesem Kriterium Kühnberg, Die konsumentenschutzrechtliche Verbandsklage [2006] 74), sondern am Verbraucher, die inkriminierten Klauseln zum Vertragsinhalt zu erheben.
Mit der Zurverfügungstellung der Formblätter sind für die Bekl auch keine besonderen Vorteile verbunden, die ein „erhebliches Eigeninteresse“ an deren Verwendung und damit die Passivlegitimation der Bekl wertungsmäßig rechtfertigen würden. Eine allfällige (keinesfalls sichere) Verwendung der Angebotsformblätter würde die Vertragsverhandlungen zwar wohl vereinfachen, dies liegt aber primär im Interesse der künftigen Vertragspartner der vermittelten Verträge (va im Interesse des jeweiligen Vermieters bzw Verkäufers), nicht hingegen in jenem der Bekl. Dass mit der Zurverfügungstellung der Formblätter als „Serviceleistung“ allenfalls (nicht fassbare) geschäftliche Vorteile für die Bekl verbunden sein mögen, lässt ein ihre Passivlegitimation rechtfertigendes „erhebliches“ Eigeninteresse nicht erkennen. Auch der in den Angeboten enthaltene Hinweis auf eine Provision der Bekl begründet ein solches nicht, vermag sie ihren Provisionsanspruch doch nicht (allein) auf eine solche einem Dritten gegenüber abgegebene (vorformulierte) Wissenserklärung zu stützen. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ergibt sich das erhebliche Eigeninteresse der Bekl auch nicht daraus, dass sie durch Übergabe der Formblätter ihre – gegenüber ihren Kunden bestehende – Informationspflicht als Maklerin erfülle, sehen die Formblätter doch eine Erklärung des Kunden an den Vermieter bzw Verkäufer der Wohnung und nicht eine solche der Bekl an den Kunden vor. Letztlich scheitert die Qualifikation der Bekl als „Verwenderin“ der Angebotsformblätter auch daran, dass die Kl in erster Instanz – trotz Erörterung der Passivlegitimation der Bekl – gar nicht vorbrachte, aufgrund welcher tatsächlichen Umstände ihr ein erhebliches Eigeninteresse an der Verwendung der Formblätter beim Abschluss der vermittelten Verträge zukommen soll.
Dass die Bekl den Konsumenten den Gebrauch der „Musterangebote“ iSd zweiten Variante des § 28 Abs 1 KSchG „empfohlen“ hätte, hat die Kl – die sich in erster Instanz nur auf eine „Verwendung“ durch die Bekl gestützt hatte – nicht behauptet. Auf diesen Tatbestand (für die Passivlegitimation) ist daher nicht weiter einzugehen, zumal der OGH jüngst aussprach, dass ein (wie hier) nur auf „Unterlassung der Verwendung“ gerichtetes Begehren für eine auf den zweiten Tatbestand des § 28 Abs 1 KSchG („Empfehlen“) gestützte Verbandsklage nicht ausreicht (6 Ob 56/19g, Rechtsnews 28428).