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Verbreitung unrichtiger Tatsachen iZm Fiakern

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

ABGB: § 1330

Der Folder des Bekl richtet sich mit Hervorhebung an durchaus prominenter und hervorhebender Stelle (im Subtitel, aber auch später im Text) gegen die Tätigkeit konkret von Fiakerunternehmen in drei österr Städten, nämlich Wien, Innsbruck und Salzburg.

Die Kl führt in einer dieser Städte einen Fiakerbetrieb und verwendet die Bezeichnung „Fiakerbetrieb“ als Bestandteil ihrer Firma. Im Rahmen der Rsp hat das BerufungsG die Aktivlegitimation der Kl zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen Verletzung des § 1330 ABGB bejaht und sie als Betroffene der beanstandeten Aussage angesehen. Für die persönliche Betroffenheit des Einzelnen ist die Namensnennung nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn die Identifizierbarkeit nur für einige mit dem Betroffenen im Kontakt stehende Personen besteht.

Das Begehren der Kl bezieht sich nicht auf die Äußerung des Werturteils, es solle vom Betrieb und der Nutzung von Fiakern aus Gründen des Tierschutzes Abstand genommen werden, das auf den im Folder aufgezählten „FIAKER-FAKTEN“ aufbaut, sondern allein auf seine Behauptung über die (faktischen) Folgen der Nutzung von Fiakern für Menschen. Die Frage, ob überhaupt, wo und wie oft „Unfälle mit Fiakern“ mit welchen Verletzungen für Menschen (hier: tödlich) enden, ist kein „Wert“-Urteil. Selbst bei starkem öffentlichem Interesse am „Umwelt- und Tierschutzthema“ rechtfertigen es auch (gesellschafts-)politischer Protest und die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung nicht, im Rahmen der öffentlichen Debatte darüber eine – für das Unternehmen der Kl abträgliche – unrichtige Tatsache zu verbreiten.

Da sich der Bekl durch den Folder mit dem Titel und mit großem Fettdruck und Schriftgröße besonders hervorgehoben der (aufklärenden) Darlegung von „FIAKER-FAKTEN“ rühmt, muss er sich bei den Aussagen zu diesen Fakten auch an diesem Maßstab (dem Tatsächlichen) messen lassen. Der Folder prangert an, dass nur mehr in drei Städten als „einzigen Städte[n] in Österreich“ die Besichtigung mittels Fiaker möglich sei. Darin wird die Anzahl der Unternehmungen in diesen drei Städten (als eigener Punkt) genannt, und es wird neben der bildlichen Darstellung einer Großstadt (Wolkenkratzer) auf „Menschenmassen“ in der Stadt sowie darauf verwiesen, dass eine Großstadt keine Steppe ist. Angesichts dessen bedarf die Auslegung der Vorinstanzen keiner Korrektur im Einzelfall, wonach die Behauptung in diesem Folder über „[i]mmer wieder auftretende Unfälle, die manchmal leider sogar mit schweren bis tödlichen Verletzungen von Menschen [...] enden“, aufgrund des Gesamtzusammenhangs so verstanden werde, dass sie sich auf die im Folder genannten Städte beziehe (und damit auch auf den Sitz der Kl), nicht aber „im Allgemeinen“ auf kein bestimmtes Land.

Die inkriminierte Äußerung ist auch nicht im Hinblick auf zwei Fiakerunfälle mit Todesfolgen im Bezirk Zwettl und in Bad Ischl „zumindest als im Kern wahr anzusehen“. Der Folder nennt zum einen ausdrücklich die Städte Wien, Innsbruck und Salzburg und hebt zum anderen das Leid der Pferde in der „Großstadt“ hervor. Dass es sich bei Zwettl und Bad Ischl nicht um Großstädte handelt, ist aber gerichtsnotorisch.

Ebenso wenig korrekturbedürftig ist die Ansicht, die genannte Formulierung werde so aufgefasst, dass darunter Verletzungen zu verstehen seien, die (in der Vergangenheit) tatsächlich den Tod von Menschen herbeigeführt haben.

Dass dem Bekl mit der Entscheidung „[e]ine Kritik iZm dem Tierschutz-Thema von Fiakerpferden in Städten verunmöglicht“ werde und dies Zensur bedeutete, ist nicht zu teilen, darf er doch seine Meinung – auf Basis zutreffender Fakten – weiter äußern und wird ihm nur eine einzelne – nach den Feststellungen unzutreffende – Aussage untersagt (ein Teil eines von mehr als 35 Sätzen auf dem zweiseitigen Folder).

OGH 20. 3. 2024, 6 Ob 39/24i

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35467 vom 28.05.2024