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Abstract
Der Bf beantragte im Rahmen seines Einkommensteuerverfahrens die Anwendung der Progressionsermäßigung des § 37 Abs 2 EStG auf seinen Anteil des Aufgabegewinn einer Personengesellschaft. In der Erklärung der Einkünfte für Personengesellschaften war jedoch bereits der für den Bf weniger vorteilhafte Freibetrag für Veräußerungsgewinne gem § 24 Abs 4 EStG anerkannt worden. Das BFG hatte sich nun mit den verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen der Geltendmachung dieser beiden Begünstigungsbestimmungen zu befassen.
BFG 4. 9. 2023, RV/7102533/2021
Sachverhalt
Im Jahr 2021 stellte der Bf den Antrag, den anteiligen Aufgabegewinn aus seiner Mitunternehmerschaft gem § 37 Abs 2 EStG auf drei Jahre zu verteilen. Irrtümlich war dieser Gewinn im Jahr 2018 vom Bf nicht erklärt worden. Das Finanzamt setzte die Einkünfte aus Betriebsveräußerung fest und nahm keine Drei-Jahres-Verteilung vor. Im Rahmen des Feststellungsverfahrens sei bereits der Freibetrag gem § 24 Abs 4 EStG in Anspruch genommen worden, dies schließe die Progressionsbegünstigung aus. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Bf.
Entscheidung des BFG
§ 24 Abs 4 EStG sieht einen Freibetrag für Veräußerungsgewinne von EUR 7.300 vor. Gem § 37 Abs 2 Z 1 EStG sind über Antrag Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24 EStG gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind. Wird von dieser Progressionsermäßigung Gebrauch gemacht, steht dem Steuerpflichtigen gem § 24 Abs 4 TS 1 EStG der Freibetrag nicht mehr zu Verfügung. Die beiden Begünstigungsbestimmungen schließen einander also aus. Nur dann, wenn der Steuerfreibetrag nach § 24 Abs 4 EStG 1988 nicht geltend gemacht wird, sind die Tarifbegünstigungen des § 37 EStG offen (vgl VwGH 25. 6. 2020, Ra 2019/15/0016).
Nach der stRspr des VwGH ist aus dem Normengefüge und der Systematik der BAO über das Feststellungsverfahren nach § 188 BAO abzuleiten, dass alle Feststellungen, die gemeinschaftlich erzielte Einkünfte betreffen, im Feststellungsverfahren getroffen werden sollen. Der Steuerfreibetrag nach § 24 Abs 4 EStG mindert den steuerlichen Gewinn und ist damit bei Mitunternehmerschaften im Rahmen des Verfahrens nach § 188 Abs 1 BAO zu berücksichtigen (VwGH 26. 1. 2023, Ro 2022/15/0006). Anders ist das bei § 37 Abs 2 EStG. Über die Anwendbarkeit dieser Begünstigung ist erst im Einkommensteuerverfahren abzusprechen (VwGH 25. 6. 2020, Ra 2019/15/0016). Wird der Freibetrag daher, wie im vorliegenden Fall, im Rahmen des Feststellungsverfahrens zugesprochen, kann im Einkommensteuerverfahren die Progressionsermäßigung nicht mehr geltend gemacht werden.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen. Die Revision wurde nicht zugelassen und soweit ersichtlich auch noch nicht erhoben.
Conclusio
Das Ergebnis des BFG steht in Einklang mit der stRspr des VwGH: Der Freibetrag des § 24 Abs 4 EStG ist im Feststellungsverfahren zu prüfen; die Progressionsbegünstigung des § 37 Abs 2 EStG erst im Einkommensteuerverfahren. Wird der Freibetrag allerdings zugesprochen, dann kann die Progressionsbegünstigung jedenfalls nicht mehr geltend gemacht werden.
Dieses Ergebnis stellt den Steuerpflichtigen jedoch verfahrensrechtlich vor eine Herausforderung: Denn möchte der Steuerpflichtige die Progressionsermäßigung geltend machen, darf er im Feststellungsverfahren den Freibetrag nicht beantragen. Wird § 37 Abs 2 EStG in der Folge aber nicht zugesprochen, so ist auch die Begünstigung des § 24 Abs 4 EStG verwirkt (zu dieser Problemstellung im Detail siehe Reisch, AVR 2023, 177).