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Verfall einer Unionsmarke wegen Irreführung

Bearbeiter: Sabine Kriwanek / Bearbeiter: Barbara Tuma

UMV: Art 58

Nach Art 58 Abs 1 lit c UMV wird die Unionsmarke auf Antrag beim Amt oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt, wenn die Marke in Folge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insb über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen irrezuführen.

Für den Verfall einer Unionsmarke nach Art 58 Abs 1 lit c UMV ist entscheidend, ob eine Unionsmarke allein durch ihre Benutzung als solche zu einer Irreführung des Publikums insb über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen führen kann. Die Irreführungseignung muss sich auf die Merkmale und die Eigenschaften des gekennzeichneten Produkts beziehen. Dies gilt etwa auch für eine Traditionsangabe in der Unionsmarke, die nachträglich zu Fehlvorstellungen über Qualitätsmerkmale des gekennzeichneten Produkts führt. Auch in einem solchen Fall wird die Irreführungseignung allein durch die Benutzung der Marke als solche herbeigeführt.

OGH 15. 3. 2021, 4 Ob 221/20h

Entscheidung

Die hier zu beurteilende Unionsmarke verbindet den Familiennamen „Pauscha“ mit der Traditionsangabe „since 1875“ und nimmt damit auf die rund 150-jährige Familientradition der Familie Pauscha bei der Herstellung der bezeichneten Holzfässer Bezug. Eine derart lange Tradition im Fassbau verbindet das Publikum, auch wenn es sich dabei um Winzer handelt, mit besonderen Vorstellungen zur Qualität und Güte der bezeichneten Produkte, die sich darauf gründen, dass bei der Produktion auf eine besonders große Erfahrung zurückgegriffen werden kann und sich der Produktionsprozess bzw die dafür maßgebenden Qualitätsmerkmale über viele Jahrzehnte bewährt haben. In diesem Sinn ist in der Rsp auch anerkannt, dass das Publikum mit dem Hinweis auf eine langjährige Tradition auch besondere Erfahrungen und Qualitätsvorstellungen verbindet (vgl RS0078638).

Die Traditionsangabe „since 1875“ betrifft damit nicht nur die Unternehmenskontinuität, sondern va die Herstellungs- bzw Handwerkstradition der Familie Pauscha bei der Herstellung der „Pauscha-Fässer“ und damit spezielle Qualitätsmerkmale dieses Produkts. Für die Einhaltung dieser Qualitätsmerkmale ist nach den Vorstellungen des Publikums (insbesondere auch der Winzer) va die Herstellungsart bzw Herstellungsmethode und die Daubenstärke der Pauscha-Fässer maßgebend, zumal die Bauweise für den Geschmack des Weines entscheidend ist.

Tatsächlich stellt die Bekl aber keine Pauscha-Holzfässer her, sondern Fässer nach der Tradition der italienischen Familie G*****, der nunmehrigen Eigentümerfamilie der Bekl. Dafür verwendet die Bekl eine andere Herstellungsart und dickere Hölzer. Diese Unterschiede wirken sich auf den Geschmack des Weines aus und geben diesem eine Geschmacksnote, die das Publikum gerade nicht mit der Verwendung von Pauscha-Holzfässern verbindet.

Die Irreführungseignung durch die Benutzung der Unionsmarke betrifft somit die Art und Beschaffenheit der gekennzeichneten Produkte iSd Art 58 Abs 1 lit c UMV, weshalb dieser Verfallsgrund gegeben ist.

Das Argument der Bekl, dass die Unternehmerfamilie G***** selbst über ein umfassendes Fachwissen und eine lange Tradition bei der Herstellung von Holzfässern verfüge, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil die fragliche Unionsmarke auf die Handwerkstradition der Familie Pauscha und nicht auf jene der nunmehrigen Eigentümerfamilie der Bekl Bezug nimmt.

Soweit die Bekl eine Teillöschung nur für Holzfässer anstrebt, weil sie mit der Unionsmarke nur Holzfässer gekennzeichnet habe, zur Verwendung der Marke für die übrigen Waren und Dienstleistungen aber nichts festgestellt sei, entgegnet der OGH, dass die nach Art 58 Abs 2 UMV maßgebende Irreführungseignung auch für alle anderen Produktgattungen gelten würde. Hinzu kommt, dass sich die Waren- und Dienstleistungsklasse 20 auf Holzfässer bezieht und auch Tonnen und Garstände dieser Warengattung zugeordnet werden können; die Klassen 37 und 40 sind Leistungen in Bezug auf die Herstellung oder Reparatur von Holzfässern, weshalb die Verwendung der Unionsmarke für Holzfässer auch diese Dienstleistungen erfasst.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 30886 vom 14.05.2021