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BAO: §§ 212a 216
Abstract
Im vorliegenden Fall sprach das Finanzamt (FA) bescheidmäßig über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung einer Abgabe ab und stellte diese fällig, obwohl der zugrundeliegende Leistungsbescheid vom BFG aufgehoben wurde. Das BFG sprach sich für einen Wegfall der Zahlungsschuld und damit auch der Verpflichtung zur bescheidmäßigen Feststellung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung aus. Der VwGH kam jedoch zum Ergebnis, dass der Ablauf der Aussetzung der Einhebung weiterhin mit Bescheid zu verfügen ist und die Abgabenschuld durch eine (gleichzeitig zu verbuchende) Gutschrift am Abgabenkonto des Steuerpflichtigen wegfällt.
VwGH 27. 8. 2024, Ra 2023/15/0064
Sachverhalt und Verfahrensgang
Die mitbeteiligte Partei brachte Beschwerde gegen einen Stundungszinsenbescheid vom 9. 8. 2016 ein und beantragte gleichzeitig die Aussetzung der Einhebung der Stundungszinsen. Diese wurde vom FA am 18. 10. 2017 bewilligt. Das BFG hob den Stundungszinsenbescheid in der Folge mit Erk v 20. 2. 2018 auf. Mit Bescheid vom 1. 2. 2023 verfügte das FA schließlich den Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Stundungszinsen und ersuchte – trotz Aufhebung des Stundungszinsenbescheids durch das BFG – um deren Entrichtung. Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde.
Das FA legte die Beschwerde direkt dem BFG vor und führte aus, dass der Ablauf der Aussetzung der Einhebung mit Bescheid verfügt werden muss und die Stundungszinsen danach aufgrund der Beschwerdestattgebung durch das BFG wieder storniert wurden. Das BFG gab aber der Beschwerde der nunmehr mitbeteiligten Partei statt und führt dazu aus, dass der Zweck des Ablaufs der Aussetzung der Einhebung darin liegt, die Beendigung des Zahlungsaufschubs für die strittige Abgabe zu erreichen. Wird der Abgabenschuldtitel durch die Rechtsmittelentscheidung aufgehoben, falle die Leistungsverpflichtung für die Abgabe aber weg. Die Einhebung der Abgabe sei damit hinfällig und ein Ablauf der Aussetzung der Einhebung der Abgabe sei nicht zu verfügen. Gegen dieses Erk erhob das FA eine ao Revision an den VwGH.
Entscheidung des VwGH
Nach der stRsp des VwGH ist der Ablauf der Aussetzung anlässlich des Ergehens einer der in § 212a Abs 5 BAO angeführten Beschwerdeerledigungen zwingend zu verfügen. Die Verfügung hat mittels Bescheides durch die Abgabenbehörde zu erfolgen (VwGH 11. 9. 1997, 96/15/0173; 22. 1. 2001, 2000/17/0266; 24. 10. 2016, Ro 2014/17/0064). Das Erk des BFG vom 20. 2. 2018 ist ein Anlassfall des § 212a Abs 5 BAO, wodurch der Ablauf der Aussetzung der Einhebung mit Bescheid zu verfügen war. Andererseits obliegt auch die Verbuchung der sich aus der Entscheidung des BFG ergebenden Gutschrift an Stundungszinsen der Abgabenbehörde (vgl Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 280 Tz 17). Ein allfälliger Streit über die Richtigkeit der Gebarung ist im Verfahren nach § 216 BAO auszutragen. Das Erk des BFG war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Conclusio
Die Lösung des VwGH wirkt im ersten Moment kontraintuitiv. So wird die Abgabenschuld, deren Einhebung ausgesetzt wurde, trotz einer den Leistungsanspruch aufhebenden Rechtsmittelentscheidung in voller Höhe bescheidmäßig fällig gestellt. Dabei ist aber zu beachten, dass das Finanzamt aufgrund der aufhebenden Rechtsmittelentscheidung des BFG gleichzeitig zur Verbuchung einer Gutschrift in Höhe der einzuhebenden Abgabenschuld verpflichtet ist. Es kommt daher in einer saldierten Betrachtung zu keiner Belastung des Steuerpflichtigen. Die Lösung des BFG hätte diesen Weg lediglich abgekürzt: Statt der Fälligstellung unter gleichzeitiger Ausstellung einer Gutschrift wäre der Abgabenanspruch einfach ohne Ausstellung einer Gutschrift verfallen. Da beide Lösungen zum selben Ergebnis kommen, gibt es aber keinen Grund, von der klaren gesetzlichen Vorgabe des § 212a Abs 5 BAO abzuweichen, der zwingend eine Verfügung über den Ablauf der Aussetzung vorsieht (vgl etwa Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 212a Rz 28 mwN). Unterlaufen der Abgabenbehörde Fehler bei der Verbuchung am Steuerkonto, kann über die Richtigkeit der Gebarung gem § 216 BAO auf Antrag des Steuerpflichtigen mit Abrechnungsbescheid abgesprochen werden. Ein solches Verfahren kann (ua siehe auch Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 216 Rz 2) über die Frage geführt werden, ob die aus einem Abgabenbescheid resultierende Verbuchung deshalb rechtswidrig war, weil der Abgabenbescheid wieder aufgehoben und keine Gutschrift verbucht wurde (vgl VwGH 28. 6. 2016, 2013/17/0873; 30. 3. 2017, Ra 2016/16/0032; 10. 6. 2020, Ra 2018/13/0109). Ein solcher Fall würde vorliegen, wenn die Abgabenbehörde nur die ausgesetzte Abgabenschuld fällig stellt, aber keine entsprechende Gutschrift ausstellt. Daher ergibt sich aus der Entscheidung des VwGH auch kein Rechtsschutzdefizit für den Steuerpflichtigen.