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GebG: § 28 Abs 1 Z 1, § 33 TP 5 Abs 1 Z 1
Abstract
Die Rechtsvorgängerin der Bf schloss im Jahr 2014 einen Bestandsvertrag ab. Die Mieterin erhob gegen den entsprechenden Gebührenbescheid noch im Jahr 2014 Beschwerde, die durch das Finanzamt dem BFG erst im Jänner 2015 zur Entscheidung vorgelegt wurde. Im Jahr 2020 wurde, nach Löschung der Mieterin, die Bf für die Gebührenschuld in Anspruch genommen. Fraglich war nun, ob die Beschwerdevorlage eine fristverlängernde Amtshandlung iSd § 209 Abs 1 BAO darstellt, oder mit Ablauf des Jahres 2019 die Festsetzungsverjährung eingetreten war.
VwGH 9. 6. 2023, Ra 2021/16/0067
Sachverhalt
Am 29. 4. 2014 schloss die Rechtsvorgängerin der Bf einen Mietvertrag über ihr Bestandsobjekt mit der PS GmbH als Mieterin ab. Am 28. 8. 2014 wurde der Mieterin gem § 33 TP 5 Abs 1 Z 1 GebG eine Bestandgebühr festgesetzt. Noch im Jahr 2014 erhob die Mieterin Beschwerde, über die mit Beschwerdevorentscheidung abgesprochen wurde. Ein Vorlageantrag wurde am 26. 11. 2014 gestellt und am 26. 1. 2015 inklusive Vorlagebericht dem BFG vorgelegt.
Im Jahr 2018 wurde die Mieterin wegen Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht; 2020 stellte das BFG das Beschwerdeverfahren ein.
Mit Bescheid vom 26. 11. 2020 wurde der Bf als Rechtsnachfolgerin der Vermieterin gem § 28 Abs 1 Z 1 GEbG als Gesamtschuldnerin die Mietvertragsgebühr vorgeschrieben. Dagegen erhob die Bf Beschwerde: Ihrer Ansicht nach sei die Festsetzungsverjährung bereits eingetreten.
Entscheidung des VwGH
Die Gebührenschuld ist im vorliegenden Fall unstrittig am 29. 4. 2014 bei Abschluss des Bestandvertrages entstanden. Die Verjährungsfrist hat mit Ablauf des Jahres 2014 begonnen und beträgt gem § 207 Abs 2 BAO fünf Jahre. Die Verjährungsfrist wäre daher grundsätzlich mit Jahresende 2019 abgelaufen. Werden allerdings innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen unternommen, so verlängert sich gem § 209 Abs 1 BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr.
Vor dem VwGH war nun fraglich, ob die Beschwerdevorlage inklusive Vorlagebericht im Jänner 2015 eine die Verjährungsfrist verlängernde Amtshandlung der Abgabenbehörde im Sinn des § 209 Abs 1 BAO darstellt.
Um die Verjährungsfrist gem § 209 Abs 1 BAO zu verlängern, muss die Amtshandlung aus dem Amtsbereich der Behörde hinaustreten, und nach außen wirksam und erkennbar sein (VwGH 30. 10. 2003, 99/15/0098). Eine bescheidmäßige Erledigung ist nicht notwendig, vielmehr ist jede Handlung erfasst, die nach außen erkennbar den Zweck verfolgt, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen. Bei Gesamtschuldverhältnissen wirken Amtshandlungen fristverlängernd gegen alle Gesamtschuldner (VwGH 21. 5. 2007, 2007/16/0014).
Die im Vorlagebericht enthaltene Stellungnahme mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, ist auf die Erledigung der von der Mieterin erhobenen Beschwerde und damit auch die Geltendmachung des Abgabenanspruches gerichtet. Sie stellt eine einwandfrei nach außen erkennbare Amtshandlung dar, die von der sachlich zuständigen Abgabenbehörde stammt. Daher ist der Vorlagebericht mit der Verlängerungswirkung nach § 209 Abs 1 BAO versehen. Die Beschwerde gegen den Gebührenbescheid war daher abzuweisen.
Conclusio
Der VwGH legt in seiner stRspr der Verlängerungshandlung iSd § 209 Abs 1 BAO ein weites Verständnis zugrunde (Fiala, AVR 2022, 257 [258]). Um verjährungsfristverlängernd zu wirken, muss die Amtshandlung nicht gegen den Abgabenschuldner persönlich gerichtet sein (VwGH 10. 6. 1991, 90/15/0115); tatsächlich müssen sie dem Abgabenschuldner nicht einmal zur Kenntnis gelangen (zB 8. 9. 2005, 2003/17/0235). Dass die Beschwerdevorlage geeignet ist, die Verjährungsfrist zu verlängern, setzt daher die bestehende Judikaturlinie konsequent fort.