News

Verletzung des Rechts am eigenen Bild – Solidarhaftung für immateriellen Schaden

Bearbeiter: Sabine Kriwanek

UrhG: § 78, § 87, § 89

Gemäß § 87 Abs 2 iVm § 78 UrhG kann der Geschädigte eine angemessene Entschädigung für die in keinem Vermögensschaden bestehenden Nachteile verlangen, die er durch die Verletzung des Rechts am eigenen Bild erlitten hat. Die Bestimmung gewährt dem Verletzten einen Anspruch auf Ersatz seines immateriellen Schadens. Dieser kann sowohl in reinen Gefühlsschäden und in der Verletzung geistiger Interessen („Kränkung im engeren Sinn“) als auch in der Beeinträchtigung des äußeren Bereichs der Persönlichkeit (Minderung des Ansehens, Rufschädigung) bestehen. Immaterieller Schaden ist ganz allgemein Persönlichkeitsminderung im weitesten Sinn des Wortes. Die Entschädigung nach § 87 Abs 2 UrhG gebührt nur bei einer ernsten Beeinträchtigung des Verletzten, die den mit jeder Zuwiderhandlung verbundenen natürlichen Ärger überschreitet. Maßgeblich ist nicht allein das subjektive Empfinden des Verletzten, sondern ob und in welchem Ausmaß seine Persönlichkeit im weitesten Sinn in objektivierbarer Weise beeinträchtigt wird.

Soweit derselbe Anspruch auf Schadenersatz (§ 87 Abs 1 bis 3 UrhG) gegen mehrere Personen begründet ist, haften sie zur ungeteilten Hand (§ 89 UrhG). Bei unbefugten Veröffentlichungen in unterschiedlichen Medien innerhalb einer kurzen Zeitspanne handelt es sich auch nicht um selbstständige punktuelle Eingriffe, die einen eigenen (getrennten) Schaden verursachen, wenn die Verletzungshandlungen – wie hier – in einem derart engen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und überdies derselben Mediengruppe zuzuordnen sind.

Schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen besteht eine Solidarhaftung, wenn die Verletzung auf einem gezielten Zusammenwirken mehrerer Personen beruht. In einem solchem Fall der Mittäterschaft folgt die Solidarhaftung schon aus § 1301 ABGB, sodass es insoweit eines Rückgriffs auf § 89 UrhG nicht bedarf. Hingegen ist in der Lehre umstritten, ob die in § 89 UrhG angeordnete Solidarhaftung über die grundsätzliche zivilrechtliche Regelung des § 1302 ABGB hinausgeht.

Nach überwiegender Auffassung in der Lehre normiert § 89 UrhG entgegen § 1302 ABGB selbst bei fahrlässiger Nebentäterschaft und abgrenzbaren Kausalbeiträgen eine Solidarhaftung der (mehreren) Täter. Für die überwiegende Ansicht sprechen der vom Gesetzgeber genannte Zweck der Norm im UrhG („Erleichterung der Rechtsverfolgung“, weil mehrere Schädiger „nicht nur in den in § 1302 ABGB bestimmten Fällen, sondern stets zur ungeteilten Hand haften“; EB zur RV des UrhG 1936, abgedruckt bei Dillenz, Mat zum österreichischen Urheberrecht [1986] 179) und der Umstand, dass die Anordnung der Solidarhaftung sonst keine eigenständige Bedeutung hätte. Das wiegt schwerer als das ausschließlich auf den Wortlaut gründende Argument, dass die Solidarhaftung nur eintrete, soweit gegen mehrere Verletzer „derselbe“ Anspruch bestehe und im Übrigen bei Verletzung eines Immaterialgüterrechts kein größeres Schutzbedürfnis des Geschädigten als nach allgemeinem Zivilrecht auszumachen sei. Hinzukommt, dass der Gesetzgeber seine Wertung trotz der daran geäußerten Kritik anlässlich der Einführung von § 7 Abs 5 ZugangskontrollG aufrechterhalten und – unter Verweis auf § 89 UrhG und § 17 UWG – klargestellt hat, dass die Solidarhaftung „für alle Fallkonstellationen (nicht nur jene des § 1302 ABGB)“ gilt (ErläutRV 99 BlgNR 21. GP 17).

OGH 26. 3. 2025, 6 Ob 32/25m

Entscheidung

Nach überwiegender Auffassung normiert § 89 UrhG entgegen § 1302 ABGB selbst bei fahrlässiger Nebentäterschaft und abgrenzbaren Kausalbeiträgen eine Solidarhaftung der (mehreren) Täter (St. Korn in Handig/Hofmarcher/Kucsko, urheber.recht3 § 89 UrhG Rz 4 ff mwN; Thiele in Dillenz/Gutman/Thiele/Burgstaller , UrhG 3 § 89 Rz 14; Ciresa in Ciresa, Urheberrecht § 89 UrhG Rz 1; zum [inhaltsgleichen] § 17 UWG etwa: H. Torggler, Probleme des Schadenersatzes im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, ÖBl 1976, 57 [61]; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 564.1 f; zum [inhaltsgleichen] § 153 PatentG: Anderl/Heinzl in Stadler/Koller, PatG § 153 Rz 15 ff). Nach einer Mindermeinung wiederholt § 89 UrhG nur die allgemeinen Grundsätze, die sich aus § 1302 ABGB ergeben (Koziol, Haftpflichtrecht II 3 A/5/Rz 323; Rummel in Koziol, Haftpflichtrecht II 2 304; zum [inhaltsgleichen] § 17 UWG: Duursma-Kepplinger in M. Gumpoldsberger/Baumann, UWG § 17 Rz 3). Nach einer vermittelnden Auffassung könne eine Solidarhaftung von Nebentätern trotz Bestimmbarkeit der Schadensanteile dann angedacht werden, wenn der Schaden durch mehrere gemeinschaftlich handelnde Mittäter fahrlässig verursacht werde, während es für – unabhängig voneinander handelnde – Nebentäter (und Feststellbarkeit der Anteile) bei der Rechtsfolge des § 1302 ABGB bleibe (G. Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek UWG 2 § 17 Rz 8 ff). Vereinzelt wird vertreten, dass § 89 UrhG eine bloße Beweislastvorschrift sei. Die Bestimmung ordne eine Beweislastumkehr zu Lasten des nachweislich zumindest teilkausalen Schädigers hinsichtlich des Gesamtschadens an (Görg, Einer für alle und alle für einen? Zur Frage, wer im Lauterkeits- und Immaterialgüterrecht zur ungeteilten Hand haftet?, ÖBl 2017, 72 [74]; derselbe, UrhG § 89 Rz 8, derselbe, UWG § 17 Rz 10).

Der OGH hat zur Auslegung von § 89 UrhG bislang nicht ausdrücklich Stellung genommen, aber in einem obiter dictum zum inhaltsgleichen § 153 PatentG 1970 eine Präferenz für die überwiegende Ansicht in der Lit geäußert (4 Ob 3/15t, RdW 2016/136).

Für die überwiegende Ansicht sprechen der vom Gesetzgeber genannte Zweck der Norm im UrhG („Erleichterung der Rechtsverfolgung“, weil mehrere Schädiger „nicht nur in den in § 1302 ABGB bestimmten Fällen, sondern stets zur ungeteilten Hand haften“; EB zur RV des UrhG 1936, abgedruckt bei Dillenz, Mat zum österreichischen Urheberrecht [1986] 179) und der Umstand, dass die Anordnung der Solidarhaftung sonst keine eigenständige Bedeutung hätte. Das wiegt schwerer als das ausschließlich auf den Wortlaut gründende Argument, dass die Solidarhaftung nur eintrete, soweit gegen mehrere Verletzer „derselbe“ Anspruch bestehe und im Übrigen bei Verletzung eines Immaterialgüterrechts kein größeres Schutzbedürfnis des Geschädigten als nach allgemeinem Zivilrecht auszumachen sei. Hinzukommt, dass der Gesetzgeber seine Wertung trotz der daran geäußerten Kritik (vgl etwa H. Torggler , ÖBl 1976, 57 [61]) anlässlich der Einführung von § 7 Abs 5 ZugangskontrollG aufrechterhalten und – unter Verweis auf § 89 UrhG und § 17 UWG – klargestellt hat, dass die Solidarhaftung „für alle Fallkonstellationen (nicht nur jene des § 1302 ABGB)“ gilt (ErläutRV 99 BlgNR 21. GP 17).

Die Ausführungen in der Revision, wonach die Voraussetzungen der Solidarhaftung nach § 1302 ABGB nicht gegeben seien, weil die Anteile der Schädiger (klar) bestimmbar seien, gehen nicht von der hier anwendbaren Norm aus. Warum die Geltendmachung des Gesamtschadens gegen einen von mehreren Schädigern den verfassungsgesetzlich geschützten Verfahrensgarantien in Zivil- und Strafsachen nach Art 6 EMRK widersprechen soll, ist nicht nachvollziehbar.

Zusammengefasst besteht daher eine Solidarhaftung der Bekl für den (gesamten) dem Kl aufgrund der (unzulässigen) Serienberichterstattung entstandenen immateriellen Schaden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36769 vom 26.05.2025