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Nach Art 4.I.3 AVBV (iVm Art B.7.1 Besondere Bedingungen) bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche “wegen Schadenstiftung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Machtgebers (Berechtigten) oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung“. Für den Verstoß genügt es, dass der Versicherungsnehmer seine Pflichtverletzung(en) positiv gekannt hat und der Pflichtverstoß für den Schaden ursächlich war, wofür bedingter Vorsatz genügt: Das Wort „wissentlich“ erstreckt sich nur auf das Abweichen ua von den Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers und muss nicht auch die Schadensfolgen umfassen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Versicherungsnehmer die Verbotsvorschrift in ihrem genauen Wortlaut oder ihrem genauen Umfang kannte; wesentlich ist allein das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Handlungsweise.
Die Kardinalaufgabe des Rechtsanwalts – die Wahrung der Rechte der Treugeberin – beinhaltet im hier gegebenen Zusammenhang die Pflicht, die Berechtigung einer Person zu überprüfen, die für die Treugeberin einschreitet – hier insb eine allfällige Bevollmächtigung einer dritten Person. Im vorliegenden Fall hatte die Käuferin dem Rechtsanwalt einen ausdrücklich schriftlichen Treuhandauftrag erteilt und behielt sich die schriftliche Zustimmung zur Auszahlung vor. Der Treuhandvertrag kann daher nur so verstanden werden, dass auch eine Bevollmächtigung schriftlich nachzuweisen ist. Ein solcher Nachweis kann durch einen Vertrag des Gläubigers mit der Treugeberin nicht ersetzt werden; gerade davor ist die Treugeberin zu schützen. Der Rechtsanwalt begnügte sich jedoch damit, aus dem Mandatsvertrag zwischen der Treugeberin und deren Gläubiger eine Bevollmächtigung des Gläubigers durch die Treugeberin abzuleiten, ohne irgendeine Überprüfungshandlung zu setzen (Rückfrage bei der Treugeberin oder ihres Vertreters). Der Rechtsanwalt ließ es bei seinem durch nichts unterstützten Verständnis bewenden, obwohl ein solches Verständnis des Mandatsvertrags schon rein formal den Treuhandauftrag zur Wahrung der Interessen der Treugeberin und Käuferin von vornherein obsolet gemacht hätte.
Zudem wusste der Rechtsanwalt nach den Feststellungen, dass der Kaufgegenstand - ein Sub-Fonds eines Umbrella-Fonds (SICAV) – entgegen den Vereinbarungen zwischen Treugeberin und Gläubiger nicht errichtet worden war; er zahlte dennoch ohne Rücksprache das Entgelt aus. Auch wenn die Überprüfung der Errichtung im Verhältnis zwischen Treugeberin und Kl nicht als Auszahlungsbedingung ausdrücklich erörtert wurde, gehört es doch zur Interessenwahrungspflicht des Treuhänders, den Treuhandzweck nicht dadurch zu unterlaufen, dass er Zahlungen an den Gläubiger leistet, obwohl er weiß, dass die zwischen Treugeberin und Gläubiger vereinbarten Bedingungen nicht eingetreten sind.
Entscheidung
Im vorliegenden Fall war das Vorliegen des Risikoausschlusses nach Art 4.I.3 AVBV iVm Art B.7.1 Besondere Bedingungen somit zu bejahen: Der Rechtsanwalt war allein aufgrund des Mandatsvertrags von einer Bevollmächtigung des Gläubigers durch die Treugeberin ausgegangen, hatte vor Auszahlung der Treuhandgelder entgegen dem Treuhandauftrag keine schriftliche Vollmacht der Treugeberin oder ihres bereits bekannten Bevollmächtigten an den begünstigten Gläubiger verlangt – ja nicht einmal die angenommene, die Treuhand selbst aber konterkarierende Bevollmächtigung überprüft – und bewusst gegen seine Interessenwahrungspflicht verstoßen, indem er ohne Rücksprache die Auszahlung vornahm, obwohl er wusste, dass die Auszahlungsbedingungen laut Mandatsvertrag zwischen begünstigtem Gläubiger und Treugeberin noch nicht eingetreten waren.