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Vermögensverlust aus einer Veruntreuung als außergewöhnliche Belastung?

Bearbeiter: Vanessa Aichstill / Bearbeiter: / Samuel Loibl

EStG 1988: § 34

VwGG: § 42 Abs 1

Abstract

Im Zuge einer Veruntreuung von Geldern durch einen Steuerberater war vor dem VwGH die Frage zu klären, ob der dadurch entstandene Vermögensverlust als außergewöhnliche Belastung gem § 34 EStG geltend gemacht werden kann. Da dieser Verlust aber der Vermögensphäre zuzuordnen ist und es sich begrifflich auch um keine Ersatzbeschaffung handelt, war die Revision als unbegründet abzuweisen.

VwGH 19. 5. 2020, Ro 2018/13/0016, Ro 2018/13/0018

Sachverhalt

Der Revisionswerber erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Rahmen einer Personengesellschaft. Dabei wurde er Opfer einer durch eine Steuerberatungskanzlei verübten Veruntreuung. In Folge ging er davon aus, die seiner Meinung nach bereits entrichtete Einkommensteuervorauszahlung erneut einzahlen zu müssen und machte diese als außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 geltend. Denn der Revisionswerber habe zwar der Kanzlei eine Geldvollmacht erteilt, diese decke aber naturgemäß keine Veruntreuung der Gelder ab. Das BFG wies in Folge die Beschwerde mit Verweis auf die Judikatur des deutschen BFH, in der dieser das Vorliegen der Außergewöhnlichkeit und der Zwangsläufigkeit bei Aufwendungen aufgrund Vermögensschäden durch Betrug verneinte (vgl BFH 19. 5. 1995, III R 12/92, BStBl II 95, 774), ab. Allerdings erachtete das BFG mangels bisher bestehender Rsp die Revision als zulässig, woraufhin sich der Revisionswerber mittels einer ordentlichen Revision an den VwGH wandte.

Erwägungen des VwGH

Strittig war, ob ein Vermögensschaden aufgrund einer Veruntreuung von Geldern durch einen Steuerberater eine außergewöhnliche Belastung darstellt. Eine außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1998 liegt dann vor, wenn die Belastung (i) außergewöhnlich ist, (ii) zwangsläufig erwächst und (iii) die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt. Die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen ist ein Ausfluss des Leistungsfähigkeitsprinzips. Es soll nur jenes Einkommen der Besteuerung unterworfen werden, über welches der Stpfl auch tatsächlich verfügen kann (vgl Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 34 Tz 3). Erst über jenes Einkommen, dass den notwendigen Lebensbedarf übersteigt, kann der Stpfl frei verfügen. Rein persönliche Verhältnisse, die keine steuerliche Leistungsfähigkeit indizieren, sollen steuerfrei bleiben. Vorweg hält der VwGH fest, dass im vorliegenden Fall eine, wie der Revisionswerber behauptet, doppelte Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung nicht erfolgte. Der zuerst bezahlte und insofern veruntreute Betrag stellt vielmehr einen bloßen Vermögensverlust und keine Entrichtung der Einkommensteuervorauszahlung dar. Die Einkommensteuer wurde daher in Summe nur einmal entrichtet. Aufwendungen, die nicht der Einkommenssphäre, sondern der Vermögenssphäre entstammen, können grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Der Verlust von Vermögen ist nur ausnahmeweise eine außergewöhnliche Belastung (siehe VwGH 12. 9. 1989, 88/14/0163; Fuchs, aaO, Tz 28), etwa bei der Wiederbeschaffung von lebensnotwendigen Gütern (vgl VwGH 16. 12. 1998, 96/13/003, VwSlg 7338/F). Außerdem müssen für eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung die mit dem Vermögensverlust in ursächlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen für die Ersatzbeschaffungen sowie der Vermögensverlust selbst zwangsläufig entstanden sein (vgl VwGH 28. 5. 1980, 1104/78). Bei der Veruntreuung von Geldern könnte daher nur eine Ersatzbeschaffung auf eine außergewöhnliche Belastung hinweisen. Im gegenständlichen Fall werden aber weder lebensnotwendige Güter wiederbeschafft noch handelt es sich begrifflich um eine Ersatzbeschaffung. Eine außergewöhnliche Belastung war daher zu verneinen und folglich die Revision als unbegründet gem § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Conclusio

Ein Vermögensverlust aufgrund einer Veruntreuung von Geldern durch einen Steuerberater stelltkeine außergewöhnliche Belastung dar. Eine allenfalls als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigende Ersatzbeschaffung liegt nicht vor. Eine mögliche Betriebsausgabe ist im Feststellungsverfahren der Personengesellschaft zu klären.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 29401 vom 17.07.2020