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Verpachtung des Klientenstocks und Betriebsaufgabe

Bearbeiter: Birgit Bleyer / Bearbeiter: Barbara Tuma

EStG 1988: § 24

Im Falle der Verpachtung eines Klientenstocks (hier: eines Wirtschaftstreuhänders) ist erst dann von einer Betriebsaufgabe auszugehen, wenn konkrete Umstände objektiv darauf schließen lassen, dass der Verpächter – nach einer allfälligen Beendigung des Pachtverhältnisses – mit dem vorhandenen Klientenstock nicht mehr in der Lage ist, seinen Betrieb fortzuführen, oder sonst das Gesamtbild der Verhältnisse für die Absicht des Verpächters spricht, den Betrieb nach Auflösung des Pachtvertrages nicht mehr weiterzuführen.

Ein Klientenstock kann im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe nicht in das Privatvermögen entnommen werden. Wesentliche Betriebsgrundlagen können nämlich nur dann in das Privatvermögen überführt werden, wenn sie für eine Privatnutzung geeignet sind oder wegen Wertlosigkeit eine andere betriebliche Verwendung ausschließen. Ein Klientenstock eignet sich aber nicht zur Privatnutzung und kann daher auch nicht „im Rahmen einer Betriebsaufgabe“ entnommen und in der Folge „als Privatvermögen“ verpachtet werden; vielmehr liegen weiterhin Einkünfte aus selbstständiger Arbeit vor.

VwGH 14. 9. 2017, Ro 2015/15/0027

Sachverhalt

Der Revisionswerber ist Wirtschaftstreuhänder. Mit 1. 1. 1999 verpachtete er den Klientenstock seiner Steuerberatungskanzlei an eine GmbH, an der er selbst zu 25 % und seine Ehefrau zu 49 % beteiligt waren.

Im Pachtvertrag wurde ua vereinbart, dass der Revisionswerber für die GmbH zumindest für 3 Jahre zumindest 10 Stunden pro Woche als Dienstnehmer tätig sein solle. Die GmbH verpflichtete sich ua, die Klienten bei Beendigung des Pachtverhältnisses „rückzuführen“ und die Klientenunterlagen und -akten so zu führen, dass der Revisionswerber die Klienten bei Beendigung des Pachtvertrages weiterhin betreuen könne.

Der Revisionswerber verzichtete zunächst bis zum 31. 12. 2008 auf die Ausübung seines Kündigungsrechts und verlängerte diesen Kündigungsverzicht dann Ende 2002 bis zum 31. 12. 2018.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung des Jahres 2002 teilte der Revisionswerber dem Finanzamt mit, seinen Betrieb im Jahr 2002 durch Verpachtung aufgegeben zu haben. Bei der Ermittlung des Aufgabegewinns wurde der gemeine Wert des verpachteten Klientenstocks mit null angesetzt und der Freibetrag gem § 24 Abs 4 EStG in Anspruch genommen. Die Einkünfte aus der Verpachtung des Klientenstocks wurden in der Folge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt.

In der Steuererklärung für das Jahr 2005 teilte der Revisionswerber mit, dass die Verpachtung des Klientenstocks beendet worden sei.

Als im Zuge einer Außenprüfung im Jahr 2012 festgestellt wurde, dass der Revisionswerber den Klientenstock mit Kaufvertrag vom 5. 1. 2005 um € 245.000,- an die GmbH veräußert hatte, nahm das Finanzamt ua das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2005 wieder auf und erließ einen geänderten Sachbescheid, nach dem dieser Verkaufserlös eine nachträgliche Einnahme aus selbstständiger Arbeit darstelle.

In seiner Berufung stützte sich der Revisionswerber va darauf, dass die für das Jahr 2002 erklärte Betriebsaufgabe durch Verpachtung vom Finanzamt anerkannt und die Einkommensteuer entsprechend veranlagt worden sei. Im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe sei der Klientenstock das einzige wesentliche Betriebsvermögen seiner Steuerberatungskanzlei gewesen, das er im Zuge dieser Betriebsaufgabe in sein Privatvermögen übernommen habe. Er habe mit dem Klientenstock in der Folge Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Wäre der Klientenstock noch Betriebsvermögen gewesen, hätten mit diesem niemals Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden können.

Das BFG wies die Beschwerde des Revisionswerbers ab.

Entscheidung

Betriebsaufgabe noch nicht mit Verpachtung

Nach Ansicht des VwGH hat sich der Revisionswerber erst mit der Veräußerung des Klientenstocks im Streitjahr 2005 endgültig der Möglichkeit begeben, die Klienten entweder selbst oder im Wege einer weiteren Verpachtung zu betreuen und daraus Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu erzielen.

Dass bei freiberuflich Tätigen der Kundenbindung und dem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Klienten maßgebliche Bedeutung zukommt und eine Beendigung des Betriebes bei Überlassung des Klientenstocks durch einen Wirtschaftstreuhänder an eine mit ihm gesellschaftsrechtlich verflochtene GmbH nicht ohne weitere konkrete Umstände betreffend die fehlende Möglichkeit oder fehlende Absicht zur Weiterführung des Betriebs nach einer allfälligen Beendigung des Pachtverhältnisses, hat der VwGH schon ausgespochen (vgl VwGH 19. 2. 1997, 94/13/0206, ÖStZB 1998, 130).

Auch im Revisionsfall fehlt es nach Ansicht des VwGH an Anzeichen dafür, dass der Revisionswerber mit dem Abschluss des Pachtvertrages mit der GmbH, die seinen Familiennamen trägt und deren Gesellschafter er und seine Ehefrau unverändert geblieben waren, das persönliche Vertrauensverhältnis zu seinen Klienten beendet und sich endgültig der Möglichkeit begeben hätte, im Falle der Auflösung des Pachtvertrages die Klienten weiter zu betreuen, zumal er sich die „Rückführung der Klienten“ bei Auflösung der Pachtvereinbarung ausdrücklich ausbedungen hat.

Dass das Finanzamt die vom Revisionswerber im Jahr 2002 erklärte „Entnahme“ des Klientenstocks zu einem Wert von Null ebenso unbeanstandet ließ wie die Erklärung der strittigen Einkünfte unter der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung in den Jahren 2003 und 2004, steht der Beurteilung des Klientenstocks als Betriebsvermögen im Jahr 2005 nicht entgegen. Die Abgabenbehörde ist nämlich verpflichtet, das Vorliegen von Betriebsvermögen für jedes Veranlagungsjahr unabhängig von allfälligen früheren Fehlbeurteilungen zu prüfen.

Keine Überführung ins Privatvermögen möglich

Aber selbst unter der Annahme einer Betriebsaufgabe im Jahr 2002 wäre für den Standpunkt des Revisionswerbers, der Klientenstock stelle im Jahr 2005 bereits Privatvermögen dar, nach Ansicht des VwGH nichts zu gewinnen: In das Privatvermögen können wesentliche Betriebsgrundlagen nämlich nur überführt werden, wenn sie für eine Privatnutzung geeignet sind oder wegen Wertlosigkeit eine andere betriebliche Verwendung ausschließen (vgl Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 24 Tz 31).

Ein Klientenstock eignet sich nicht zur Privatnutzung und Wertlosigkeit lag hier gleichfalls nicht vor - wie der 2005 erzielte Veräußerungserlös für den Klientenstock zeigt.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 24539 vom 22.11.2017