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VfGH: Aufgabenübertragung an die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) verstößt gegen die Verfassung

Bearbeiter: Jürgen Romstorfer

ABBAG-Gesetz

Abstract

Der VfGH hatte sich mit der Verfassungskonformität der Übertragung der im ABBAG-Gesetz genannten Aufgaben an die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) sowie allgemein mit deren Auszahlung von Finanzhilfen auseinanderzusetzen. Dabei kam das Höchstgericht zum Ergebnis, dass die Regelungen betreffend COFAG im ABBAG-Gesetz teilweise verfassungswidrig sind. Daneben hob der VfGH auch Teile der als Verordnung erlassenen Richtlinien für die Auszahlung von Finanzhilfen durch die COFAG als gesetzwidrig auf.

VfGH 5. 10. 2023, G/172/2022; 5. 10. 2023, G/265/2022; 5. 10. 2023, V/139/2022; 5. 10. 2023, V/145/2022; 5. 10. 2023, V/236/2022

Sachverhalt

Im Zuge der COVID-19 Pandemie errichtete die ABBAG im Auftrag des Bundesministers für Finanzen die Covid-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG). Die Tätigkeiten der COFAG umfassten im Wesentlichen die Gewährung von Finanzhilfen, um die Zahlungsfähigkeit von Unternehmen sicherzustellen und Liquiditätsprobleme hintanzuhalten. Dafür wurde die COFAG vom Bund finanziell so ausgestattet, dass sie Finanzhilfen bis höchstens 19 Milliarden Euro gewähren kann. Bei ihren Tätigkeiten ist die COFAG an Richtlinien gebunden, die vom Bundesminister für Finanzen gemeinsam mit dem Vizekanzler als Verordnung erlassen wurden. Anlass für die Verfahren vor dem VfGH war ein Antrag der Wiener Lokalbahnen Verkehrsdienste GmbH, nachdem die COFAG einen beantragten Fixkostenzuschuss aufgrund des Ausschlusses von öffentlichen Unternehmen nicht gewährt hatte.

Entscheidung des VfGH

Die Entscheidungen des VfGH lassen sich in zwei wesentliche Teilbereiche untergliedern: (1) Die Zulässigkeit der Aufgabenübertragung an die COFAG und (2) die Verfassungsmäßigkeit der Verordnungen zur Auszahlung von Finanzhilfen durch die COFAG, in denen ua der Kreis der begünstigten Unternehmen festgelegt wurde.

Zur Zulässigkeit der Aufgabenübertragung an die COFAG führt der VfGH eingangs aus, dass die Tätigkeit der COFAG trotz der Aufgabenübertragung im Rahmen der staatlichen Privatwirtschaftsverwaltung dennoch in die staatliche Verwaltung fällt. Dies leitet das Höchstgericht aus dem organisatorischen Naheverhältnis zum Bund (dieser ist Alleingesellschafter) und dem funktionellen Naheverhältnis zum Bund ab. Für die Zulässigkeit der Ausgliederung bedarf es dreier Voraussetzungen: (1) Die Aufgabenübertragung muss dem verfassungsrechtlichen Effizienz- und Sachlichkeitsgebot entsprechen, (2) es dürfen nur einzelne Aufgaben und keinesfalls Kernaufgaben des Staates ausgegliedert werden und (3) es muss eine Leitungsbefugnis durch ein Organ der Exekutive gegeben sein. Bei der Ausgliederung erkennt der VfGH einen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot, weil die COFAG nicht über die notwendige Sachausstattung verfügt und weil keine wesentlichen und selbständig zu erledigende Aufgaben vorliegen. Dies begründet der VfGH vor allem damit, dass die Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen den Finanzämtern obliegt. Verfassungswidrig ist im ABBAG-Gesetz daneben auch § 3b Abs 2, wonach kein Rechtsanspruch auf die COVID-19 Leistungen besteht. Die Frist zur Aufhebung der verfassungswidrigen Bestimmungen im ABBAG-Gesetz ist der 31. 10. 2024, weshalb die COFAG bis dorthin weiterhin die im ABBAG-Gesetz vorgesehenen Aufgaben übernimmt und somit auch Finanzhilfen auszahlen kann.

Zur Verfassungsmäßigkeit der durch den Bundesminister für Finanzen und den Vizekanzler erlassenen Verordnungen führt der VfGH aus, dass der Ausschluss von öffentlichen Unternehmen von Finanzhilfen verfassungskonform ist. Dies begründet das Höchstgericht damit, dass dem Bundesminister für Finanzen in diesem Hinblick ein weiter Ermessensspielraum einzuräumen ist. Einen Gesetzesverstoß erkennt der VfGH jedoch bei der in den Verordnungen vorgenommenen Freistellung der COFAG von Weisungen. Die COFAG vollzieht staatliche Verwaltung und ist daher der Leitungs- und Aufsichtsbefugnis eines obersten Organs der Exekutive zu unterstellen. Da dies nicht der Fall ist, verstößt die Weisungsfreistellung dem Gleichheitsgrundsatz. Im Zusammenhang mit den vom Bundesminister für Finanzen und dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen hält der VfGH des Weiteren fest, dass die Anknüpfung des Ausschlusses von Finanzhilfen an den Zeitpunkt der Verhängung finanzstrafrechtlicher Sanktionen gleichheitswidrig ist. Die Gleichheitswidrigkeit begründet der VfGH damit, dass die Verjährung bei Finanzdelikten während der Dauer des Strafverfahrens gehemmt ist, weshalb auch weit in der Vergangenheit liegende vorsätzlich begangene Finanzdelikte dazu führen können, dass kein Anspruch auf Finanzhilfen besteht. Die Regelung, wonach ein Unternehmen von der Finanzhilfe ausgeschlossen ist, wenn über das Unternehmen oder eines seiner geschäftsführenden Organe in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung wegen eines vorsätzlich begangenen Finanzdeliktes rechtskräftig eine 10.000 € übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße verhängt wurde, ist somit verfassungswidrig. Zulässig wäre nur eine Anknüpfung an den Tatzeitpunkt und nicht wie in den Verordnungen vorgesehen an die Sanktion. Die Aufhebung der gesetzwidrigen Bestimmungen in den Verordnungen tritt mit Ablauf des 15. 4. 2024 in Kraft.

Conclusio

Die Entscheidungen des VfGH überzeugen und bestätigen die Kritik des Rechnungshofes an der COFAG. So hat der Rechnungshof ua die fehlende Leitung der Förderungsvergabe durch den Finanzminister sowie die Ineffizienz der Ausgliederung der Förderungsvergabe kritisiert (Rechnungshof, COFAG und Zuschüsse an Unternehmen (2022), 12, 14, 40 ff und 83 ff). Aus der Verfassungswidrigkeit der Aufgabenübertragung an die COFAG leitet der VfGH ab, dass die COFAG wohl abgewickelt werden wird, womit er ebenfalls der Empfehlung des Rechnungshofs zur Abwicklung folgt (VfGH 5. 10. 2023, G/265/2022; siehe dazu allgemein Fiala, VfGH prüft COFAG erneut, AVR 2022, 222). Abzuwarten bleibt, wie der Gesetzgeber auf die Entscheidungen reagieren wird und welche Regelungen zur Abwicklung der COFAG und zur weiteren Ausübung der aktuell der COFAG übertragenen Tätigkeiten erlassen werden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34878 vom 21.12.2023