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EStG: § 6 Z 2 lit c, § 18 Abs 6, § 20 Abs 2, § 27 Abs 2 bis Abs 5 und Abs 8, § 27a Abs 1 bis Abs 6
Abstract
Der VfGH hatte kürzlich über bestehende Verwertungsbeschränkungen bei Verlusten aus Kapitalvermögen im Privatvermögen zu entscheiden. Nach geltender Rechtslage werden dem besonderen Steuersatz unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerlich „isoliert“ betrachtet. Das Höchstgericht erteilte dem Begehren des Steuerpflichtigen nach einem Ausgleich von Verlusten aus Kapitalvermögen mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten des Steuerpflichtigen sowie einem Verlustvortrag bei Einkünften aus Kapitalvermögen im außerbetrieblichen Bereich eine klare Absage (VfGH 2. 3. 2021, E 1722/2020).
VfGH 2. 3. 2021, E 1722/2020
Sachverhalt
Bf erzielte aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenem Kapitalvermögen einen Verlust. Er beantragte in der Folge die bescheidmäßige Feststellung dieser negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen, um diese im Rahmen der folgenden Veranlagungsperioden als Verlustvortrag mit zukünftigen positiven Einkünften zu verrechnen. Die geltend gemachten Verluste aus Kapitalvermögen wurden durch das Finanzamt hingegen nicht festgestellt, weil im außerbetrieblichen Bereich ein Verlustvortrag auf eine spätere Veranlagung nicht zulässig sei. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesfinanzgericht als unbegründet ab (BFG 17. 4. 2020, RV/7102668/2018; siehe dazu Marschner, BFG: Keine Verfassungswidrigkeit der fehlenden Verlustvortragsfähigkeit bei Einkünften aus Kapitalvermögen im Privatvermögen, ZFS 2020, 140 ff). Der Bf erhob gegen diese Entscheidung des BFG gem Art 144 Abs 1 B-VG Erkenntnisbeschwerde an den VfGH.
Entscheidung des VfGH
Die eingebrachte Beschwerde des Bf wurde vom VfGH als unbegründet abgewiesen (vgl dazu Edlbacher/Königseder, Ausschluss der Verlustvortragsmöglichkeit bei Einkünften aus Kapitalvermögen im außerbetrieblichen Bereich, SWK 2021, 774 ff; Lenhardt, Verwertungsbeschränkungen von Verlusten aus Kapitalvermögen im außerbetrieblichen Bereich, BFGjournal 2021, 167 ff):
Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen einem Sonderregime, das für diese Einkünfte spezifische Vorschriften und Tarifsätze vorsieht, womit das Einkommen für Zwecke der Besteuerung in sogenannte Schedulen aufgespalten wird (System einer analytischen oder Schedulenbesteuerung). § 27 Abs 8 EStG enthält Einschränkungen des Verlustausgleichs für Verluste aus Kapitalvermögen. Aufgrund der „Sonderstellung“ der Einkünfte aus Kapitalvermögen sieht der VfGH den in § 27 Abs 8 Z 4 EStG vorgesehenen Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs für dem besonderen Steuersatz unterliegende Einkünfte als verfassungsrechtlich unbedenklich an.
Nach § 18 Abs 6 EStG können ausschließlich betriebliche Einkünfte vorgetragen werden. Private Kapitaleinkünfte sind daher nicht vom Verlustvortrag erfasst. Der VfGH sieht diese Regelung unter Verweis auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum als verfassungskonform an. Auch im Vergleich zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Verteilungsmöglichkeit über fünfzehn Jahre) oder zu privaten Grundstücksveräußerungen (Verlustvortrag mit pauschaler Kürzung und Verteilungsmöglichkeit auf fünfzehn Jahre) erkennt der VfGH keinen Widerspruch zum Gleichheitsgebot, weil sich die Veranlagung in Immobilien in wesentlichen Belangen, wie etwa in der Möglichkeit zur Diversifizierung und auch im Grad der Bindung des Kapitals, von der Veranlagung von Kapitalvermögen unterscheidet.
Die Ausgestaltung der einkommensteuerlichen Regelungen zur Verwertung von Verlusten aus Kapitalvermögen liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Dies gilt laut VfGH auch für die Frage der unterschiedlichen Behandlung der Verrechnung von Verlusten aus der Veräußerung von betrieblichen und außerbetrieblichen Kapitalanlagen. Eine differenzierte Behandlung betrieblicher und außerbetrieblicher Kapitalanteile ist daher zulässig.
Conclusio
Der VfGH bestätigte in diesem Erkenntnis die Verfassungskonformität der Regelung, wonach Verluste aus Kapitalvermögen im außerbetrieblichen Bereich weder mit anderen Einkunftsarten ausgleichsfähig noch in zukünftige Veranlagungszeiträume vortragsfähig sind. Die Verlustverwertung von negativen Einkünften aus Kapitalvermögen wird damit nicht erweitert. Die Schedulenbesteuerung rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung einzelner Einkunftsarten und die unterschiedliche Besteuerung im betrieblichen und außerbetrieblichen Bereich ist nach Ansicht des VfGH aufgrund des rechtspolitischen Gestaltungsspielraum ebenfalls mit dem Gleichheitssatz vereinbar. Das Erkenntnis markiert wohl einen Schlusspunkt unter eine lange literarische Debatte zur steuerlichen Zulässigkeit des Verlustvortrages bei außerbetrieblichen Einkünften aus Kapitalvermögen. Einmal mehr billigt der VfGH dem Gesetzgeber einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum zu (siehe bereits kürzlich zur Abzinsung von langfristigen Rückstellungen Klokar, VfGH: Abzinsungsfaktor iHv 6 % für Pensions- und Jubiläumsgeldrückstellungen verfassungskonform, LexisNexis Rechtsnews 30507, 1. 3. 2021).