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VfGH: Einheitswerte als GrESt-Bemessungsgrundlage verfassungskonform

Bearbeiter: Martin Klokar

GrEStG: § 4 Abs 2

Abstract

Der VfGH hatte über die Verfassungsmäßigkeit der Einheitswerte als GrESt-Bemessungsgrundlage zu entscheiden. Das BFG hegte verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Heranziehung des land- und forstwirtschaftlichen Einheitswertes als Bemessungsgrundlage der GrESt bei Erwerben von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Rahmen des begünstigten Personenkreises (§ 4 Abs 2 GrEStG) und brachte dahingehend Normprüfungsanträge beim VfGH ein. Der VfGH verneinte die erhobenen Bedenken des BFG und wies die Anträge ab.

VfGH 27. 9. 2021, G 334/2020-7, G 335/2020-7

Normprüfungsanträge des BFG

Der Erwerb eines inländischen Grundstückes durch Schenkung oder Erbanfall unterliegt als Erwerbsvorgang iSd § 1 Abs 1 GrEStG der GrESt. Bemessungsgrundlage für die GrESt ist nach § 4 Abs 1 GrEStG allgemein der Wert der Gegenleistung (§ 5 GrEStG), mindestens jedoch der Grundstückswert. Bei Erwerben von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Rahmen des begünstigten Personenkreises bildet der Einheitswert die Bemessungsgrundlage (§ 4 Abs 2 Z 1 und 2 GrEStG).

Das BFG hegte verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der Anknüpfung an den land- und forstwirtschaftlichen Einheitswert, da es zu einer bedenklichen unsachlichen Diskrepanz bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen bei bestimmten Übertragungen von land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und Grundvermögen komme (BFG 3. 9. 2020, RN/5100001/2020; BFG 3. 9. 2020, RN/5100002/2020). Der Einheitswert land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke entspreche nicht einmal annähernd dem Grundstückswert der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke. Der Einheitswert sei daher als Ersatzbemessungsgrundlage äußerst realitätsfern und daher im Hinblick auf Art 7 B-VG bedenklich. (dazu näher Klokar, LexisNexis Rechtsnews 29841, 28. 10. 2020).

Begründung des VfGH

Der VfGH sah keine – ob der Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs 2 GrESt erhobenen – Bedenken und wies den Antrag ab.

Der VfGH knüpft in seiner Begründung an das Erkenntnis VfSlg 19.701/2012 (VfGH 27. 11. 2012, G77/12): Es bestehen keine Bedenken, wenn der Gesetzgeber in § 4 Abs 2 Z 2 GrEStG für Erwerbe von zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zählenden Grundstücken als Bemessungsgrundlage den Einheitswert vorsieht, wenn der Erwerb durch einen Erben erfolgt, der dem in § 26a Abs 1 Z 1 GGG angeführten Personenkreis zuzurechnen ist. Der VfGH hat in VfSlg 19.701/2012 die Anknüpfung an – von den Verkehrswerten erheblich abweichende – Einheitswerte deshalb als verfassungswidrig erkannt, weil das Gesetz in seiner Konzeption den Einheitswert als generelle Ersatzbemessungsgrundlage für unentgeltliche Erwerbe vorsah und diese Einheitswerte in unsachlicher Weise von den Verkehrswerten erheblich abwichen. Demgegenüber erfolgt die Anknüpfung an den Einheitswert in § 4 Abs 2 GrEStG 1987 idF BGBl I 163/2015 nicht mit dem Ziel, eine generelle Ersatzbemessungsgrundlage für unentgeltliche Erwerbe vorzusehen. § 4 Abs 2 GrEStG regelt vielmehr den Sonderfall der Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, indem die Regelung für die in dieser Bestimmung in Z 1 bis 4 leg cit angeführten Fälle anstelle der in § 4 Abs 1 GrEStG vorgesehenen Anwendung des Grundstückswertes die Anwendung des Einheitswertes anordnet. Entgegen der Auffassung des BFG kann nicht aus der – mit einer Bewertung zum Einheitswert gegenüber einer Bewertung mit dem Grundstückswert einhergehenden – Entlastung der Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke durch Erbanfall an nahe Angehörige gefolgert werden, dass die Anknüpfung an die Einheitswerte unsachlich wäre. Entscheidend ist, ob für eine solche Differenzierung sachliche Gründe bestehen (VfSlg 19.701/2012).

Solche sachlichen Gründe liegen laut VfGH vor: Die Regelung erfasst die Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zum Zweck der Fortführung der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung und dient damit der Erhaltung agrarischer Strukturen (vgl insoweit auch VfGH 9. 12. 2015, G 165/2015, VfSlg 20.032/2015). Sollte dagegen nach seiner Lage und den sonstigen Verhältnissen anzunehmen sein, dass das Grundstück anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen wird, rechnet das Grundstück nach § 52 Abs 2 BewG 1955 nicht weiter zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, sondern zum Grundvermögen und es kommt somit nicht der Einheitswert für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, sondern der Grundstückswert iSd Grundstückswertverordnung zum Tragen.

In VfSlg 19.701/2012 hat der VfGH ferner festgehalten, dass Differenzierungen im gegebenen Zusammenhang zulässig sind, wenn sie auf Basis verfassungsrechtlich unbedenklicher Bemessungsgrundlagen erfolgen, und dass keine Bedenken bestehen, die Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe nach dem Ertragswert vorzusehen, wenn das Verfahren zu seiner Ermittlung sachgerecht ist (so bereits VfGH 7. 3. 2007, G 54/06 ua, VfSlg 18.093/2007). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass mit 1. Jänner 2014 eine Hauptfeststellung der Einheitswerte für land- und forstwirtschaftliches Vermögen erfolgte, womit die Bewertung auf aktualisierten Ertragswerten beruht. Diese zielt darauf ab, regional oder individuell unterschiedliche Wertentwicklungen zu berücksichtigen und Verzerrungen, die sich auf Grund veralteter Bemessungsgrundlagen ergaben, im Rahmen eines aktualisierten Ertragswertverfahrens zu beseitigen. Bedenken hinsichtlich des Verfahrens zur Ermittlung – sieht man von den im gegebenen Zusammenhang verfassungsrechtlich unbedenklichen Abweichungen von den Verkehrswerten ab – hat das BFG mit Hinweis auf VfSlg 18.093/2007 (S 315) auch nicht vorgebracht.

Dem Gesetzgeber kann schließlich auch nicht entgegengetreten werden, wenn er die Anwendung des Einheitswertes im Fall unentgeltlicher Erwerbe von Todes wegen an die Voraussetzung knüpft, dass die Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken an einen Empfänger erfolgt, der dem in § 26a Abs 1 Z 1 GGG angeführten Personenkreis angehört. Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber die von Todes wegen erfolgende Übertragung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen im Familienverband begünstigt (VfSlg 19.701/2012).

Es bestehen somit keine gleichheitsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber für den in § 4 Abs 2 Z 2 GrEStG geregelten Fall einer Übertragung land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke durch Erbanfall vorsieht, dass die GrESt nicht vom Grundstückswert, sondern vom Einheitswert zu bemessen ist, wenn die Übertragung an Angehörige iSd § 26a Abs 1 Z 1 GGG erfolgt.

Conclusio

§ 4 Abs 2 GrEStG sieht eine GrESt-Begünstigung vor, wonach die Steuer bei Übertragungen eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks (zB bei Erbschaften und Schenkungen) an eine Person des begünstigten Personenkreises vom Einheitswert zu berechnen ist. Der VfGH hegt gegen diese Bestimmung keine Bedenken, wenn der Gesetzgeber bei Übertragungen von Grundstücken zwischen solchen innerhalb und außerhalb des begünstigten Personenkreises differenziert und bei der Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke unter nahen Angehörigen die Berechnung der Steuer vom Einheitswert vorsieht. Dabei kann dem Gesetzgeber laut VfGH auch nicht entgegengetreten werden, wenn er diese Bemessungsgrundlage nicht nur für die Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, sondern auch für die Übertragung einzelner Grundstücke vorsieht, sofern diese land- und forstwirtschaftlich genutzt werden. Mit dieser Entscheidung bestätigt der VfGH einmal mehr den weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers. Damit bleiben vielen Land- und Forstwirten gravierende steuerliche Konsequenzen erspart.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32113 vom 22.02.2022