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Abstract
Der VfGH hatte zu entscheiden, ob die in § 14 Abs 7 Z 2 und Z 3 EStG vorgesehenen Regelungen über Gewinnerhöhungen bei mangelnder Wertpapierdeckung von Pensionsrückstellungen verfassungskonform sind. Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens iSd Art 144 Abs 1 B-VG hegte der VfGH diverse Bedenken und vermutete eine Verletzung des Gleichheitssatzes. Diese Bedenken konnten im Gesetzesprüfungsverfahren jedoch zerstreut werden.
Sachverhalt
Die Stadtgemeinde Judenburg brachte mit Sacheinlagevertrag vom 26. 8. 1994 mehrere Betriebe gewerblicher Art nach Art III UmgrStG in eine im 100%igen Eigentum stehende Aktiengesellschaft (Bf) ein. Die Einbringungsbilanz zum 31. 12. 1993 wies auf der Passivseite Rückstellungen für Kostenersätze für Pensionen iHv rund 4,98 Mio € aus. Es wurde vereinbart, dass die von der Bf der Stadtgemeinde zu ersetzenden Aufwendungen für das Personal auch allfällige Pensionszuschüsse erfassen würden. Im Rahmen einer für die Jahre 2014 bis 2016 bei der Bf durchgeführten Betriebsprüfung stellte das FA fest, dass für die von der Bf gebildeten Rückstellungen für Kostenersätze für Pensionen keine ausreichende Wertpapierdeckung bestand und daher Gewinnzuschläge gem § 14 Abs 7 Z 2 EStG festzusetzen wären. Das BFG hob anschließend im Beschwerdeverfahren den Gewinnzuschläge beinhaltenden Abgabenbescheid auf, was jedoch wiederum erfolgreich mit Amtsrevision bekämpft wurde (Ro 2022/15/0017). Im fortgesetzten Verfahren sprach das BFG aus (RV/2100717/2022), dass der Ausweis der Rückstellung iSd § 14 Abs 6 und 8 EStG die Bf jedenfalls zur Wertpapierdeckung verpflichte.
Bei der Behandlung einer gegen die Entscheidung des BFG gerichteten Beschwerde (E 3275/2022) kamen dem VfGH Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs 7 Z 2 und Z 3 EStG (idF BGBl I 2007/24): Zum Ersten könne ein jährlicher Gewinnzuschlag iHv 30 % im Fall einer laufenden, wiederholten oder gar permanenten Unterdeckung dazu führen, dass der Steuerpflichtige den Rückstellungsbetrag nachversteuert, ohne dass die späteren Pensionszahlungen als Betriebsausgaben abzugsfähig wären. Auch bestünden zum Zweiten Bedenken dahin gehend, dass es bei der Ermittlung des Gewinnzuschlages – abgesehen von der Ausnahme in § 14 Abs 7 Z 3 EStG (Tilgung von Wertpapieren) – weder auf die Dauer noch auf die Ursache der Unterdeckung ankomme. Und schließlich dürfte die Unterdeckung zum Bilanzstichtag gleichsam automatisch eine Unterdeckung am Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres bewirken, ohne dass der Steuerpflichtige dem entgegenwirken könnte. Der VfGH hat daher beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.
Entscheidung des VfGH
Für rechtsverbindlich zugesicherte Pensionen sind nach unternehmensrechtlichen Grundsätzen Rückstellungen zu bilden (§ 198 Abs 8 und § 211 Abs 2 UGB). Bei einer Gewinnermittlung nach § 5 Abs 1 EStG besteht daher auch in der Steuerbilanz eine Verpflichtung zur Rückstellungsbildung nach den Vorgaben des § 14 Abs 6 bis 11 EStG. Im Fall einer Rückstellungsbildung müssen spätestens am Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres Wertpapiere im Nennbetrag von mindestens 50 % des am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres in der Bilanz ausgewiesenen Rückstellungsbetrages vorhanden sein (vgl § 14 Abs 7 Z 1 EStG). Entspricht die Wertpapierdeckung im Wirtschaftsjahr auch nur vorübergehend nicht den gesetzlichen Erfordernissen, ist der Gewinn im betreffenden Wirtschaftsjahr um 30 % des Betrages der Unterdeckung zu erhöhen (§ 14 Abs 7 Z 2 EStG).
Im Erkenntnis VfSlg 17.962/2006 hat der VfGH zum Ausdruck gebracht, dass die Verknüpfung einer steuerlichen Rückstellungsbildung im Bereich des Sozialkapitals mit einer Wertpapierdeckung dann unbedenklich sei, wenn sie eine Besicherung der durch die Rückstellung erfassten ungewissen Verbindlichkeiten bewirke, somit den künftigen Gläubigern (Arbeitnehmern) eine Sicherheit in Form eines Wertpapierstockes biete. Mit der Änderung des § 14 Abs 7 Z 1 EStG durch das Budgetbegleitgesetz 2007 (BGBl I 2007/24), ist die erforderliche Sicherungsfunktion als Voraussetzung für die Qualifikation als Deckungswertpapier ausdrücklich gesetzlich verankert worden. Derartige Regelungen mit einer außerfiskalischen Zielsetzung stehen dem Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes frei, sofern er sich dabei nicht von vorneherein völlig ungeeigneter Mittel bedient und an sich geeignete Mittel nicht zu sachlich nicht begründbaren Differenzierungen führen (vgl VfSlg 11.369/1987; VfSlg 19.933/2014; VfSlg 20.538/2022). Der in § 14 Abs 7 Z 2 EStG geregelte Gewinnzuschlag ist kein völlig ungeeignetes Mittel zur Absicherung der künftigen Ansprüche der Arbeitnehmer. In Anbetracht der arbeitsrechtlichen, in § 11 BPG wurzelnden Zwecksetzung der Wertpapierdeckung vermag der VfGH seine im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken betreffend den Gewinnzuschlag nicht weiter aufrechtzuerhalten. Verfolgt der Gesetzgeber den Zweck einer Dauerdeckung zur Absicherung von Ansprüchen der Arbeitnehmer, ist es für die Ausgestaltung der Sanktion bei Unterdeckung unerheblich, ob bei einer dauerhaften Unterdeckung das Ausmaß der Gewinnzuschläge nach einer bestimmten Zeitdauer den Rückstellungsbetrag übersteigen kann. Auch kann es nicht auf die Dauer oder Ursache der Unterdeckung ankommen. Entscheidend ist vielmehr, dass der im jeweiligen Wirtschaftsjahr aufgrund einer bestehenden, vom Arbeitgeber nicht ausgeglichenen Unterdeckung zu erhebende Gewinnzuschlag als Sanktion vorgesehen ist, um den Arbeitgeber dazu zu veranlassen, die nach dem BPG bestehenden Ansprüche des Arbeitnehmers fortlaufend zu besichern. Im Gesetzesprüfungsverfahren ist nicht hervorgekommen, dass der Gewinnzuschlag für diesen verfolgten Zweck ein völlig ungeeignetes Mittel wäre oder zu unsachlichen Differenzierungen führen würde.
Da nach dem Grundsatz des Bilanzzusammenhangs die Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres der Eröffnungsbilanz des folgenden Wirtschaftsjahres entspricht, tritt im Folgejahr automatisch eine (zumindest zeitweise) Unterdeckung ein, die nach dem Wortlaut des § 14 Abs 7 Z 2 EStG automatisch einen weiteren Gewinnzuschlag bewirken würde. Diese Rechtsfolge ist mit dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot nicht vereinbar, da der Gewinnzuschlag eine Sanktion für jenen Fall sein soll, dass der Arbeitgeber im betreffenden Wirtschaftsjahr den Ausgleich einer Unterdeckung unterlässt. Das Gesetz lässt sich jedoch verfassungskonform auslegen: Der Zweck der Regelung des Gewinnzuschlages gebietet nach dem Gleichheitsgrundsatz ganz allgemein, eine im betreffenden Wirtschaftsjahr ohne Zutun des Arbeitgebers eingetretene Unterdeckung erst dann zu sanktionieren, wenn diese vom Arbeitgeber nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes ausgeglichen wird (vgl hierzu auch die Regelung des § 14 Abs 7 Z 3 EStG). Demnach rechtfertigt eine aus der Bilanzidentität resultierende Unterdeckung einen Gewinnzuschlag nach § 14 Abs 7 Z 2 EStG erst dann, wenn die erforderliche Nachbeschaffung nicht innerhalb des in Z 3 leg cit für den Fall der Wertpapiertilgung angeführten zweimonatigen Zeitraumes erfolgt. Vor diesem Hintergrund vermag der VfGH eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu erkennen. § 14 Abs 7 Z 2 und Z 3 EStG waren daher nicht als verfassungswidrig aufzuheben.
Conclusio
Wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung zu den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken bereits hervorhebt, handelt es sich bei der in § 14 Abs 7 EStG vorgesehenen Verpflichtung zur Wertpapierdeckung um eine Lenkungsnorm im Interesse der Pensionsanwartschaftsberechtigten. Bei Verletzung dieser Verpflichtung ist als Sanktion ein Gewinnzuschlag vorgesehen, der die Steuerbemessungsgrundlage erhöht. Der Gewinnzuschlag ist dabei aber ein außersteuerliches Sanktionsinstrument. Steuerpflichtige müssen für die Verletzung einer außersteuerlichen Lenkungsvorschrift bei Vorliegen eines Gewinnes eine Erhöhung der Steuerlast und bei Vorliegen eines Verlustes die Kürzung eines vortragsfähigen Verlustes hinnehmen. Der Gewinnzuschlag ist als Sanktion ein geeignetes Mittel, um den Arbeitgeber dazu zu veranlassen, die nach dem BPG bestehenden Ansprüche des Arbeitnehmers fortlaufend zu besichern. Der Gewinnzuschlag hat aber keinerlei Einfluss auf die Rückstellung als solche sowie deren Fortführung (vgl Jakom/Kanduth-Kristen, EStG17 [2024] § 14 Rz 65); er wirkt vielmehr wie eine Strafzahlung. Da sich der Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes bewegt, liegt keine Verfassungswidrigkeit vor. Der VfGH sah in der Folge auch von einer Behandlung der gem Art 144 Abs 1 B-VG erhobenen Beschwerde ab und trat diese gem Art 144 Abs 3 B-VG an den VwGH ab (s VfGH 25. 6. 2024, E 3275/2022).