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TFWAG: § 1 Abs 1 und 2 § 4 Abs 3
FAG: § 16 Abs 1 Z 4 und 6
Abstract
Der VfGH hob die rechtswidrige Gemeindeverordnung auf, weil die Gemeinde Wörgl keine finanziellen Belastungen aufgrund der Freizeitwohnsitze im Gemeindegebiet nachweisen konnte. Die Freizeitwohnsitzabgabe muss deshalb neu festgelegt werden.
Sachverhalt
Der Bf im Verfahren vor dem LVwG Tirol besaß eine Immobilie in der Gemeinde Wörgl, welche als Zweitwohnsitz genutzt wurde. Eine ganzjährige Nutzung war nicht möglich, weil das Objekt weder über eine öffentliche Zufahrt noch über einen Kanalanschluss verfügte. Die Nutzfläche des Freizeitwohnsitzes betrug 67,50 m². Der Bf entrichtete für das streitgegenständliche Kalenderjahr eine Freizeitwohnsitzabgabe iHv EUR 290. Die Bürgermeisterin der Gemeinde Wörgl stellte an den Bf einen Bescheid für die Entrichtung des Restbetrages einer Freizeitwohnsitzabgabe iHv EUR 410 aus. Die Verordnung des Gemeinderates Wörgl hatte die Höhe der Freizeitwohnsitzabgabe mit dem vom Landesgesetzgeber vorgesehen Höchstbetrag vorgesehen. Die Stadtgemeinde Wörgl hatte jedoch lediglich eine verschwindend geringe Freizeitwohnsitzquote iHv 0,2 % (16 Freizeitwohnsitze). Im Vergleich dazu hat zB die Gemeinde Kitzbühel eine Freizeitwohnsitzquote iHv 17,6 %. Die belangte Behörde verwies in ihrer Stellungnahme auf den Immobilien-Preisspiegel der WKÖ, wonach der Verkehrswert der Liegenschaft nicht erheblich von anderen Immobilien im Gemeindegebiet abweicht. Das LVwG Tirol hielt in der streitgegenständlichen Entscheidung fest, dass hier ein Vergleich des Verkehrswerts mit den anderen Gemeinden des Landes Tirol zu erfolgen hat und der Gemeinde Wörgl ferner keine besondere Belastung durch die 16 Freizeitwohnsitze erwachse. Die Bürgermeisterin führte im Verfahren vor dem LVwG aus, dass die Verkehrswerte der Gemeinden des Bezirkes Kufstein nahezu ident seien und dass der Bezirk Kufstein im landesweiten Vergleich auf einem hohen Niveau angesiedelt sei. Ferner sei die Gemeinde Wörgl ein sehr attraktiver Wirtschaftsstandort in den Bereichen Handel, Gewerbe und Industrie, und folglich liege eine hohe Nachfrage des Baulandes vor. Die Nachfrage für Immobilien begründe sich daher nicht wie in Kitzbühel aus dem Tourismus, sondern mit der Knappheit an Bauland in der Gemeinde. Somit sah die Bürgermeisterin die Verordnung als nicht gesetzwidrig an. Das LVwG hatte Bedenken, ob die streitgegenständliche Verordnung der Gemeinde Wörgl den Kriterien des § 4 Abs 3 TFWAG entspricht und legte die Verordnung dem VfGH zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit vor.
Entscheidung des VfGH
Gem § 16 Abs 1 Z 6 FAG ist der Landesgesetzgeber berechtigt, eine Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt eines Freizeitwohnsitzpauschales zu erheben. Neben diesem Freizeitwohnsitzpauschale kann der Landesgesetzgeber gem § 16 Abs 1 Z 4 FAG eine Zweitwohnsitzabgabe in Form einer Freizeitwohnsitzabgabe vorsehen. Die beiden Abgaben haben unterschiedliche Tatbestandsmerkmale und sind daher nicht als gleichartige Abgaben anzusehen. Das Freizeitwohnsitzpauschale ist eine Landesabgabe und wird nach dem Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz erhoben. Diese Landesabgabe orientiert sich weder an den Belastungen der Gemeinden noch an den Verkehrswerten, sondern wird nach einer in Abhängigkeit von der Wohnnutzfläche pauschal festgelegten Nächtigungszahl festgelegt. Dagegen stellt die Freizeitwohnsitzabgabe eine kommunale Aufwandsteuer dar, die im Tiroler Freizeitwohnsitzabgabegesetz (TFWAG) geregelt wird.
Die vom LVwG Tirol angefochtene Verordnung der Stadtgemeinde Wörgl stützt sich auf § 4 Abs 3 TFWAG. Der Landesgesetzgeber hat in § 1 Abs 1 TFWAG festgelegt, dass für die Verwendung eines Freizeitwohnsitzes eine Freizeitwohnsitzabgabe zu erheben ist. Als Freizeitwohnsitz werden in Abs 2 Gebäude, Wohnungen oder sonstige Teile von Gebäuden bestimmt, die nicht der Befriedigung eines ganzjährigen, mit dem Mittelpunkt der Lebensbeziehungen verbundenen Wohnbedürfnisses dienen, sondern zum Aufenthalt während des Urlaubs, der Ferien, des Wochenendes oder nur zeitweilig zu Erholungszwecken verwendet werden. Bei dieser Abgabe handelt es sich um eine ausschließliche Gemeindeabgabe. Die Gemeinde ist gem § 4 Abs 3 TFWAG ermächtigt, die Höhe der Abgabe per Verordnung festzulegen, wobei die Höhe in Abhängigkeit der Nutzfläche des Ferienwohnsitzes bestimmt wird. Der Landesgesetzgeber bestimmt eine Bandbreite für die Abgabenhöhe, indem dieser einen Höchst- und Mindestsatz vorschreibt. Um die Abgabenhöhe innerhalb dieser Bandbreite festzulegen, wird auf die finanziellen Belastungen der Gemeinde durch die Freizeitwohnsitze abgestellt sowie der Verkehrswert der Liegenschaften herangezogen. Bei diesen finanziellen Belastungen ist darauf zu achten, dass diese nicht bereits durch Benützungsgebühren oder Fremdenverkehrsabgaben abgedeckt sind und diese Belastungen in einem Zusammenhang mit den Ferienwohnsitzen stehen.
Der VfGH erkannte, dass die Gemeinde Wörgl nur über eine geringe Zahl an Ferienwohnsitzen verfügt, die keine besonderen Belastungen für diese Gemeinde bewirken. Dass eine derartige Belastung vorliegt, konnte von der belangten Behörde jedenfalls nicht nachgewiesen werden. Jedoch kann nicht generell aufgrund der geringen Anzahl an Ferienwohnsitzen auf das Vorliegen geringer Aufwendungen geschlossen werden. Hierbei ist zu bedenken, dass die Freizeitwohnsitzabgabe als Zweitwohnsitzabgabe nicht unter das Äquivalenzprinzip fällt und daher nicht auf die konkret anfallenden Aufwendungen abzustellen ist; es kommt vielmehr auf die Belastungen der Gemeinde insgesamt an. Der VfGH schlussfolgerte daraus, dass die Gemeinde Wörgl keine überdurchschnittlichen Aufwendungen iZm den Ferienwohnsitzen nachweisen konnte und somit die Festlegung der Abgabe mit dem Höchstsatz nicht nachvollziehbar ist. Allgemeine Ausführungen, etwa zur regionalen oder wirtschaftlichen Stellung einer Gemeinde und den Infrastruktur- und Versorgungseinrichtungen, reichen dagegen nicht aus, den Höchstsatz zu begründen. Ferner wurde dem streitgegenständigen Objekt von Seiten der Gemeinde kein besonderer, hoher Verkehrswert beigemessen, vielmehr liegt der Verkehrswert der Immobilie deutlich unter den Spitzenwerten der Gemeinde. Folglich hob der VfGH die gesetzwidrige Verordnung der Gemeinde Wörgl auf.
Conclusio
Der Tiroler Landesgesetzgeber ermöglicht es Gemeinden, die finanziell durch Zweit- bzw Ferienwohnsitze stark belastet sind, eine zusätzliche Einnahmemöglichkeit zur Abdeckung der Kosten für Infrastruktur und Verwaltungseinrichtungen zu lukrieren. Durch die Zweitwohnsitzabgabe soll jedoch keine Abgeltung für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen erfolgen. Dabei knüpft der Landesgesetzgeber für die Festsetzung der Höhe der Abgabe an die Größe der Nutzfläche, an den Verkehrswert und an die besondere finanzielle Belastung der Gemeinde an.
Für die Ausschöpfung des Höchstsatzes muss die besondere finanzielle Belastung der Gemeinde objektiv feststellbar sein und ihre Berücksichtigung muss bei der Festsetzung der Abgabe sachlich gerechtfertigt sein (s ErlRV 167/19 LGBl Nr 79/2019, 3).