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Nach § 7 Abs 1 VKrG hat der Kreditgeber vor Abschluss des Kreditvertrags die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen zu prüfen. Wenn diese Prüfung erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Verbrauchers ergibt, seine Pflichten aus dem Kreditvertrag vollständig zu erfüllen, hat der Kreditgeber den Verbraucher nach § 7 Abs 2 VKrG auf diese Bedenken gegen seine Kreditwürdigkeit hinzuweisen. Diese vorvertragliche Verpflichtung des Kreditgebers wurde in Umsetzung der RL 2008/48/EG (VerbraucherkreditRL) geschaffen und soll den Verbraucher vor der Gefahr der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit schützen. Der bloße Umstand, dass das Einkommen des Kreditnehmers im Bereich des Existenzminimums gelegen ist, begründet für sich genommen noch keine Warnpflicht des Kreditgebers nach § 7 Abs 2 VKrG.
Dass sich die Warnpflicht auch auf die Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit einer Kreditaufnahme erstrecken würde, ergibt sich weder aus den Vorgaben der RL 2008/48/EG noch aus § 7 VKrG, wonach nur die Zahlungsfähigkeit des Verbrauchers zu überprüfen ist. Auch ist dem Kreditgeber der Zweck der Kreditaufnahme oftmals gar nicht bekannt und es trifft ihn auch keine Pflicht, den Verbraucher darüber zu befragen. Im Übrigen hat der OGH bereits darauf hingewiesen, dass die Warnpflicht des Kreditgebers nach Art 7 VKrG nicht darauf abzielt, den Verbraucher zu bevormunden. Letztlich muss die Frage, wie ein Verbraucher sein frei verfügbares Einkommen verwendet, seiner eigenverantwortlichen Entscheidung im Rahmen seiner individuellen Lebensgestaltung überlassen bleiben, ohne dass er hier einer Warnung des Kreditgebers bedarf. Dies gilt auch, wenn die Kreditsumme – wie hier – im Casino und für Lokalbesuche ausgegeben wird.
Bei Beurteilung der Fähigkeit des Verbrauchers, seine Pflichten aus dem Kreditvertrag vollständig zu erfüllen, sind die laufenden Einkünfte und sonstigen liquiden Mittel des Verbrauchers heranzuziehen und mit den Kosten des Kredits und der laufenden Rückzahlungsverpflichtung in Relation zu setzen. Bei solidarisch haftenden Kreditnehmern kommte es bloß darauf an, ob die Kreditnehmer den Kredit gemeinsam zurückzahlen können (vgl bereits 6 Ob 80/21i, RdW 2021/558). Im vorliegenden Fall kann der Kreditgeberin keine Verletzung ihrer Warnpflicht vorgeworfen werden: Dem gemeinsamen regelmäßigen monatlichen Einkommen von 2.243,40 € (ohne Sonderzahlungen) der solidarisch haftenden Kreditnehmer standen Ausgaben für Wohnung und Lebensunterhalt von lediglich 1.385,29 € gegenüber. Bei Abschluss des Kreditvertrags bestand kein Grund zur Annahme, dass sie die monatlichen Raten von 379 € nicht aufbringen können.
Entscheidung
Nach den Mat zum VKrG ist „Kreditwürdigkeit“ iSd § 7 VKrG dahin zu verstehen, dass der Verbraucher bei einer ex-ante-Betrachtung voraussichtlich in der Lage sein wird, seine Zahlungspflichten aus dem Kreditvertrag vollständig zu erfüllen, ohne dadurch an den Rand seiner wirtschaftlichen Existenz gedrängt zu werden (ErlRV 650 BlgNR 24. GP 17).
Es wurde deshalb die Auffassung vertreten, dass eine Warnpflicht des Kreditgebers bereits dann zu bejahen sei, wenn dem Verbraucher – etwa wegen des Verzichts auf soziale Aktivitäten – der Verlust seines „sozial adäquaten Mindeststandards“ droht, der signifikant über dem Existenzminimum liege und durch die Kreditaufnahme nicht beeinträchtigt werden dürfe (Wendehorst in Blaschek/Habersberger, Eines Kredites würdig? [2011] 19 [25]). Die Bonitätsprüfung soll deshalb auch negativ ausfallen können, wenn keine Zahlungsunfähigkeit droht (Zöchling-Jud in Wendehorst/Zöchling-Jud, Verbraucherkreditrecht [2010] § 7 VKrG Rz 7).
Eine derart weitreichende Warnpflicht lässt sich allerdings mit dem Wortlaut des § 7 VKrG nicht vereinbaren und wird deshalb von der hA abgelehnt (Pesek, Der Verbraucherkreditvertrag [2012] 116 ff; ders in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 7 VKrG Rz 8 f; St. Foglar-Deinhardstein, Die Bonitätsprüfung beim Verbraucherkredit [2013] Rz 222 ff; Heinrich in JBl 2014, 363 [367], Kellner in ÖBA 2017, 307 [309]).
Nach einer anderen Auffassung soll der Kreditgeber im Hinblick auf den Schutzzweck des § 7 VKrG immer dann zur Warnung verpflichtet sein, wenn dem Verbraucher durch den Abschluss des Kreditvertrags das Herabsinken unter das exekutionsfreie Vermögen droht (Heinrich in Schwimann/Kodek5 § 7 VKrG Rz 7, dies, Bonitätsprüfung im Verbraucherkreditrecht [2014] 91 ff; dies in JBl 2014, 363 [367 f]). Dass ein Kreditnehmer mit einem Einkommen im Bereich des nach § 291a EO unpfändbaren Existenzminimums auskommen muss, rechtfertigt aber noch nicht die Annahme, dass er von vornherein nicht in der Lage wäre, einen Kredit zurückzuzahlen (Leupold/Ramharter in ÖBA 2011, 476). Besonders wenn der Kredit der Lebenshaltung, also etwa dem Ankauf einer Eigentumswohnung dient, scheint es unproblematisch, wenn das frei verfügbare Einkommen unter das Existenzminimum sinkt, das ja gerade auch solche Ausgaben abdecken soll (zur Anschaffung eines Fahrzeugs 6 Ob 80/21i, RdW 2021/558). Der bloße Umstand, dass das Einkommen des Kreditnehmers im Bereich des Existenzminimums gelegen ist, begründet deshalb für sich genommen noch keine Warnpflicht des Kreditgebers nach § 7 Abs 2 VKrG.
Mitunter wird die Auffassung vertreten, dass für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit und die daran anknüpfende Warnpflicht auf den Zweck des Kredits abzustellen sei. So wäre bei der Finanzierung einer Urlaubsreise ein strengerer Maßstab anzulegen als bei der Kreditaufnahme zum Ankauf einer Eigentumswohnung (Zöchling-Jud in Wendehorst/Zöchling-Jud, Verbraucherkreditrecht [2010] § 7 VKrG Rz 10; dies in Dullinger/Kaindl, Bank- und Kapitalmarktrecht aktuell, Jahrbuch 2010/2011, 46 [49]; Dehn in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 IV [2012] Rz 2/55). Dass sich die Warnpflicht auch auf die Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit einer Kreditaufnahme erstrecken würde, ergibt sich aber weder aus den Vorgaben der RL 2008/48/EG noch aus § 7 VKrG, wonach nur die Zahlungsfähigkeit des Verbrauchers zu überprüfen ist (Heinrich, Bonitätsprüfung im Verbraucherkreditrecht [2014] 92 f; dies in JBl 2014, 363 [367]). Auch ist dem Kreditgeber der Zweck der Kreditaufnahme oftmals gar nicht bekannt und es trifft ihn auch keine Pflicht, den Verbraucher darüber zu befragen (Pesek in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 7 VKrG Rz 12; St. Foglar-Deinhardstein, Die Bonitätsprüfung beim Verbraucherkredit [2013] Rz 236). Im Übrigen hat der OGH bereits darauf hingewiesen, dass die Warnpflicht des Kreditgebers nach Art 7 VKrG nicht darauf abzielt, den Verbraucher zu bevormunden (8 Ob 76/16h, RdW 2017/125; 6 Ob 80/21i, RdW 2021/558).