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Vorsteuerabzug bei Angabe eines fiktiven Lieferanten auf der Rechnung

Bearbeiter: Christina Pollak

MwStSyst-RL: Art 168 lit a, Art 178

Abstract

Der EuGH beschäftigte sich in diesem Urteil mit der Frage, ob Unternehmer den Vorsteuerabzug geltend machen dürfen, obwohl der von ihnen auf der Rechnung ausgewiesene Lieferant ein fiktiver Lieferant ist. Der EuGH lehnt den Vorsteuerabzug in diesen Fällen ab.

EuGH vom 11. November 2021, C‑281/20, Ferimet SL

Sachverhalt

Ferimet erwarb im Jahr 2008 von der Gesellschaft Reciclatges de Terra Alta recyclingfähige Materialien (Alteisen), wobei Ferimet angab, dass der Umsatz dem Reverse-Charge-Verfahren unterliege. Ferimet erstellte den entsprechenden Rechnungsbeleg. Bei einer Prüfung des Umsatzes wurde festgestellt, dass das in der Rechnung als Lieferer ausgewiesene Unternehmen tatsächlich nicht über die für die Lieferung erforderlichen materiellen und personellen Mittel verfügte. Aus diesem Grund seien die von Ferimet ausgestellten Rechnungen als unrichtig anzusehen. Zwar seien die in Rede stehenden Materialien unbestrittenermaßen geliefert worden, doch stelle der fragliche Umsatz ein Scheingeschäft dar, weil der wirkliche Lieferer der Materialien absichtlich verheimlicht worden sei. Die Steuerinspektion entschied daher, dass der Vorsteuerabzug für diesen Umsatz zu versagen sei.

Entscheidung des EuGH

Kern dieser Entscheidung war die Frage, ob einem Steuerpflichtigen die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts zu versagen ist, wenn der Steuerpflichtige bewusst einen fiktiven Lieferer in der Rechnung angegeben hat, die er selbst für den Umsatz im Rahmen der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens ausgestellt hat.

Als Erstes wies der EuGH darauf hin, dass das Recht auf Vorsteuerabzug von der Einhaltung von materiellen und formalen Bedingungen abhängig ist. Die Angabe des Lieferers ist eine formelle Bedingung, wobei die Unternehmereigenschaft des Lieferanten eine materielle Bedingung ist. Im vorliegenden Fall hat der Steuerpflichtige bewusst einen fiktiven Lieferer auf seiner Rechnung angeführt, was die Steuerinspektion daran gehindert habe, den wahren Lieferer namhaft zu machen und damit dessen Unternehmereigenschaft als materielle Bedingung des Rechts auf Vorsteuerabzug festzustellen. In dieser Hinsicht lag ein formaler Verstoß vor, weil nicht der richtige Lieferer auf der Rechnung ausgewiesen wurde. Dieser formale Verstoß verhinderte jedoch den sicheren Nachweis, dass die materiellen Anforderungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind.

Bei der materiellen Prüfung der Voraussetzungen für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges ist die Steuerbehörde grundsätzlich nicht auf die Prüfung der Rechnung beschränkt, sondern muss auch zusätzliche vom Steuerpflichtigen beigebrachte Informationen berücksichtigen. Dennoch muss der Steuerpflichtiger nachweisen, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges erfüllt sind. Folglich hat der das Recht auf Vorsteuerabzug ausübende Steuerpflichtige nachzuweisen, dass der Leistungserbringer Steuerpflichtiger war. Der Steuerpflichtige muss also durch objektive Nachweise belegen, dass die Waren von Steuerpflichtigen geliefert wurden.

Zudem können nationale Steuerbehörden das Recht auf Vorsteuerabzug versagen, wenn nach einer umfassenden Beurteilung aller Gesichtspunkte und tatsächlichen Umstände des Einzelfalls erwiesen ist, dass der Steuerpflichtige die Mehrwertsteuer hinterzogen hat oder gewusst hat oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung des Abzugsrechts geltend gemachte Umsatz in eine solche Hinterziehung einbezogen war. Im vorliegenden Fall hat der Steuerpflichtige, der das Recht auf Vorsteuerabzug geltend machte, bewusst einen fiktiven Lieferer in der Rechnung angegeben. Dies könnte ein relevanter Anhaltspunkt dafür sein, dass ihm bekannt war, dass er an einer Lieferung von Gegenständen teilnahm, die in eine Hinterziehung der Mehrwertsteuer einbezogen war. Es ist jedoch Sache des vorlegenden nationalen Gerichts, die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Bestätigt das nationale Gericht diese Umstände, so ist dem Steuerpflichtigen der Vorsteuerabzug zu versagen.

Conclusio

Durch die Rs Ferimet SL wird die Mitwirkungspflicht von Steuerpflichtigen bei der Geltendmachung des Vorsteuerabzuges deutlich. Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind. Kann der Steuerpflichtige diesen Nachweis nicht erbringen, so kann dem Steuerpflichtigen der Vorsteuerabzug versagt werden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 32098 vom 17.02.2022