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VwGH: § 241a BAO zur Rückforderung von KESt-Erstattungen nicht erforderlich

Bearbeiter: Michael Hubmann

BAO: § 241a

Abstract

Der VwGH hatte erneut (s bereits VwGH 20. 9. 2023, Ro 2023/13/0012) über die Anwendung von § 241a BAO in Fällen von bescheidlos ausgezahlten KESt-Erstattungen zu entscheiden. Seit der Anfang des Jahres 2023 ergangenen ersten BFG-Entscheidung zu § 241a BAO in dieser Angelegenheit (BFG 9. 1. 2023, RV/7101097/2022) wurden zahlreiche Fragen rund um § 241a BAO aufgeworfen. Der VwGH entschied nun, dass ein Rückforderungsbescheid iSd § 241a BAO in derartigen Fällen gar nicht zu ergehen hat.

VwGH 20. 11. 2024, Ra 2024/13/0068

Sachverhalt

Die mitbeteiligte Partei, eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Gesellschaft, beantragte (gestützt auf das DBA Österreich – VAE) im Jahr 2012 eine KESt-Erstattung. Das Finanzamt (FA) unterzog diese Anträge einer Überprüfung. Nach behördeninterner Genehmigung erfolgte eine Auszahlung der beantragten Beträge an die mitbeteiligte Partei; ein (formeller) bescheidmäßiger Abspruch über den KESt-Erstattungsantrag erfolgte hingegen damals nicht. Im Jahr 2019 sprach das FA aus, dass die KESt-Rückerstattung „gemäß § 205 BAO“ zu Unrecht erfolgt sei und forderte diese mittels Rückforderungsbescheid nach § 241a BAO zurück. Die mitbeteiligte Partei erhob dagegen Beschwerde. In Reaktion auf eine während des Beschwerdeverfahrens ergangene VwGH-Entscheidung (VwGH 20. 9. 2023, Ro 2023/13/0012) wies das FA die im Jahr 2012 gestellten Anträge auf KESt-Erstattung nun im Jahr 2024 (formell) ab und setzte den Erstattungsbetrag mit 0 € fest. Dies wurde dem BFG mitgeteilt. Das BFG entschied daraufhin, dass die materielle Rechtswidrigkeit der nach § 241a BAO erlassenen Rückforderungsbescheide durch die nachträgliche Erlassung von Abweisungsbescheiden (betreffend die Anträge auf KESt-Erstattung) nicht geheilt werden kann, weshalb die Rückforderungsbescheide aufgehoben wurden. In der dagegen erhobenen Amtsrevision wurde vorgebracht, dass das BFG nach der Sach- und Rechtslage zu entscheiden habe, welche im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegt.

Entscheidung des VwGH

Im Bescheidbeschwerdeverfahren besteht kein Neuerungsverbot (vgl Ritz/Koran, BAO7 [2021] § 270 Rz 1). Das BFG hat bei seiner Entscheidung auch grundsätzlich von der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen (vgl Ritz/Koran, BAO7 § 279 Rz 31). Wer Rückzahlungen oder Erstattungen ohne Rechtsgrund erlangt hat, hat gem § 241a BAO die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Die Bestimmung des § 241a BAO entbindet aber nicht von der Notwendigkeit, über einen von einer Partei gestellten Antrag auf KESt-Erstattung durch Bescheid zu entscheiden (vgl VwGH 20. 9. 2023, Ro 2023/13/0012). Auch die nunmehr erfolgte Abweisung des Antrags auf KESt-Erstattung eröffnet nicht den Anwendungsbereich des § 241a BAO. Bei gesetzmäßigem Vorgehen (also bescheidmäßiger Erledigung eines KESt-Erstattungsantrags) hätte eine spätere, von der ursprünglichen Entscheidung abweichende Entscheidung dazu geführt, dass der sich aus der Differenz der in den beiden Entscheidungen ausgewiesenen Erstattungsbeträge ergebende Nachforderungsbetrag eingebracht werden könnte, ohne dass es hierzu eines Rückforderungsbescheides nach § 241a BAO bedürfte. Eine erste (erklärungsgemäße) Entscheidung über den KESt-Erstattungsantrag hätte eine sonstige Gutschrift betreffend die „negative Abgabe“ der Erstattung bewirkt. Eine spätere Abänderung (im Sinne einer Abweisung des KESt-Erstattungsantrags) hätte dazu geführt, dass diese negative Abgabe (Erstattung) nunmehr mit Null anzusetzen gewesen wäre, woraus sich eine Nachforderung ergeben hätte. Diese Abgabenschuldigkeit wäre gem § 226 BAO vollstreckbar. Gem § 229 BAO könnte hierzu ein Rückstandsausweis ausgestellt werden. Wurde wie hier vor bescheidmäßiger Erledigung eines KESt-Erstattungsantrags der beantragte Geldbetrag in rechtswidriger Weise ohne Bescheid ausgezahlt, ergibt sich daraus am Abgabenkonto ein Rückstand. Spätestens einen Monat nach einer hiervon abweichenden (erstmaligen) Festsetzung im Sinne einer Abweisung des KESt-Erstattungsantrags wird dieser Rückstand auf dem Abgabenkonto vollstreckbar, ohne dass es hierzu eines gesonderten Rückforderungsbescheides iSd § 241a BAO bedarf. Ein Rückforderungsbescheid iSd § 241a BAO hat demnach in einem derartigen Fall nicht zu ergehen. Die Aufhebung der nach § 241a BAO ergangenen Rückforderungsbescheide durch das BFG erfolgt zu Recht, weshalb die Amtsrevision als unbegründet abzuweisen war.

Conclusio

Nach mehr als fünf Jahren seit dem Inkrafttreten des § 241a BAO scheint der VwGH mit der vorliegenden Entscheidung der Bestimmung ihren vermeintlichen Hauptanwendungsfall endgültig entzogen zu haben. Wie sich zeigt ist § 241a BAO in den Fällen bescheidlos ausgezahlter KESt-Erstattungen nämlich gar nicht anwendbar. Die „Altlasten“ des Finanzamts Bruck Eisenstadt Oberwart lassen sich aber auch ganz ohne § 241a BAO beseitigen (vgl zur Vorgeschichte Gleiss/Hubmann, BFG zur rückwirkenden Anwendung des § 241a BAO und der Verjährung von Rückforderungsansprüchen, AVR 2023, 78). Der hierzu vom VwGH gewählte Weg, bereits aus der nachträglichen Abweisung des ursprünglich gestellten KESt-Erstattungsantrags einen vollstreckbaren Rückstand abzuleiten, erweist sich als überaus praktisch für die Finanzverwaltung. Die komplex anmutenden Fragen nach dem Vorliegen eines steuerschuldrechtlichen Anspruchs auf Rückforderung und die Suche nach dessen materiellrechtlicher Grundlage scheinen nun einfach gelöst worden zu sein. Denn schon allein die in rechtswidriger Weise ohne Bescheid erfolgte Auszahlung führt zu einem Rückstand am Abgabenkonto. Der VwGH scheint damit nun ähnlich wie der BFH von einem „allgemein herrschenden Prinzip […], daß der, der vom Staat auf Kosten der Allgemeinheit etwas […] erhalten hat, grundsätzlich verpflichtet ist, das Erhaltene zurückzuzahlen“ auszugehen (vgl BFH 12. 11. 1985, VII R 119/81, Rz 12; s hierzu bereits Gleiss/Hubmann, AVR 2023, 78 [83]). Die Vollstreckbarkeit dieses Rückstands ergibt sich anschließend aus der Abweisung des KESt-Erstattungsantrags und der damit verbundenen Nullfestsetzung. Der Anwendungsbereich von § 241a BAO dürfte damit auf jene Fälle beschränkt sein, in denen der KESt-Erstattungsantrag noch vor der bescheidmäßigen Erledigung (Abweisung) zurückgezogen wurde und eine Festsetzung auch sonst nicht möglich ist (s bereits Gleiss/Hubmann, Was bleibt noch von § 241a BAO? AVR 2024, 106 [112]).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36437 vom 27.02.2025