News

VwGH: Angabe des Kalendermonats kein zwingender Spruchbestandteil bei Fahrzeugeinzelbesteuerung iSd Art 1 Abs 7 UStG

Bearbeiter: Severin Schragl

BAO: § 198 Abs 2

BMR: Art 1, 19, 20, 21

Abstract

Die zwingenden Voraussetzungen für einen Abgabenbescheid sind in § 198 Abs 2 BAO umschrieben. Dazu gehören Art und Höhe der Abgaben, Zeitpunkt der Fälligkeit und die Bemessungsgrundlagen. Im vorliegenden Fall war umstritten, ob bei einem neu erworbenen Fahrzeug, das im Rahmen eines ig Erwerbs angeschafft worden ist, eine Angabe eines Zeitraums in Kalendermonaten notwendig ist.

VwGH 20. 2. 2024, Ra 2022/15/0036.

Sachverhalt

Die Mitbeteiligte, eine natürliche Person, die keine Unternehmerin iSd § 2 UStG ist, hat 2010 in einem anderen EU Mitgliedstaat ein Fahrzeug erworben und nach Österreich importiert. Mit Bescheid setzte das FA 2013 die USt mit EUR 2.917,97 fest, da es sich um einen innergemeinschaftlichen Erwerb iSd Art 1 Abs 7 BMR handelt (sog Fahrzeugeinzelbesteuerung). Dabei wurde angeführt, dass die USt bereits fällig gewesen war und die Frist zur Nachzahlung der Buchungsmitteilung zu entnehmen sei. Dagegen erhob die Mitbeteiligte Beschwerde.

Das BFG gab der Beschwerde statt und hob den Bescheid ersatzlos auf. Begründend führte es aus, dass die USt für den Erwerb neuer Fahrzeuge eine Steuer sei, die für einen gewissen Kalendermonat entsteht. Die Angabe des Zeitraumes in Form eines Kalendermonats ist dabei zwingend erforderlich. Der angefochtene Bescheid hat diesen Zeitraum allerdings nicht enthalten, weswegen er gegen § 198 Abs 2 BAO verstößt und folglich aufzuheben war. Dagegen richtet sich die außerordentliche Amtsrevision.

Entscheidung des VwGH

§ 198 Abs 2 BAO normiert die inhaltlichen Erfordernisse eines Abgabenbescheids. Demnach müssen Art und Höhe der Abgaben, Zeitpunkt der Fälligkeit und die Bemessungsgrundlagen enthalten sein. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich – wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird – eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.

Nach Art 1 Abs 7 BMR ist der Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch einen Erwerber, der nicht zu den in Art 1 Abs 2 Z 2 UStG genannten Personen (Unternehmer/jurP) gehört, unter den Voraussetzungen des Art 1 Abs 2 Z 1 BMR ein ig Erwerb. Gem Art 19 Abs 2 Z 2 BMR entsteht die Steuerschuld für ig Erwerb von neuen Fahrzeugen am Tag des Erwerbs. Art 20 Abs 2 BMR statuiert die Fahrzeugeinzelbesteuerung: Demnach ist die Steuer für jeden einzelnen steuerpflichtigen Erwerb zu berechnen. Liegt eine Fahrzeugeinzelbesteuerung vor, so ist eine Steueranmeldung spätestens bis zum Fälligkeitstag vorzunehmen; widrigenfalls kann die Steuer mit Bescheid festgesetzt werden (Art 21 Abs 2 BMR).

Die Fahrzeugeinzelbesteuerung erfolgt nicht für einen Veranlagungszeitraum, sondern für den einzelnen steuerpflichtigen Erwerb (vgl Melhardt in Melhardt/Tumpel, UStG3, Art 20 Rz 5; Art 21 Rz 6); das ist nach Art 19 Abs 2 Z 2 BMR der Tag des Erwerbs. Damit entspricht die vom BFG vertretene Meinung, dass die Angabe des Kalendermonats im Bescheid zwingend erforderlich ist, nicht dem Gesetz. Dementsprechend war das Erkenntnis des BFG aufzuheben.

Conclusio

Die Steuerschuld entsteht in der Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten („Sollbesteuerung“, § 19 Abs 2 Z 1 lit a UStG), in bestimmten Fällen nach vereinnahmten Entgelten nach der sog „Istbesteuerung“ (§ 17 Abs 1 und 2 UStG). In beiden Fällen ist ein Monat der Bezugspunkt – entweder die in einem Monat erbrachten Leistungen oder die in einem Monat vereinnahmten Entgelte. Bei der sog Fahrzeugeinzelbesteuerung iSd Art 1 Abs 7 BMR hat der Erwerber nach Art 21 Abs 2 BMR ebenso innerhalb eines Monats ab Entstehen der Steuerschuld eine Steuererklärung abzugeben. Beim ig Erwerb eines neuen Fahrzeugs iSd Art 1 Abs 7 UStG ist das der Tag des Erwerbs; folglich gibt es bei der Fahrzeugeinzelbesteuerung keinen Veranlagungszeitraum. Entsprechend erfolgt die Steuerberechnung einzeln für jeden steuerpflichtigen Erwerb (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) Art 20 Rz 3; Melhardt in Melhardt/Tumpel, UStG3, Art 20 Rz 5). Weshalb es sich hierbei um einen zwingend erforderlichen Bescheidbestandteil iSd § 198 Abs 2 BAO handeln soll, ist jedenfalls nicht erkennbar. Richtigerweise hat der VwGH entsprechend die Notwendigkeit der Angabe des Kalendermonats im Abgabenbescheid verneint.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35430 vom 15.05.2024