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VwGH: Anwendung des § 12 Abs 10a UStG bei gemischt genutzter Ferienimmobilie

Bearbeiter: Elisabeth Feichtinger

UStG 1994: § 12 Abs 10a, § 6 Abs 1 Z 9 lit a

Abstract

Der VwGH setzte sich im Erkenntnis vom 26. 11. 2024, Ro 2023/15/0011 mit der Frage auseinander, ob bei der steuerfreien Veräußerung eines ursprünglich zur Gänze unternehmerisch, später jedoch gemischt genutzten Ferienhauses ein Berichtigungszeitraum von 19 Jahren gem § 12 Abs 10a UStG 1994 idF vor dem 1. StabG 2012 zur Anwendung gelangt. Er bejahte dies und brachte damit eine wichtige Klarstellung für die steuerliche Behandlung gemischt genutzter Liegenschaften, die vor dem 1. 4. 2012 angeschafft wurden.

VwGH 26. 11. 2024, Ro 2023/15/0011

Sachverhalt

Die revisionswerbende Partei (eine Miteigentumsgemeinschaft) erwarb mit Kaufvertrag vom 1. 10. 2007 ein Ferienhaus samt Tiefgaragenabstellplatz, welches ab Dezember 2007 unternehmerisch zur Vermietung genutzt wurde. Die beim Erwerb in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wurde zur Gänze als Vorsteuer geltend gemacht. In den Jahren 2008–2014 erfolgte eine private Nutzung von etwa zwei Wochen pro Jahr. Im Jahr 2016 kam es zur unecht steuerbefreiten Veräußerung der Liegenschaft gem § 6 Abs 1 Z 9 lit a UStG. Das Finanzamt setzte daraufhin eine Vorsteuerberichtigung unter Anwendung eines 19-jährigen Berichtigungszeitraums gem § 12 Abs 10a UStG an. Die Revisionswerberin vertrat hingegen die Ansicht, dass § 12 Abs 10 UStG mit einem lediglich 9-jährigen Zeitraum zur Anwendung gelangt. Basierend auf dieser Ansicht argumentierte sie, dass aufgrund der abgelaufenen Frist keine Vorsteuerberichtigung mehr vorzunehmen sei.

Entscheidung des BFG

Das BFG hatte die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Es hatte festgestellt, dass bereits zum Zeitpunkt der Anschaffung der Liegenschaft eine – wenn auch nur zeitlich begrenzte – private Nutzung beabsichtigt war. Diese subjektive Nutzungskomponente wäre für die Anwendung des § 12 Abs 10a UStG entscheidend, da der Gesetzeswortlaut ausdrücklich eine derartige Absicht voraussetzt. Das BFG leitete die private Nutzungsabsicht insb aus der tatsächlichen späteren Nutzung der Immobilie zu privaten Zwecken ab. Die Liegenschaft war zunächst zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet worden und die Vorsteuer wurde daher vollständig geltend gemacht. Somit sah das Gericht die Voraussetzungen des § 12 Abs 10a UStG als erfüllt an. Darüber hinaus stellte das BFG klar, dass § 12 Abs 10a UStG eine lex specialis gegenüber § 12 Abs 10 UStG und daher im konkreten Fall vorrangig anzuwenden ist. Die ordentliche Revision wurde zugelassen, da zur Anwendung des § 12 Abs 10a UStG bei Immobilien, die zunächst objektiv ausschließlich unternehmerisch genutzt wurden, bislang keine höchstgerichtliche Rechtsprechung besteht. Klärungsbedürftig ist insb, ob aus einer späteren (geringfügigen) Privatnutzung auf eine bereits im Zeitpunkt des Erwerbs bestehende gemischte Nutzungsabsicht geschlossen werden kann. Das Verfahren hat daher grundsätzliche Bedeutung für die umsatzsteuerliche Behandlung gemischt genutzter Wirtschaftsgüter.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH bestätigt nunmehr, dass für die Anwendung des § 12 Abs 10a UStG 1994 die subjektive Absicht zur späteren privaten Nutzung im Zeitpunkt der Anschaffung ausreicht. Eine tatsächliche Privatnutzung im Anschaffungsjahr ist nicht erforderlich. Das Höchstgericht leitet diese Absicht aus der in den Folgejahren regelmäßig erfolgten privaten Nutzung ab. Daraus ergibt sich für den VwGH, dass bereits bei Erwerb eine zumindest geringfügige Privatnutzung beabsichtigt war.

Die Revisionswerberin ging hingegen davon aus, dass es für Zwecke des § 12 Abs 10a UStG 1994 ausschließlich auf die unternehmerische Nutzung im Jahr der Anschaffung ankommt. Ihrer Ansicht nach wäre eine Vorsteuerberichtigung nach § 12 Abs 10a UStG nur dann zulässig, wenn im Jahr der Anschaffung tatsächlich auch eine private Nutzung stattgefunden hat. Der VwGH widerspricht dieser Auffassung ausdrücklich und betont, dass bereits die in diesem Jahr vorliegende subjektive Absicht zur zukünftigen gemischten Nutzung genügt, um den längeren Berichtigungszeitraum nach § 12 Abs 10a UStG 1994 auszulösen. Die Revision wurde daher als unbegründet abgewiesen.

Conclusio

Der VwGH bestätigt die Anwendbarkeit des § 12 Abs 10a UStG 1994 bei Immobilien, die zunächst dem Unternehmensvermögen vollständig zugeordnet wurden, aber später teilweise privat genutzt werden. Die von Anfang an beabsichtigte spätere gemischte Nutzung führt zwar nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugs, jedoch zur Anwendung eines verlängerten Berichtigungszeitraums. Die Entscheidung zeigt deutlich, dass es für die Anwendung des § 12 Abs 10a auf die subjektive Absicht zur zukünftigen Privatnutzung im Zeitpunkt der Anschaffung ankommt. Erfolgt die Zuordnung zum Unternehmensvermögen in Erwartung einer zukünftigen (wenn auch geringfügigen) privaten Nutzung und wird die Vorsteuer zur Gänze geltend gemacht, so ist der Unternehmer verpflichtet, im Falle einer steuerfreien Veräußerung innerhalb des 19-jährigen Beobachtungszeitraums eine anteilige Vorsteuerberichtigung vorzunehmen.

Diese Klarstellung ist relevant für sogenannte Altobjekte, die vor dem 1. 4. 2012 erworben wurden. Je nachdem, wann die betriebliche Erstnutzung erfolgte, kann für diese eine Korrektur der Vorsteuer bis ins Jahr 2031 notwendig sein. Dies hebt hervor, wie wichtig es ist, die Nutzung und Zuordnung bei der Anschaffung genau zu dokumentieren, um spätere steuerliche Nachteile zu vermeiden. Zudem ist zu beachten, dass bei Grundstücken seit der UStG-Novelle 2012 generell ein einheitlicher 19-jähriger Beobachtungszeitraum gilt, sodass inzwischen unabhängig vom Nutzungsanteil stets die längeren Berichtigungsfristen heranzuziehen sind.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36973 vom 25.07.2025