News

VwGH: Betriebsbegriff nach UmgrStG und UStG

Bearbeiter: Juliane Beverungen

BAO: § 118

UmgrStG: § 7 Abs 1

UStG: § 2 Abs 1

UGB: § 1 Abs 2

Abstract

Im vorliegenden Erkenntnis hatte der VwGH zu entscheiden, ob eine GmbH und ihrer Besitzgesellschaften über Betriebe verfügen, die eine steuerneutrale Umwandlung iSd Art II UmgrStG ermöglichen. Er führte aus, dass sich der Betriebsbegriff nach § 7 Abs 1 UmgrStG an das Ertragsteuerrecht anlehnt, die Tätigkeit also über eine bloße Vermögensverwaltung hinausgehen muss. Demnach unterscheiden sich die Voraussetzungen eines Betriebs iSd § 7 Abs 1 UmgrStG von denen des Unternehmens iSd § 2 Abs 1 UStG.

VwGH 13. 3. 2024, Ra 2023/15/0111

Sachverhalt

Die Revisionswerberin (Rw) ist eine GmbH, welche direkt (zu 99 %) und indirekt (zu 1 %) an sieben weiteren GmbHs, die sog Besitzgesellschaften, beteiligt ist. Fünf dieser sieben Besitzgesellschaften betreiben Einkaufszentren und vermieten dabei die Räumlichkeiten an Dritte in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Die anderen zwei Besitzgesellschaften stellen den Einkaufszentren gegen Entgelt Parkplätze zur Verfügung. Keine der Besitzgesellschaften verfügt über eigene Mitarbeiter und alle Aktivtätigkeiten werden durch eine X-GmbH im Rahmen eines Centermanagementvertrages ausgeübt.

Die Rw stellte beim FA einen Antrag gem § 118 BAO und führte darin aus, dass ihre Tätigkeit sowie die ihrer sieben Besitzgesellschaften über die eigene Vermögensverwaltung hinausgehe und die Gesellschaften somit über Betriebe verfügten, die eine steuerneutrale Umwandlung iSd Art II UmgrStG ermöglichten. Mit Bescheid beurteilte das FA den Sachverhalt dahingehend, dass die Rw über keinen Betrieb verfügte, weshalb eine steuerneutrale Umwandlung nicht möglich sei.

Daraufhin erhob die Rw Beschwerde gegen den Auskunftsbescheid. Das BFG (9. 10. 2023, RV/2101544/2015, nicht veröffentlicht gem § 23 Abs 3 BFGG) führte aus, dass lediglich strittig sei, ob die Gesellschaften über einen Betrieb verfügten und somit die Voraussetzungen für die Umwandlungen erfüllen würden. Voraussetzung für eine steuerneutrale Umwandlung ist gem § 7 Abs 1 UmgrStG, dass am Umwandlungsstichtag ein Betrieb vorliegt. Für diese Beurteilung sei ausschließlich auf die Definition des Ertragsteuerrechts zurückzugreifen: Der Betrieb muss eine Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft und sachlicher Produktionsmittel in einer organisatorischen Einheit aufweisen. Der ertragsteuerliche Betriebsbegriff decke sich dabei nicht mit dem Unternehmensbegriff iSd § 1 Abs 2 UGB oder der gewerblichen Tätigkeit iSd § 2 Abs 1 UStG. Nach dem von der Rw geschildertem Sachverhalt liege kein Betrieb vor, da weder die Rw noch ihre Besitzgesellschaften über eigene Mitarbeiter verfügen und alle erforderlichen Leistungen für das Betreiben der Einkaufszentren und der Parkplätze von einer externen Gesellschaft besorgt werden. Somit geht Art und Umfang der Tätigkeit nicht deutlich über eine vermögensverwaltende Tätigkeit hinaus. Das BFG wies daher die Beschwerde als unbegründet ab. Hiergegen legte die Rw ao Revision ein.

Entscheidung

Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dass im Ertragsteuerrecht bislang nicht judiziert wurde, ob eine besorgte Aktivleistung, statt der Erbringung durch Eigenpersonal, zu einer Betriebseigenschaft führt. Dahingegen ist im Bereich der Umsatzsteuer bereits eine Entscheidung des VwGH ergangen, dass eine Gesellschaft, die sämtliche Leistungen besorgen lässt, auch Unternehmer iSd § 2 Abs 1 UStG ist (s VwGH 21. 11. 2018, Ro 2017/13/0022).

Der VwGH führt aus, dass sich die Definition eines Betriebes iSd § 7 Abs 1 UmgrStG nicht mit dem Unternehmensbegriff iSd § 2 Abs 1 UStG deckt, sondern das UmgrStG sich auf den ertragsteuerlichen Betriebsbegriff stützt. Somit wird hiermit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Ein Betrieb liegt nach der ertragsteuerlichen Definition erst dann vor, wenn die Tätigkeit nach Art und Umfang jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung des eigenen Vermögens verbunden ist (s Kauba in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 (2020) § 23 Tz 99). Die Rsp des VwGH setzt voraus, dass zur Beurteilung einer Verwaltungsmehrarbeit als gewerbliche Tätigkeit die Tätigkeit für den Vermieter anfällt oder ihm zuzurechnen ist (VwGH 26. 1. 1994, 92/13/0144). Dies wurde in der vorliegenden ao Revision nicht nachvollziehbar dargelegt. Zudem konnte nicht ausgeführt werden, ob es andere Verwaltungsarbeiten durch die Rw und die Besitzgesellschaften gab, die zum Vorliegen eines Betriebs geführt hätten.

Die Revision wird daher zurückgewiesen.

Conclusio

Nach der stRsp des VwGH muss eine gewerbliche Tätigkeit den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreiten, dh die Tätigkeit muss nach Art und Umfang deutlich das Ausmaß überschreiten, das mit der bloßen Vermögensverwaltung einhergeht (s VwGH 17. 12. 1998, 97/15/0060; ebenso EStR 5420). An dieser Begriffsdefinition orientiert sich auch das UmgrStG (UmgrStR Rz 451) und unterscheidet sich daher von dem Unternehmensbegriff nach § 2 Abs 1 UStG. Dieser ist weitergefasst (s Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG21 (2021) § 2 Rz 75), sodass bereits dann ein Betrieb vorliegt, wenn sämtliche Leistungen von Dritten besorgt werden. Vorliegend wäre die bloße Vermögensverwaltung durch die Rw laut Zorn dann überschritten, wenn kontinuierlich Reparaturen an den vermieteten Geschäftseinheiten, die Reinigung und laufende Überwachung und kontinuierliche Werbemaßnahmen für das Einkaufszentrum übernommen werden (Zorn, RdW 2024, 357).

Da gem § 7 Abs 1 Z 1 UmgrStG für eine steuerneutrale Umwandlung das Vorhandensein eines Betriebs zum Umwandlungsstichtag und am Tag des Umwandlungsbeschlusses notwendig ist, war im vorliegenden Fall aufgrund der bloßen Vermögensverwaltung eine solche Umwandlung nicht möglich (zu den Ausnahmen des Betriebserfordernisses § 7 Abs 1 Z 2 UmgrStG). Dieses Betriebserfordernis hätte nach der Verwaltungspraxis aber etwa auch durch eine Neueröffnung eines Betriebs oder einer Übertragung eines anderen bestehenden Betriebs im Wege einer Kettenumgründung gem § 39 UmgrStG herbeigeführt werden können (UmgrStR Rz 454). Allerdings wären dabei die Grenzen des § 44 UmgrStG zu beachten, die etwa dann verletzt sein könnten, wenn der neue Betrieb etwa sechs Monate vor dem Umwandlungsstichtag erworben wird und dieser Betrieb weniger als 25 % des gesamten am Umwandlungsstichtag übertragenen Vermögens umfasst (laut Dziurdź in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, UmgrStG6 § 7 Rz 46; s UmgrStR Rz 454).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 35741 vom 08.08.2024