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EStG: §§ 24 Abs 1 Z 1; 37 Abs 5 Z 3
Abstract
Der VwGH erkannte, dass eine Veräußerung gem § 24 EStG ohne Rückgriff auf § 37 EStG ausgelegt werden kann. Ferner ist für eine Tarifbegünstigung iSd § 37 Abs 5 Z 3 EStG die total Betriebsaufgabe nötig. Eine lediglich quotale Mitunternehmeranteilveräußerung berechtigt nicht zur Begünstigung.
VwGH 26. 1. 2023, Ro 2022/15/0006
Sachverhalt
Die Rw war eine GmbH & Co KG, die durch eine errichtende Umwandlung der N GmbH gem Art II UmgrStG entstanden ist. Ursprünglich war Herr M Alleingesellschafter der N GmbH und hielt als Kommanditist 100 % der Gesellschaftsanteile. Komplementärin der KG war eine neu gegründete N GmbH, deren einziger Gesellschafter Herr M war, und die als Arbeitsgesellschafterin an der KG beteiligt war. Im Zuge der errichtenden Umwandlung der N GmbH auf eine Personengesellschaft wechselten die bisher im Privatvermögen des Herrn M gehaltenen (und bisher an die GmbH vermieteten) Grundstücke umwandlungsbedingt in das Sonderbetriebsvermögen des Herrn M. Mit mehreren Abtretungsverträgen veräußerte Herr M im Oktober 2017 75 % der Anteile an der KG sowie 75 % der Anteile an der B GmbH an zwei Erwerber, wobei das Sonderbetriebsvermögen nicht mitveräußert wurde. Herr M war zum Zeitpunkt der Veräußerung älter als 60 Jahre. Ferner vermietete Herr M die behaltenen Grundstücke an die Rw. Mit Ende Oktober 2017 legte Herr M seine Geschäftsführerfunktion zurück und verblieb rein als kapitalistischer Personengesellschafter. Die Rw beantragte, den Veräußerungsgewinn gem § 24 Abs 1 Z 1 iVm § 37 Abs 5 Z 3 EStG dem Hälftesteuersatz zu unterwerfen. Das Finanzamt wies diesen Antrag ab und erkannte keine Veräußerung eines Mitunternehmeranteils gem § 24 EStG an, weil das Sonderbetriebsvermögen nicht anteilig mitveräußert worden war. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BFG mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Nach Ansicht des BFG konnte die Beurteilung der Anwendbarkeit des § 24 EStG nicht losgelöst von der Bestimmung des § 37 EStG vorgenommen werden. Demnach umfasse der Mitunternehmeranteil auch allfälliges Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters. Da das hier strittige Sonderbetriebsvermögen jedenfalls notwendiges Betriebsvermögen des Teilbetriebes darstellte, gehöre es jedenfalls auch als Gesamtes zum Mitunternehmeranteil. Das BFG ließ die Revision aufgrund der fehlenden Rsp des VwGH zu, welche vom VwGH zugelassen wurde.
Entscheidung des VwGH
Strittig war im Revisionsverfahren, ob die Veräußerung einer Mitunternehmeranteilsquote unter gänzlicher Zurückbehaltung des damit verbundenen Sonderbetriebsvermögens eine Betriebsveräußerung iSd § 24 EStG darstellt. Gem § 24 Abs 1 und 4 EStG sind Veräußerungsgewinne eines (Teil-)Betriebs oder auch der Anteil eines Gesellschafters (Mitunternehmerschaft) nur insoweit steuerpflichtig, als sie den Freibetrag iHv EUR 7.300 übersteigen. Jedoch steht der Freibetrag nicht zu, wenn bei der Veräußerung die Hälftesteuersatzbegünstigung gem § 37 Abs 5 EStG angewendet wird.
Nach der Rsp des VwGH umfasst der Tatbestand einer Veräußerung iSd § 24 Abs 1 EStG nicht nur für die Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils, sondern auch eine quotale Anteilsveräußerung (vgl VwGH 6. 4. 1995, 94/15/0194; 8. 3. 1994, 91/14/0173). Ferner schließt der Mitunternehmeranteil nicht nur den Anteil am Gesellschaftsvermögen ein, sondern beinhaltet auch den Anteil am Sonderbetriebsvermögen. Demzufolge zählen betriebsnotwendige Wirtschaftsgüter auch dann zum Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft, wenn sie nicht der Gesellschaft, sondern dem Gesellschafter gehören (vgl VwGH 19. 5. 2005, 2000/15/0179). Damit eine Betriebsveräußerung vorliegt, muss der Erwerber in die Lage versetzt werden, dass dieser das Unternehmen ohne weiteres fortzuführen kann (vgl näher Doralt, EStG18 § 24 Tz 104).
Im Revisionsfall hat Herr M eine Quote seines Mitunternehmeranteils veräußert, jedoch vermietete er die zurückgehaltenen Liegenschaften weiterhin an die Rw und stellte damit der Rw durchgehend notwendiges Betriebsvermögen weiter zur Verfügung. Somit konnte die Rw den Betrieb weiterführen. Der VwGH stellte fest, dass das eine Veräußerung iSd § 24 EStG darstellt. Demnach verkannte das BFG bei seiner abweichenden Beurteilung, dass eine Veräußerung gem § 24 EStG nicht ohne Rückgriff auf § 37 EStG ausgelegt werden könne.
Die beantragte Steuersatzermäßigung gem § 37 Abs 5 Z 3 EStG sieht als Voraussetzung die zwangsweise Beendigung einer betrieblichen Tätigkeit vor. Im streitgegenständigen Fall ist dies grundsätzlich mit dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze von 60 Jahren erfüllt. Jedoch umfasst die Hälftesteuersatzbegünstigung nicht alle Tatbestände des § 24 Abs 1 EStG, sondern nur die gänzliche Betriebsveräußerung und die damit verbundene Betriebsaufgabe. Eine Teilbetriebsveräußerung, oder auch eine quotale Mitunternehmeranteilsveräußerung ist von der Bestimmung nicht erfasst. Im Revisionsfall handelt es sich lediglich um eine quotale Mitunternehmeranteilsveräußerung von 75 % der Anteile. Demnach kann die Hälftesteuersatzbegünstigung nicht in Anspruch genommen werden. Jedoch steht Herrn M die Geltendmachung des aliquoten Freibetrags gem § 24 Abs 4 EStG zu. Der VwGH hob das Erkenntnis des BFG aufgrund von Rechtswidrigkeit auf.
Conclusio
Der VwGH folgt mit diesem Erkenntnis seiner bisherigen Rsp und der hL, dass § 24 EStG nur die Möglichkeit zur direkten Fortführung durch den Erwerber voraussetzt (Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG18 § 24 Rz 104 mwN). Demnach ist eine Veräußerung einer Mitunternehmeranteilsquote unter gänzlicher Zurückbehaltung des damit verbundenen Sonderbetriebsvermögens eine Betriebsveräußerung von § 24 EStG erfasst.
Aus diesem Erkenntnis lässt sich ferner ableiten, dass die nur teilweise Veräußerung eines Mitunternehmeranteils die Anwendbarkeit des § 37 Abs 5 Z 3 EStG hindere. Diese Ansicht wird auch in der hL so vertreten, da hier weder die Erwerbstätigkeit eingestellt wird noch in diesem Fall Erwerbsunfähigkeit angenommen werden kann (Fraberger/Papst in Doralt et al, EStG21a § 37 Rz 83). Lediglich die Teilbetriebsveräußerung eines Erben könnte unter die Begünstigung fallen, denn für den Erben wird die Einstellung der Erwerbstätigkeit für die Begünstigung nicht vorausgesetzt (Kanduth-Kristen in Jakom EStG8 § 37 Rz 22).