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VwGH: Errichtende Umwandlung mit ausländischen Anteilsinhabern

Bearbeiter: Philipp Scharizer

UmgrStG: § 9 Abs 1 Z 3 TS 3

EStG: § 8 Abs 3

Abstract

Der VwGH erkannte, dass die Aufwertung auf den gemeinen Wert iSd § 9 Abs 1 Z 3 dritter TS UmgrStG nicht zu einem abschreibbaren Firmenwert führen und demnach nicht als steuerwirksame Sonderbetriebsausgabe angesetzt werden darf.

VwGH vom 28. 6. 2023, Ro 2020/13/0011

Sachverhalt

Die Rw (GmbH & Co KG) entstand im Rahmen einer errichtenden Umwandlung iSd Art II UmgrStG aus einer inländischen GmbH. Die Gesellschafter der Rw waren zwei deutsche GmbHs als auch eine inländische GmbH als Arbeitsgesellschafterin (Komplementärin). Mit Vertrag vom 4. 8. 2008 wurde der Teilbetrieb „Beteiligung“ an der Rw unter Anwendung des Art VI UmgrStG und auf Grundlage einer Abspaltungsbilanz zum 31. 12. 2007 auf eine neu errichtete deutsche GmbH (Kommanditistin) abgespalten. In einer Ergänzungsbilanz wurde eine Aufwertung der Kommanditanteile auf den gemeinen Wert gem § 9 Abs 1 Z 3 letzter TS UmgrStG idF BGBl I 2007/24 vorgenommen und der dadurch entstandene Differenzbetrag wurde als Firmenwert auf 15 Jahre laufend steuerwirksam als Sonderbetriebsausgabe abgeschrieben. Durch einen im Rahmen einer Außenprüfung ergangenen Feststellungsbescheid versagte das FA die geltend gemachte Firmenwertabschreibung. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde vom BFG abgewiesen. Im BFG-Verfahren war lediglich die Frage, ob die Firmenwertabschreibung zulässig gewesen war; die Aufwertung zum gemeinen Wert thematisierte das BFG dabei nicht. Das Erkenntnis des BFG wurde gem § 23 Abs 3 BFGG nicht veröffentlicht.

Entscheidung des VwGH

Die Bestimmung des § 9 UmgrStG regelt die steuerlichen Rechtsfolgen einer Umwandlung beim Rechtsnachfolger bei der Übernahme von Vermögen, für das die Steuerschuld nicht festgesetzt worden ist. Die Aufwertung des Kommanditanteils auf den gemeinen Wert wurde mit dem BBG 2007/24 in § 9 Abs 1 Z 3 letzter TS UmgrStG eingeführt. Eine Aufwertung zum gemeinen Wert sei insoweit möglich als ein Besteuerungsrecht Österreichs hinsichtlich der „Anteile“ an der durch eine errichtende Umwandlung entstandenen Personengesellschaft entstehe. Bei der Umwandlung einer inländischen GmbH mit ausländischen Beteiligten bleibt das Besteuerungsrecht Österreichs für das (steuerhängige) Vermögen der Gesellschaft aufrecht, auf Ebene des (ausländischen) Anteilsinhabers hingegen würde die (nicht in Österreich steuerhängige) Beteiligung an der umzuwandelnden inländischen GmbH wegfallen und durch den steuerhängigen Mitunternehmeranteil ersetzt werde. Dadurch soll eine Besteuerung der stillen Reserven erst im Zeitpunkt der Veräußerung stattfinden. Nach den Gesetzesmaterialien sollte mit dieser Bestimmung „klargestellt“ werden, dass durch das Entstehen des Besteuerungsrechtes in Zuge einer errichtenden Umwandlung eine steuerneutrale Aufwertung an dem dem Umwandlungsstichtag „greift“ (ErlRV 43 BlgNR 23. GP 26). Mit dem AbgÄG 2010 kam es durch die Ergänzung zu einer weiteren Klarstellung, dass dieser Wert bis zur späteren Veräußerung der Anteile fortzuführen ist.

Die Anwendbarkeit des § 9 Abs 1 Z 3 TS 3 UmgrStG ist im Hinblick auf die Besteuerungssystematik bei Personengesellschaften unklar. Nach der stRsp des VwGH gelten Beteiligungen an betrieblich tätigen, aber auch an bloß vermögensverwaltenden Personengesellschaften ertragsteuerlich nicht als eigene Wirtschaftsgüter, sondern als aliquote Beteiligung an jedem aktiven und passiven Wirtschaftsgut des Beteiligungsunternehmens (VwGH 24. 9. 2014, 2012/13/0021; 21. 12. 2016, Ra 2015/13/0023; 23. 1. 2019, Ra 2018/13/0052; 3. 2. 2022, Ra 2020/15/0036; 29. 9. 2022, Ra 2020/15/0020). Weder den Gesetzesmaterialien noch der Literatur ist zu entnehmen, dass von dieser Systematik abgewichen werden soll.

Wenn die Beteiligung an einer Personengesellschaft jedoch nicht als eigenes Wirtschaftsgut angesehen wird, ist nicht ersichtlich, wie ein Besteuerungsrecht der Republik Österreich „hinsichtlich der Anteile“ an der durch die Umwandlung entstandenen Personengesellschaft entstehen könnte (vgl Stefaner in Kofler, UmgrStG [2012] § 9 Rz 56). Folglich darf angenommen werden, dass die Erfassung des Vermögens der übertragenden (untergehenden) Kapitalgesellschaft nicht durch die Wortfolge „Anteile [...] an der Personengesellschaft“ nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Ferner findet ein derartiges Verständnis keine Deckung im Wortlaut der Bestimmung. Eine errichtende Umwandlung führt grundsätzlich nicht zur Begründung eines österreichischen Besteuerungsrecht an dem Vermögen der untergehenden Kapitalgesellschaft. Das übernommene Vermögen sei daher mit den Buchwerten der übertragenden Körperschaft fortzuführen (vgl Walter, Umgründungssteuerrecht8, Tz 225f). Auch bei Bejahung der Anwendbarkeit des § 9 Abs 1 Z 3 UmgrStG ist die Vornahme einer laufenden Firmenwertabschreibung nicht zulässig.

Hierzu sprach der VwGH dazu aus, dass die Aufwertung nicht zu einem allfälligen Firmenwert führe, sondern dass dahinter die Intention einer späteren Entsteuerung – bei der Veräußerung – liegt. Damit soll es zu einer Speicherung der stillen Reserven bis zur Veräußerung kommen. Der Ansatz des gemeinen Wertes kann nicht als Gegenleistung der Kommanditistin der Revisionswerberin für den Erwerb des Vermögens der übertragenden Gesellschaft angesehen werden, da er den Teilwert der jeweiligen Wirtschaftsgüter nicht übersteigt und somit teilweise auf einen vorhandenen Firmenwert entfällt. Die Aufwertung bezieht sich nämlich ausschließlich auf die Gegenleistungsanteile, die aufgrund der Vermögensübertragung im Rahmen der Umwandlung gewährt wurden, und nicht auf das von der Revisionswerberin übernommene Vermögen. Aus diesem Grund scheidet eine Abschreibung des Firmenwerts auch aus. Demnach wies der VwGH die Revision als unbegründet ab.

Conclusio

Der VwGH lässt die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 9 Abs 1 Z 3 TS 3 UmgrStG außer Acht, jedoch nimmt er – wie bereits von Zorn angemerkt – kritisch zur Wortwahl des Gesetzgebers („Entstehung“ eines Besteuerungsrechts für „Anteile an der durch eine errichtende Umwandlung entstandenen Personengesellschaft“) Stellung (siehe dazu Zorn, VwGH zur errichtenden Umwandlung mit ausländischen Gesellschaftern, RdW 2023, 686 [687f]). Ein entsprechender Step-Up im Rahmen einer Umwandlung führt nicht zur Erzeugung eines abschreibbaren Firmenwertes. Stattdessen soll dadurch eine Speicherung der stillen Reserven für die tatsächliche Veräußerung der „Anteile“ erreicht werden.

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 34774 vom 24.11.2023