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VwGH: Fehlende Ausführungen zur Einordnung als gewillkürtes Betriebsvermögen

Bearbeiter: Lea Glöer

EStG 1988: §§ 4, 5

VwGG: § 42 Abs 2

Abstract

Der VwGH hatte zu beurteilen, ob das BFG die Entnahme bestimmter Grundstücke aus dem Betriebsvermögen einer GmbH & Co KG zutreffend beurteilt und ausreichend begründet hatte. Die Rw wandten sich insb gegen die Annahme von gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen und machten geltend, dass einzelne Grundstücksflächen notwendiges Privatvermögen darstellten und die vom BFG herangezogene Gesamtfläche bilanziell nicht nachvollziehbar sei. Der VwGH bestätigte zwar grundsätzlich die Maßstäbe zur Qualifikation von Betriebsvermögen, hob das Erkenntnis des BFG jedoch wegen mangelnder Sachverhaltsfeststellungen und unzureichender Begründung auf. Die vom BFG angeführten Feststellungen erschöpften sich im Wesentlichen in der Wiedergabe von Betriebsprüfungsunterlagen, ohne eine eigenständige, nachvollziehbare Beurteilung der bilanziellen Erfassung der betreffenden Grundstücke vorzunehmen.

VwGH 30. 1. 2025, Ra 2023/15/0059

Sachverhalt

Die erstrevisionswerbende Partei war eine GmbH & Co KG, deren Unternehmensgegenstand die Ausübung des Handelsgewerbes gem § 124 Z 11 GewO war, unter anderem die Errichtung und der Betrieb von Einkaufszentren. Die zweitrevisionswerbende Partei war Kommanditist dieser Gesellschaft.

Im Jahr 2005 wurde bei der revisionswerbenden KG eine Betriebsprüfung für die Jahre 1999–2001 durchgeführt. Dabei ergaben sich aufgrund der Neubegründung von Einlagezahlen, unentgeltlichen Übertragungen im Familienkreis sowie verschiedener Grundstückszusammenlegungen und -teilungen erhebliche Unsicherheiten bei der Ermittlung des Umfangs der betrieblichen Grundstücksflächen. Im Mittelpunkt der Feststellungen der Betriebsprüfung stand die Bewertung der Entnahme einer Liegenschaft und die damit verbundene Aufdeckung stiller Reserven. Die KG hatte die Entnahme eines ehemaligen Einkaufszentrums buchmäßig dokumentiert. Strittig blieb jedoch sowohl die tatsächlich entnommene Fläche als auch der anzusetzende Entnahmewert. Offen blieb damit insb, in welchem Umfang Betriebsvermögen vorlag und welche steuerlichen Folgen sich aus der Entnahme der betrieblich genutzten Teilgrundstücksflächen und der dabei realisierten stillen Reserven ergaben.

In ihrer ao Revision brachten die Rw verschiedene Revisionsgründe vor. Unter anderem rügten sie, das BFG habe Grundstücke zu Unrecht als gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen qualifiziert, obwohl diese nicht in der Sonderbilanz des Gesellschafters, sondern in der Bilanz der KG ausgewiesen gewesen seien oder bilanziell gar nicht aufgeschienen seien. Zudem stellten sich ihrer Ansicht nach mehrere ungeklärte Rechtsfragen zur Dokumentation und Wirkung der buchmäßigen Behandlung von Grundstücken, etwa bei Grundbuchsänderungen ohne Bilanzanpassung. Auch hinsichtlich der Abgrenzung von notwendigem Privatvermögen brachten sie vor, das BFG habe die bisherige Rsp des VwGH missachtet, insb zur Bedeutung der tatsächlichen Nutzung zu Wohn-, Freizeit- oder Erholungszwecken.

Entscheidung des VwGH

Der VwGH hielt die Revision für zulässig und begründet. In der Sache wandte sich die Revision gegen die Annahme des BFG, wonach im Revisionsfall eine Entnahme von Grundstücken mit einer Gesamtfläche von 12.144 m2 erfolgt sei. Die Rw machten geltend, dass einzelne Teilflächen als notwendiges Privatvermögen zu qualifizieren gewesen seien, da sie auch Freizeit- und Erholungszwecken, insb durch ihre Nutzung als Garten, gedient hätten. Zudem rügten sie, dass sich die vom BFG angenommene Gesamtfläche nicht aus der Bilanz ableiten ließ.

Der VwGH stellte klar, dass Grundstücke, die weder notwendiges Privat- noch notwendiges Betriebsvermögen darstellten, unter bestimmten Voraussetzungen als gewillkürtes Betriebsvermögen qualifiziert werden können. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende buchmäßige Behandlung, durch die der Wille des Steuerpflichtigen erkennbar werde. Gleichzeitig dürfen Wirtschaftsgüter mit ausschließlich privater Zweckwidmung nicht in das Betriebsvermögen aufgenommen werden. Das BFG hat zutreffend festgestellt, dass die betreffenden Grundstücke im Unternehmensgegenstand der Gesellschaft gedeckt gewesen sind und der Errichtung eines Einkaufszentrums hätten dienen können. Eine parallele Nutzung als Garten hat die betriebliche Funktion nicht ausgeschlossen.

Allerdings hält der VwGH fest, dass das BFG keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen hatte, welche konkreten Grundstücke in die Bilanz aufgenommen worden waren und unter welchen Positionen sie aufschienen. Der VwGH kritisierte, dass sich die „Feststellungen“ des BFG weitgehend in der Wiedergabe von Betriebsprüfungsberichten, Schriftsätzen, Stellungnahmen und Gutachten erschöpft haben. Eine zusammenhängende, eigenständige Sachverhaltsdarstellung des Verwaltungsgerichts fehlte. Das BFG hätte die für die Beurteilung maßgeblichen Bilanzinhalte selbst feststellen, den Parteien dazu Gehör geben und sich mit deren Einwendungen ausdrücklich auseinandersetzen müssen. Auch hinsichtlich der Bilanzberichtigung stellte der VwGH klar, dass solche Maßnahmen nach § 4 Abs 2 EStG nur unter engen Voraussetzungen zulässig seien und bei Ausübung eines Ermessens jedenfalls eine nachvollziehbare Begründung erforderten.

Mangels ausreichender Sachverhaltsfeststellungen und Begründung hob der VwGH das angefochtene Erkenntnis gem § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Auf die weiteren Revisionsgründe musste nicht mehr eingegangen werden.

Conclusio

Der vorliegende Fall hat das BFG und den VwGH in den letzten Jahren bereits mehrfach beschäftigt (BFG 17. 1. 2017, RV/5101086/2013; VwGH 28. 2. 2018, Ra 2017/15/0054; BFG 21. 9. 2021, RV/5100605/2018). Da das zuletzt vom BFG ergangene Erk erneut nicht den vom VwGH vorgegebenen verfahrensrechtlichen Anforderungen entsprach, wurde es abermals vom VwGH aufgehoben.

Im aktuellen Erk wiederholte der VwGH zentrale Grundsätze zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sonderbetriebsvermögen. Bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG ist neben dem notwendigen auch das gewillkürte Betriebsvermögen in den Betriebsvermögensvergleich einzubeziehen. Als gewillkürtes Betriebsvermögen gelten jene Wirtschaftsgüter, die weder dem notwendigen Betriebs- noch dem notwendigen Privatvermögen zugeordnet werden können, deren betriebliche Zugehörigkeit jedoch durch den Willen des Stpfl – dokumentiert durch die Aufnahme in die Bilanz – begründet wird. Voraussetzung ist, dass das Wirtschaftsgut dem Betrieb in irgendeiner Weise dienlich sein kann, etwa durch ein betriebliches Interesse an einer fundierten Kapitalausstattung oder als Erweiterungsfläche. Wie der VwGH bereits zuvor festgestellt hat, kommt es für die Qualifikation nicht entscheidend auf eine tatsächliche betriebliche Nutzung an (VwGH 28. 2. 2018, Ra 2017/15/0054). Wirtschaftsgüter, die eindeutig privaten oder gesellschaftlichen Zwecken gewidmet sind, können nicht gewillkürtes Betriebsvermögen sein (vgl VwGH 20. 3. 2013, 2009/13/0259).

Das BFG hatte im Anlassfall jedoch keine hinreichend konkreten Feststellungen dazu getroffen, welche Grundstücke tatsächlich in welcher Form bilanziell erfasst worden waren. Stattdessen erschöpft sich die Sachverhaltsdarstellung in einer bloßen Wiedergabe von Prüfungsberichten, Schriftsätzen und Gutachten, ohne eigene, vom Gericht getragene Sachverhaltsfeststellungen und Beweiswürdigung. Der VwGH stellte daher klar, dass es Aufgabe des BFG gewesen wäre, die entscheidenden Feststellungen selbst zu treffen und diese nachvollziehbar zu begründen (vgl VwGH 20. 3. 2024, Ro 2022/15/0038, mwN, sowie grundlegend bereits VwGH 28. 5. 1997, 94/13/0200).

Artikel-Nr.
Rechtsnews Nr. 36737 vom 16.05.2025